Fall Timanowskaja: Zwei Trainer müssen Olympisches Dorf verlassen
Das Internationale Olympische Komitee hat im Fall der Sprinterin Kristina Timanowskaja zwei belarussischen Leichtathletik-Trainern die Olympia-Akkreditierung entzogen. Das habe eine am Mittwoch eingesetzte Disziplinarkommission entschieden, teilte das IOC am Freitag in Tokio über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. Die provisorische Maßnahme sei im Interesse des Wohls der belarussischen Sportler ergriffen worden, die sich noch in der Olympia-Stadt befinden.
Die Trainer Artur Schimak und Juri Maisewitsch haben den Angaben zufolge das olympische Dorf umgehend verlassen, nachdem sie dazu aufgefordert wurden. Die beiden Funktionäre sollen Timanowskaja in Tokio mitgeteilt haben, dass sie wegen kritischer Äußerungen in den Sozialen Medien vorzeitig in ihre Heimat zurückkehren müsse.
Die 24-Jährige hatte sich am Flughafen Haneda an die japanische Polizei gewandt und den Rückflug verweigert. Inzwischen hat sie ein humanitäres Visum von Polen erhalten und am Mittwoch Tokio verlassen. Bereits in Polen gab Timanowskaja am Donnerstag eine Pressekonferenz. "Hier fühle ich mich sicher", sagte sie in Warschau. Auch ihr Ehemann wurde dort erwartet. "Ich hoffe, dass wir hierbleiben können, dass ich meine Karriere fortsetzen und dass mein Mann hier Arbeit finden kann", sagte die Sprinterin.
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Der Nachrichtenagentur Reuters sagte Timanowskaja, die beiden Trainer hätten ihr mitgeteilt, dass die Entscheidung, sie solle Japan umgehend verlassen, von "hoch oben" in Belarus getroffen worden sei. "Wir sind nicht diejenigen, die die Entscheidung getroffen haben, wir führen sie nur aus", hätten ihr die beiden gesagt. Und dass sie 40 Minuten habe, um ihre Sachen zu packen.
Marie Provaznikova (1948, London):
Bei den Olympischen Spielen 1948 in London wurde die tschechoslowakische Turntrainerin Marie Provaznikova der erste bekannte Sport-Flüchtling. Sie entschied sich gegen eine Rückreise und beantragte Asyl in England, in Prag beklagte Provaznikova einen "Mangel an Freiheit".
Ungarische Athleten (1956, Melbourne):
Kurze Zeit nachdem sowjetische Truppen einen Aufstand in Ungarn brutal niedergeschlagen hatten, wurden die Spiele in Melbourne abgehalten. Die ungarische Delegation erfuhr nach ihrer Landung in Australien von diesen Gräueltaten. Zahlreiche Athleten setzten sich als Konsequenz daraus in die USA ab.
Martina Navratilova (1975):
Die frühere Tennis-Weltklassespielerin Martina Navratilova flüchtete 1975 während des Kalten Krieges als 18-Jährige aus der Tschechoslowakei und ersuchte um politisches Asyl in den Vereinigten Staaten. Dort wurde ihr jedoch zunächst die Teilnahme an jeglichen Tennis-Bewerben verwehrt.
Petr Stastny (1980):
Als Eishockeyspieler Petr Stastny gemeinsam mit seinem Bruder zur europäischen Club-Meisterschaft in Österreich weilte, kontaktierte er insgeheim das Team der Quebec Nordiques aus Kanada. In einer Nacht- und Nebelaktion wurden die beiden bei Slovan Bratislava unter Vertrag stehenden Brüder mit dem Flugzeug vom Präsidenten der Nordiques abgeholt und begannen in Nordamerika ein neues Kapitel ihres Lebens.
Falko Götz (1983):
Der ostdeutsche Fußballer Falko Götz setzte sich bei einem Europacup-Spiel des DDR-Meisters BFC Dynamo in Belgrad vom Camp seiner Mannschaft ab und suchte Hilfe bei der deutschen Botschaft. Mit dem Nachtzug über Zagreb und Ljubljana gelang dem damals 21-Jährigen die Flucht in den Westen Deutschlands, wo er nach einjähriger Sperre für Bayer Leverkusen in der Bundesliga spielte.
Jawid Aman Mukhamad (1996, Atlanta):
Ebenfalls ein Verbot, dieses Mal zum Antritt bei den Spielen, erhielt der Afghane Jawid Aman Mukhamad 1996 in Atlanta. Da sich der Boxer in Russland auf die Spiele vorbereitet hatte, wurde er von den afghanischen Verantwortlichen kurz nach der Eröffnungsfeier als Kommunist bezeichnet und sollte von den Wettkämpfen ausgeschlossen werden. Der Fahnenträger Afghanistans suchte daraufhin sein Glück in Kanada.
Orlando Hernandez (1997):
Orlando Hernandez hatte 1992 bei den Olympischen Spielen in Barcelona noch Gold mit dem kubanischen Baseball-Team gewonnen. Nachdem sein Halbbruder Livan Hernandez 1995 jedoch in die USA geflüchtet war, wurde Orlando im Jahr darauf in seiner Heimat von allen Baseball-Bewerben ausgeschlossen. In der Folge zog es auch ihn 1997 in die Staaten, wo er für die New York Yankees auflief.
Afrikanische Athleten (2012, London):
Sieben kamerunische Athleten galten im Olympischen Dorf von London als vermisst. Es wurde vermutet, dass sie aufgrund besserer wirtschaftlicher Bedingungen in Europa bleiben möchten. Auch Teilnehmer aus dem Sudan entflohen den ärmlichen Verhältnissen in ihrer Heimat und stellten Asylanträge in Großbritannien.
Cesar Prieto (2021):
Cesar Prieto, einer der populärsten Baseballspieler Kubas, nutzte den Aufenthalt seiner Nationalmannschaft in den USA für ein Qualifikationsturnier der Olympischen Spiele, um sich abzusetzen. Prieto hoffte einen Vertrag in der nordamerikanischen Major League Baseball zu erhalten.
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