Die wahren Helden der Lauf-Party

Die Wettkampfatmosphäre stachelte den Ehrgeiz der Hobby-Läufer an.

Am Sonntag war es endlich so weit – 41.326 Läufer absolvierten erfolgreich den 30. Vienna City Marathon (VCM). Darunter auch unsere KURIER-Marathon-Blogger, die seit Wochen fleißig online über ihre Trainingsfort- und -rückschritte berichten.

Nach zahlreichen Zuschriften nach dem KURIER-Aufruf bekamen Ina Lange, Romana Ressl und Erwin Zbiral Anfang März eine umfassende Leistungsdiagnose beim Institut für medizinische und sportwissenschaftliche Beratung (www.imsb.at), um im Endspurt zur Vorbereitung auf den VCM noch das Beste aus sich herauszuholen. In den folgenden Wochen wurde das Lauftempo in Richtung des Wunschtempos für den Marathon erhöht. Ina Lange wird allerdings gesundheitsbedingt erst bei einem späteren Marathon im August antreten.

Bilder: Impressionen vom VCM

Die wahren Helden der Lauf-Party

30. VIENNA CITY MARATHON 2013
Die wahren Helden der Lauf-Party

30. VIENNA CITY MARATHON 2013
Die wahren Helden der Lauf-Party

30. VIENNA CITY MARATHON 2013
Die wahren Helden der Lauf-Party

30. VIENNA CITY MARATHON 2013
Die wahren Helden der Lauf-Party

Runners cast shadows as they run after the start o
Die wahren Helden der Lauf-Party

30. VIENNA CITY MARATHON 2013
Die wahren Helden der Lauf-Party

30. VIENNA CITY MARATHON 2013
Die wahren Helden der Lauf-Party

Sugut from Kenya celebrates after winning the Vie
Die wahren Helden der Lauf-Party

Cheyech from Kenya celebrates after winning the V
Die wahren Helden der Lauf-Party

30. VIENNA CITY MARATHON 2013
Die wahren Helden der Lauf-Party

Fankhauser of Austria reacts as he crosses the fin

IMSB-Coach Marietta Sengeis gab ihren Schützlingen kurz vor dem Marathon noch wichtige Tipps mit auf den Weg: „Es ist wichtig, den Körper in den Tagen vor dem Event zu schonen – hier ist weniger mehr. Außerdem sollten der Kohlenhydrat- und Flüssigkeitsspeicher aufgefüllt werden. Beim Lauf ist es wegen der großen Menschenmenge besser, locker zu beginnen und nach hinten hinaus das Tempo zu steigern.“

Für die Regenerationsphase nach dem Marathon empfiehlt Sengeis alternative Sportarten, um die Laufmuskulatur zu erholen – etwa Schwimmen oder Radfahren. „Man kann aktiv bleiben, aber sollte sich andere Belastungsformen suchen.“

Sämtliche Blogs von Erwin, Romana und Ina können online nachgelesen werden.

Vier Stunden und 46 Minuten. Romana Ressl kann schneller Marathon laufen. Aber an diesem Sonntag war einfach nicht mehr drin. Zum einen weil ihr Magen ab Kilometer 31 „versagte. Ich reagiere nämlich empfindlich auf isotonische Durstlöscher“. Außerdem unterlief ihr am Start ein strategischer Fehler. „Ich habe mein Licht unterm Scheffel gestellt und bin zu weit hinten losgerannt. Zehn Kilometer lang musste ich zickzack laufen, um langsamere Läufer zu überholen. Das hat Kraft gekostet.“

Die gelernte Uhrmacherin hat Lehrgeld gezahlt. Auch die Vorbereitung war nicht ohne. Als Handwerkerin trägt die 39-Jährige „natürlich nur mechanische Uhren“. Ihre größte Herausforderung in der Vorbereitung war es daher, sich mithilfe des IMSB-Coachings auf eine Beziehung mit einer Pulsuhr einzulassen. „Ich konnte früher nicht einschätzen wie schnell oder wie lange ich laufen kann. Die Leistungsanalyse hat mir dabei ganz toll geholfen. Ich habe gemerkt, dass viel mehr Potenzial in mir ist, als ich dachte.“ Romana hat sich unterschätzt und kann dank ihres Trainingsplans und der Pulsuhr nun unerwartete Distanzen bewältigen.

„Ich habe vor allem bei den Intervall-Läufen gemerkt, da sind Dinge möglich, die ich mir vorher nicht zugetraut habe. Ich hatte danach auch keinen Muskelkater – ich habe mich also nicht überfordert. Die Analyse war genau richtig.“

Das zeigte sie auch gestern beim Marathon. Aus abergläubischer Vorsicht wollte sie zuvor ihr Ziel nicht verraten: „Ich bin sehr nervös und will mich nicht unter Druck setzen.“ Beim Loslaufen war die Nervosität wie weggeblasen: „Die Wettkampfatmosphäre am Start hat mich motiviert, angespornt. Es war eine Party.“ Das Comeback 2014? Ist fix.

Auch Erwin Zbiral wurde von der Atmosphäre am Start mitgerissen. „Das Adrenal ist eingeschossen und ich bin zu schnell losgelaufen. Zehn Kilometer vor dem Ziel war ich total fertig und frustriert.“ Mit einigen Gehpausen schaffte es der 46-Jährige ohne Krampf oder Zerrung ins Ziel. Sein erstes Gefühl: „Enttäuschung“.

Seine Enttäuschung bekämpfte er mit „einem „Berg Spaghetti“ im Kreis seiner Liebsten. Als Vater von zwei Töchtern im Teenager-Alter ist es oft schwer, Dinge zu tun, die cool sind – die Teilnahme am VCM und als KURIER-Marathon-Blogger unterstützten die Töchter von Erwin Zbiral aber von Herzen. In den vergangenen Wochen bloggte Erwin fleißig darüber, was Cha-Cha-Cha mit seinem Lauftraining zu tun hat. Zbiral klärte seine Leser über Laufmythen auf und verwandelte sich in einen Eisbären, der einen Elefanten anschieben muss. Als kleinen Testlauf absolvierte er zwischendurch sogar noch einen Halbmarathon.

Die Mühen seines Trainings und das professionelle Coaching durch das IMSB dürften sich gelohnt haben: Erwins Trainerin Marietta hatte ihm eine Laufzeit von 3:50 prophezeit, Zbiral hoffte sogar auf 3:45. Am Ende wurden es 4:05.

Zbiral rät allen, die sich an den VCM heranwagen, die Marathondistanz nicht zu unterschätzen. „Das schafft man nur mit gewissenhafter Vorbereitung, die spätestens ein halbes Jahr vor dem Start beginnt.“ Auch Zbiral hat sich anfangs gegen die Pulsuhr gewehrt: „Ich möchte so wenig wie möglich an mir tragen, der Brustgurt ist einfach unbequem. Ich höre auch keine Musik beim Laufen.“ Dennoch hat ihm das professionelle Coaching durch das IMSB einiges gebracht, die verordnete Pause in der letzten Woche vor dem Marathon hat Erwin genossen. Sein Körper bekam eine Schonfrist – hinsichtlich seiner Ernährung ließ er sich aber das kollektive Mittagessen mit den Kollegen in der Kantine nicht entgehen.

Ina Lange (25) trainiert bei jedem Wetter – mit der Anmeldung für den Halbmarathon beim VCM zwang sich die Studentin, sogar im Winter laufen zu gehen. Die Teilnahme als KURIER-Marathon-Bloggerin sollte ihr zusätzliche Motivation geben.

Umso größer war der Schock, als die Coaches vom IMSB ihr die Ergebnisse ihrer Leistungsdiagnostik vortrugen – Ina hatte falsch trainiert, sie kann am VCM nicht teilnehmen: „Ich dachte, das gibt’s ja nicht, ich habe ja brav trainiert – das kann ja nicht umsonst gewesen sein.“

Das Problem war, dass Ina die ganze Zeit über mit zu hohem Puls trainiert hat. „Wenn man versucht, länger oder schneller zu laufen als beim Training, kommt man an seine Grenzen und es geht nicht weiter.“ Inas Fehler war also nicht, dass sie nicht regelmäßig genug trainiert hat, sondern dass der Puls dabei zu hoch war. „Ich dachte, je öfter man läuft, desto besser. Das war meine wichtigste Erkenntnis aus der IMSB-Untersuchung.“

Die Coaches haben Ina aber nicht mit dieser Nachricht sitzen gelassen. „Ich habe schon überlegt, mit dem Laufen aufzuhören, aber die IMSB-Coaches haben mich motiviert, den Halbmarathon zu laufen – aber nicht jetzt, sondern in ein paar Monaten. Das hat mich wieder aufgefangen und ich hatte ein neues Ziel: den ,Kärnten läuft‘-Halbmarathon am Wörthersee.“

Rückblickend ist Ina froh, dass es so gekommen ist. „Wenn ich mich beim KURIER nicht beworben hätte und die Leistungsdiagnostik nicht gemacht hätte, wäre ich am Sonntag beim VCM an den Start gegangen und hätte es wahrscheinlich nicht ins Ziel geschafft – und hätte nicht gewusst, was das Problem war. Jetzt habe ich einen Trainingsplan und weiß, wenn ich mich daran halte, dann schaffe ich es.“

6:00 Ich wache auf. Der Wecker würde erst um 6:30 läuten. Es ist schon hell draußen. Ein paar kleine Wolken am sonst blauen Himmel.

7:00 Ich trinke ein isotonisches Getränk und esse eine Kiwi. Heute ist Kaiserwetter angesagt. Ich werde mit Kappe und mit Sonnenbrille laufen.

7:45 Ich treffe Karl vor der U-Bahn-Station "Alte Donau". Wir geben unsere Kleidersäcke ab und gehen nach vor zum Wüstelstand Kaisermühlen, wo ich meinen Fototermin habe. Alles voller Menschen...

8:20 Der Kurier-Fotograf macht seine Bilder für die Print-Ausgabe. Er braucht wirklich nur 5 Minuten.

8:30 Wir stehen im Startblock in der Sonne und warten.

9:00 Start VCM. Nach zweieinhalb Minuten gemütlich gehen erreiche wir die Startlinie. Ich wünsche Karl alles Gute. Er wird das Rennen schneller angehen. Dieses Mal laufen wir nicht gemeinsam. Ich entscheide, die Anfangsgeschwindigkeit so zu wählen, dass ich bei konstatnter Geschwindigkeit nach 3 Stunden 45 Minuten im Ziel sein würde (5:20/km).

9:27 Kilometer 5: Auf der Hauptallee fehlen die Blätter auf den Bäumen, sodass wir nicht von den Sonnenstrahlen geschützt werden. Wir schwitzen jetzt schon. Entgegen meiner Gewohnheit trinke ich schon bei der ersten Labe etwas Wasser.

9:53 Kilometer 10: Obwohl ich meine Geschwindigkeit ziemlich konstant halte, überhole ich einen Läufer nach dem anderen. Vor mir taucht eine zierliche Frau auf. Auf ihrem weißen T-Shirt steht am Rücken in großen Buchstaben "Witches of Eastwick!" Es gibt also doch noch Hexen, denke ich mir.

10:20 Kilometer 15: Seit einiger Zeit geht es bergauf. Daher gebe ich etwas Gas, um in der angestrebten Zeit zu bleiben. Bei Kilometertafel 15 zeigt meine Uhr exakt 1:20:00. Genau in der Zeit. Ich gratuliere mir zu diesem guten Beginn.

10:47 Kilometer 20: Wir haben den höchsten Punkt erreicht. Überall Läufer! Ich komme gar nicht dazu, mir die schönen Gebäude anzusehen. Viele werden aber nach der Halbmarathon-Distanz die Laufstrecke verlassen, dann wird es sicher besser. Ich freue mich darauf, dass es jetzt endlich bergab geht, da kann ich wieder ein wenig Zeit aufholen.

10:53 Kilometer 21,1 (Halbmarathon!): Die Uhr zeigt ca. 1:52:40. Für 3:45wird es knapp, aber ich laufe immer noch ohne Probleme. Wenn es 3:48 oder 3:49 werden, bin ich auch happy.

11:13 Kilometer 25: Na bitte, die letzten 5 Kilometer waren recht schnell. Ich liege im Schnitt noch immer bei 5:20. Wenn ich das noch bis zum 30er halte, werde ich dann etwas Tempo rausnehmen, um die letzten Kilometer nicht "einzugehen".

11:42 Kilometer 30: Die letzten Kilometer waren sehr hart. Es hat ewig gedauert, bis wir wieder in den Prater eingebogen sind und meine Geschwindigkeit ist deutlich langsamer geworden. An den Laben lasse ich mir beim Trinken schon etwas Zeit, um zu verschnaufen.

12:15 Kilometer 35: Bis Kilometer 31 hatte ich gehofft, dass es wieder besser wird, dass die Krise sich legt. Es ist schlimmer geworden. Seit Kilometer 32 brauche ich jeden Kilometer eine Minute Gehpause. Wenn das so weitergeht, und es wird so weitergehen, denn es gibt keine Anzeichen, dass sich mein körperlicher Zustand ändert, dann schaffe ich mit Glück gerade noch die 4 Stunden.

12:25 irgendwo zwischen Kilometer 36 und 37: DIe Zeit ist mir inzwischen egal. Ich habe nur noch einen Wunsch. Es soll endlich schon vorbei sein. Der Spaß-Faktor ist in den negativen Bereich gerutscht. Aber je langsamer ich werde, desto länger wird es noch dauern...

12:48 Kilometer 40: Normalerweise freut man sich bei der 40er-Marke und mobilisiert für die letzten 2,2 Kilometer alle noch vorhandenen Kräfte. Meist kommt leichte Euphorie auf. Man hat es sicher geschafft. Es ist nur noch eine Frage der Zeit. Weder freue ich mich noch sind da noch irgendwelche Kräfte, die ich mobilisieren könnte. Ich laufe im Zeitlupen-Tempo. Immerhin gehe ich nicht.

13:05 Kurz vor dem Ziel: Meine Uhr zeigt 4:04:50. 4:04 wäre eine coole Zeit. Ich versuche zu Beschleunigen, aber es bleibt beim Versuch. Ich habe absolut nichts mehr zuzusetzen: Endzeit logischerweise 4:05:00

13:02 Noch 500 Meter: Wie soll ich die bloß schaffen? Ach wäre es nur schon vorbei. Der innere Jammer-Lappen ist voll in seinem Element.

13:30 Zielbereich: Ich bin so fertig, dass ich mich in die Wiese lege. Mein Zustand erinnert mich an jenen von 1995 (siehe meinen Blog "Zeitreise"). Die Stimmung ist eher schlecht und ich werde einen phänomenalen Muskelkater haben. Wenigsten blieb ich von Krämpfen oder Zerrungen verschont...

19:00 Zu Hause: Ich schreibe meinen Blog. Bei Karl ist es auch nicht so gut gelaufen. Statt den angestrebten 3:35 erreicht er "nur" 3:50. Romana ist ins Ziel gekommen in 4:46 - eine großartige Leistung. Ich habe mich mit meinen 4:05 halbwegs ausgesöhnt. Immerhin bin ich aus einer schwierigen Situation heraus doch noch ins Ziel gekommen. Und tatsächlich ist es ja so, dass alle, die bei diesem Marathon ins Ziel gekommen sind, wahre Laufhelden sind!

DANKE an die Kurier-Redaktion, die mir ermöglicht hat diesen Blog zu schreiben,
Marietta und das Team vom IMSB, die mir neue interessante Einblicke in die sportwissenschaftliche Traningslehre gewährt haben,
Karl für den intensiven Austausch über Trainingseinheiten und Lauferlebnisse sowie für den gemeinsam gelaufenen Halbmarathon,
Adriana und Julia fürs Daumen-Halten,
Gabriele für die vielen Frühstücke, die sie mir an all den Wochenenden zubereitet, wenn ich gerade laufen bin und auch für sonst alles!!!

Liebe Leserinnen und Leser,

der 30. Vienna City Marathon und damit mein erster Marathon überhaupt (als Zuschauerin) ist vorbei. Ich hoffe Sie haben das Laufen - insbesondere ins Ziel - genossen, Ihre Ziele erreicht und Ihre Schmerzen halten sich jetzt in Grenzen. Oder Sie hatten so wie ich als Zuschauerin eine gute Zeit, auch wenn ich den LäuferInnen etwas traurig beim Start nachgesehen habe. Während diese Kilometer um Kilometer bewältigten, habe ich die Strecke mit der U-Bahn zurückgelegt und neben dem Start, am Stadion, Karlsplatz, in Schönbrunn und im Ziel die AthletInnen angefeuert. Ich habe höchsten Respekt für alle die sich auf den Weg gemacht haben um die Distanz (sei es Staffel, Halb- oder Marathon) zurückzulegen und eins ist sicher: Im August will ich unbedingt zu denjenigen gehören, die mit hochrotem Kopf alles gegeben haben und freudig ins Ziel kommen.

Ich wander aus

Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg für mich und meine Muskeln, den ich auf www.laufhaselauf.blogspot.com dokumentieren werde. Ich hoffe Sie verfolgen meinen Blog weiterhin und sind lauf-motiviert wie eh und je (sollten Sie beim Lesen dieses Satzes vor Schmerzen aufstöhnen, lesen Sie ihn nochmal in zwei Wochen).

Danke an dieser Stelle an den Kurier für das Ermöglichen dieses Blogs und vor allem für die sportmedizinische Untersuchung beim IMSB.

Kommentare