Vom Tod war zuletzt oft die Rede im englischen Fußball. Zwar ist die Premier League dank der sprudelnden TV-Einnahmen so vital wie noch nie, doch die üppigen Gagen haben ihren Preis. Die Fernsehstationen verlangen etwas für ihr Geld: Spitzenunterhaltung – und das am besten sieben Tage die Woche.
Genau deshalb warnen einige prominente Trainer wie Jürgen Klopp vom Champions-League-Sieger aus Liverpool oder Pep Guardiola von Meister Manchester City vor den Plänen einiger europäischer Ligen und Verbände, immerfort neue Bewerbe einzuführen und die wettkampffreien Tage damit weiter zu reduzieren. "Wenn wir nicht lernen, besser mit unseren Spielern umzugehen, töten wir dieses wunderschöne Spiel", sagte Klopp und ließ bereits in dieser Woche auch Taten folgen.
Im Wiederholungsspiel des FA-Cups schickte Liverpool eine U-23-Auswahl auf das Feld, selbst der deutsche Startrainer fehlte in der Coaching-Zone. Zum Aufstieg ins Achtelfinale gegen den Drittligisten aus Shrewsbury reichte es dennoch.
Das Wehklagen über Überbelastung im Spitzensport ist kein neues Phänomen und geht weit über die Fußballfelder hinaus. Der Blick in die Vergangenheit zeigt jedoch: Viel mehr Spiele oder Wettkämpfe gibt es in den Sportarten beziehungsweise in ihren Bewerben nicht. Von den fünf exemplarisch untersuchten Disziplinen hat seit den 1970er-Jahren nur die Formel 1 kontinuierlich zugelegt.
Das legt den Schluss nahe, dass aufgrund der Dichte an Athleten und ihrer Professionalisierung die Intensität zugenommen hat. So etwa auch im alpinen Skirennlauf. Die Anzahl an Weltcuprennen ist prinzipiell angestiegen, Allrounder, die in fast allen Disziplinen starten, sind jedoch die Ausnahme geworden. Während Gesamtweltcupsieger Marcel Hirscher in der Vorsaison von 38 möglichen Bewerben 25 in Angriff nahm, stand Marc Girardelli im Weltcup-Winter 1992/1993 noch bei 31 von 34 möglichen Rennen im Starthaus.
Kurios ist ein Detail aus der Tenniswelt. Auf dem Weg zur Nummer-eins-Position am Jahresende bestritt Jimmy Connors 1975 satte 90 Matches, im Vergleich dazu kam Rafael Nadal im Vorjahr auf gerade einmal 65 Partien. Das hat seinen Grund: Der Spanier muss seinem mittlerweile 33 Jahre alten Körper immer mehr Pausen gönnen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Enorm war die Belastung zuletzt auch für Dominic Thiem. Fast einen gesamten Tag (22 Stunden, 14 Minuten) verbrachte der Österreicher während seiner sieben Partien bei den Australian Open auf dem Tennisplatz.
Regeneration und Trainingssteuerung sind daher zentrale Elemente für Spitzensportler. Im Jahr 2017 sorgte eine Studie der Northumbria Universität im englischen Newcastle für Klarheit. Von 16 semiprofessionellen Fußballern wurden vor und nach Pflichtspielen die physischen und neuromuskulären Funktionen gemessen sowie die Selbstwahrnehmung abgefragt. Um jeweils wieder den Ausgangslevel zu erreichen, benötigten die Testpersonen bis zu 72 Stunden. An intensives Training war in diesem Zeitraum freilich nicht zu denken.
Gestützt wird diese Erkenntnis durch eine Umfrage der Spielergewerkschaft FIFPro unter 543 Profis. Vielsagend waren die Daten bei Heung-min Son. Der Koreaner kam in einer Saison auf 53 Pflichtspiele für Tottenham und 25 Matches im Teamtrikot. Zwischen den Spielen standen dem Offensivspieler im Schnitt drei von vier Mal weniger als fünf Tage Pause zur Verfügung.
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