Jürgen Melzer: "Für solche Momente spielt man"

Erfreuliche Erinnerung: Jürgen Melzer gewann das bislang letzte Duell 2011 in Monte Carlo.
Der 35-Jährige fordert in der Rod-Laver-Arena den gleichaltrigen Superstar Roger Federer.

"Die erste Reaktion von mir war sicher kein Freudentanz", sagt Jürgen Melzer, als er von seinem Erstrunden-Los erfuhr, "weil es sicher leichtere Äste gibt."

Bei einem Erstrundenlos, das den Namen Roger Federer trägt (Montag, 2. Spiel nach 9 Uhr MEZ in der Rod-Laver-Arena, Eurosport), sind wohl Tänze in welcher Form auch immer bei den meisten Herren eher im überschaubaren Maß angesagt, "aber dagegen kann man sowieso nichts mehr machen", sagt Melzer. Früher hätte er gesagt: "Eine Auslosung ist kein Wunschkonzert."

Zuletzt lief es aber zumindest auf dem Court wieder einigermaßen nach Wunsch. "Ich habe vor allem im zweiten Qualifikationsmatch sehr gut gespielt", sagt er vor seinem Auftritt auf dem Centre-Court und fügt hinzu, "dass ein Taro Daniel kein Federer ist, "das ist ein anderes Kaliber."

Gutes Tennis

Auch, wenn Melzer derzeit nur auf Platz 300 geführt wird – dort gehört der ehemalige Top-Ten-Spieler (2011 war er der bislang einzige Österreicher, der gleichzeitig im Einzel und Doppel unter den besten Zehn stand) nicht hin. Er ist auch nur dort, weil er aufgrund einer Schulterverletzung zehn Monate pausieren musste und erst im Juli im Daviscup in der Ukraine ein (geglücktes) Comeback feierte. "An machen Tagen kann ich noch richtig gut spielen", sagt er. "Da fehlt nicht viel auf meine besten Zeiten."

Parallelen ließen sich zuletzt schon finden. Beide sind mittlerweile 35, haben ihre beste Zeit wohl hinter sich und beide haben eine schwerere Verletzung hinter sich. War es bei Melzer eine Schulterverletzung, so musste Federer die zweite Jahreshälfte aufgrund einer Knieverletzung pausieren, die nicht aus einem Sportunfall resultierte, sondern aus einem Missgeschick im Badezimmer. Schwamm drüber.

Standortbestimmung

Für den 17-fachen Sieger von Grand-Slam-Turnieren und vierfachen Australian-Open-Champ ist das Match auch eine Standortbestimmung, gespielt hat er nur beim Warming-up namens Hopman-Cup. "Die große Unbekannte ist, wie ich mehrere lange Matches über drei Gewinnsätze verkraften werde. Aber die Vorbereitung war so gut und lange wie nie." Vor der Auslosung zeigte er, dass sich auch Großmeister ihres Fachs irren können, indem er meinte: "Auch für meinen Gegner ist es das erste Match hier." Da wusste er nicht, dass ein Qualifikant wartet. Melzer hat bereits drei Siege auf Melbourner Boden in den noch immer überaus flinken Beinen. Und Federer weiß: "Der kann sehr gut spielen."

Erfahrungen

Ganz neu ist ja die Erfahrung, gegen den wohl besten Spieler der Tennis-Geschichte zu spielen, ja nicht. Drei Mal hatte Österreichs damalige Nummer eins verloren, ehe er ihn im April 2011 in Monte Carlo geschlagen hat. "Ewig her", gesteht Melzer, "und es war ein Match auf Sand."

Matchplan? "Ich werde auf jeden Fall aggressiv spielen, sonst werde ich abgeschlachtet." Und auf die Rückhand werde er ihm eher spielen. Aber bei allem, was man gegen einen Federer auch vorhat, "es gibt nichts, was der nicht kann." Melzer lange genug gespielt (seit 1999), um zu wissen, wer Favorit ist. "Die Chancen stehen sicher nicht 50:50." Aber er werde "alles geben" und sieht das Positive. "Natürlich ist eine Grundnervosität vorhanden, wenn man auf dem Centre-Court die Night-Session spielt, aber ich freue mich darauf."

Und eines weiß der im Karriere-Spätherbst befindliche Melzer: "Für solche Momente spielt man."

Kleiner Bruder bereits out

Bereits nach seinem Auftaktmatch die Koffer packen muss der jüngere Melzer-Bruder. Gerald schied gegen Alex De Minaur in fünf Sätzen aus. Der australische Lokalmatador schlug den Österreicher mit 5:7, 6:3, 2:6, 7:6(2) und 6:1.

Kei Nishikori hatte in seinem ersten Auftritt viel Mühe. Der Weltranglisten-Fünfte kam zu einem Fünfsatzsieg (5:7, 6:1, 6:4, 6:7(6), 6:2) gegen den Russen Andrej Kusnezow. In der zweiten Runde wartet der Franzose Jeremy Chardy auf den Japaner. Die Nummer 72 der Weltrangliste überstand die erste Runde kampflos, weil der Spanier Nicolas Almagro beim Stand von 4:0 aufgab.

Überzeugender war der Auftritt des Tschechen Tomas Berdych. Die Nummer 10 der Welt setzte sich im ersten Satz mit 6:1 gegen den Italiener Luca Vanni durch, der zu Beginn des zweiten Satzes aufgab.

In der Damen-Konkurrenz scheiterte gleich am ersten Tag eine Mitfavoritin. Die Weltranglisten-Vierte Simona Halep verlor glatt mit 3:6, 1:6 gegen die Amerikanerin Shelby Rogers. Die Nummer 52 der Welt hatte im Vorjahr bereits das Viertelfinale der French Open erreicht.

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