Down Under erklimmt den Golf-Olymp

Acht Mal wurden Australier Zweite beim wichtigsten Turnier der Welt. Adam Scott beendete den Fluch.

Die Tageszeitung Brisbane Times wollte umgehend von ihren Lesern wissen: „Was ist die größte sportliche Leistung eines Australiers?“ Zur Auswahl standen: die Fahrt von Rad-Profi Cadel Evans ins Gelbe Trikot bei der Tour de France; der Sieg des australischen Segel-Teams beim America’s Cup; und – seit Montag – der Triumph von Adam Scott beim Golf-Masters in Augusta.

Die Abstimmung sagt bereits viel über die Dimension aus. „Das ist in jeder Hinsicht ein historischer Tag für den australischen Sport“, sagte Premierministerin Julia Gillard. Tatsächlich war dem 32-Jährigen am Sonntagabend im amerikanischen Golf-Mekka Historisches gelungen: Zwar konnten in Down Under zuvor bereits 15 Major-Siege bejubelt werden. Eine Bilanz, die Australien auf Platz fünf der Nationenwertung und damit in den Rang einer Golf-Nation hebt, doch keiner der Triumphe gelang in Augusta. Beim bedeutendsten Golf-Turnier der Welt waren die Australier in der Vergangenheit immer wieder grandios gescheitert. Acht Mal mussten sich australische Profis mit Rang zwei im Augusta National begnügen.

„Es ist wohl mein Schicksal, der erste Aussie zu sein, der hier gewinnt“, sagte Scott, nachdem er in das grüne Sakko für den Sieger geschlüpft war. „Ein Teil davon gehört Greg Norman, der uns alle so inspirierte.“ Die australische Golf-Legende kann eine der traurigsten Masters-Bilanzen vorweisen: Von 1981 bis 1999 landete der zweifache British-Open-Sieger acht Mal unter den ersten Fünf.

Befreit vom Fluch

Es war ein Fluch, der auch Scott einzuholen schien. Seine Masters-Premiere 2002 schloss der einst jüngste Top-10-Spieler der Welt als Neunter ab, 2011 schrammte er mit Platz zwei bereits knapp am großen Coup vorbei, im Vorjahr wurde er Achter.

Am Sonntagabend war diese schwarze Serie mit einem Schlag aus der Golf-Welt geräumt. Am zweiten Extra-Loch des Stechens versenkte Scott einen Vier-Meter-Putt auf den spiegelglatten, tückischen Grüns („die schwersten der Welt“ laut dem Deutschen Martin Kaymer), als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt. Sein erfahrener Gegner, der 43-jährige Argentinier Angel Cabrera, hatte zuvor das Loch um Zentimeter verfehlt.

Hilfe vom Tiger

Großen Anteil am historischen Erfolg hatte ausgerechnet ein alter Weggefährte von Tiger Woods: Steve Williams, viele Jahre Caddie des US-Superstars, gibt sein Wissen in punkto Schlägerwahl und Lesen der Grüns seit einiger Zeit an Adam Scott weiter.

Topfavorit Woods beendete sein 20. Masters mit vier Schlägen Rückstand auf dem vierten Rang, war aber dennoch in aller Munde. Am Freitag wäre der Weltranglisten-Erste nach einem Regelverstoß beinahe disqualifiziert worden. Letztlich beließen es die üblicherweise so strengen Regelhüter bei zwei Strafschlägen für Woods.

Damit war der Weg frei für eine der größten Leistungen im australischen Sport. Ob es die bislang größte war, entscheiden derzeit noch die Leser der Brisbane Times.

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