Live is Life: Olympische Reizüberflutung

Live is Life: Olympische Reizüberflutung
Die TV-Anstalten betreiben in London einen nahezu unfassbaren Aufwand. Der ORF überträgt 330 Stunden. Eine Reizüberflutung droht.

Die Olympischen Spiele in London werden in 202 Länder übertragen. Schauen alle zu, die Zugang zu einem TV-Gerät haben, sind das 4,8 Milliarden Menschen. Logisch, dass Interesse seinen Preis hat.

Allein vom US-amerikanischen Medien-Giganten NBC kassierte das Internationale Olympische Comité für den Verkauf der TV-Rechte 1,18 Milliarden Dollar. In etwa dieselbe Summe mussten die restlichen Staaten einzahlen, damit auch sie ausstrahlen dürfen.

NBC deckt alle Bewerbe ab und überträgt täglich 291 Stunden. Macht insgesamt 5535 Stunden. 2800 Mitarbeiter sind vor Ort.

In den USA sorgen die Übertragungen trotz des Aufwandes für Verärgerung. Um mit Olympia in der Primetime vertreten sein zu können, werden die Bilder aufgrund der Zeitverschiebung erst um Stunden später gezeigt. Natürlich "live".

 

Riese und Zwerg

Im Vergleich zu NBC ist der ORF ein Zwergerl. Trotzdem betreibt der österreichische Rundfunk einen nie dagewesenen Aufwand in London. 330 Stunden wird live berichtet. In Deutschland sind es auf ARD und ZDF 260 Stunden im Fernsehen und 600 weitere Stunden im Internet.

Der ORF kann mittels zwölf Multi-Leitungen täglich aus 150 Stunden Sport-Content wählen. Damit ist garantiert, dass jeder Bewerb mit österreichischer Beteiligung live zu sehen ist.

Das Herzstück ist das Studio, das sich im siebenten Stock des Grange-City-Hotels befindet – ein 30 Quadratmeter kleiner Glaskobel mit phänomenalem Blick auf die Tower Bridge. Auf die spontane Frage, dass man ja auch irgendwo eine Foto-Tapete aufpicken hätte können, um Kosten zu sparen, sagt Kameramann Norbert Arnsteiner: "Das ist nicht seriös. Wenn hinter dem Präsentator die Brücke hochgezogen wird und die Schiffe auf der Themse fahren, ist das authentischer."

Präsentiert wird abwechselnd von Ernst Hausleitner, Oliver Polzer und Rainer Pariasek. Arnsteiner ist einer von drei Kameramännern. Wenn Gäste kommen, tummeln sich auch zwei Assistenten, ein Regie-Assistent, eine Inspizientin, ein Tonmeister und eine Dame von der Maske im Studio, wo es auch temperaturmäßig heiß hergeht. Vor der Tür, in einem Container, sitzen zwei Lichtmeister und ein Requisiteur.

Die Live-Bilder laufen im internationalen Rundfunk-Zentrum im Olympia Park, zusammen. Dort passieren Schnitt und Regie. Grafik und Inserts werden aus Wien beigesteuert. Nur eine Dreiviertelsekunde nach dem tatsächlichen Ereignis sind die Bilder in Österreich zu sehen . "Früher hat die Zeitverzögerung sieben, acht Sekunden gedauert", sagt Hauptkameramann Helmut Simbürger, "durch die Glasfaseroptik geht’s jetzt rasant".

Aus Österreich ist zu vernehmen, dass durch die olympische Dauerberieselung eine Reizüberflutung eingetreten ist und die Einschaltziffern im Keller sind.

An Kameraführung, Licht und Maske kann’s nicht liegen. Wann entschließen sich die österreichischen Sportler, sich interessant zu machen?

Top-Kunde USA: Das Fernseh-Geschäft

Einkünfte

Die USA mit ihren kommerziellen Sendern tragen mehr als die Hälfte zum Gesamtergebnis der IOC-Fernseheinkünfte bei. Die Dollar-Zahlungen bei Sommerspielen seit 1980:

1980

Moskau 87 Millionen ABC

1984

Los Angeles 225 Mio. ABC

1988

Seoul 300 Mio. ABC

1992

Barcelona 401 Mio. NBC

1996

Atlanta 456 Mio. NBC

2000

Sydney 715 Mio. NBC

2004

Athen 793 Mio. NBC

2008

Peking 894 Mio. NBC

2012

London 1,18 Mrd. NBC

2016

Rio 1,23 Mrd. NBC

2020

Austragungsort offen, 1,42 Milliarden NBC

Kommentare