Ian Poulter: US-Staatsfeind für eine Woche
Bei der 30. Ausgabe des Ryder Cup 1993 schlief Ian Poulter auf einem Campingplatz. Die Nacht kostete dem 17-jährigen Fan drei Pfund. Für die 40. Ausgabe des prestigeträchtigsten Golf-Bewerbs der Welt hat der mittlerweile 38-jährige Engländer am Montag im Gleneagles Hotel eingecheckt. Das billigste Zimmer gibt es für 455 Pfund.
Poulter wird dort eine Woche residieren. Zahlen muss er nichts. Auf dem angrenzenden Golfplatz schlagen von Freitag bis Sonntag die 24 besten Golfer Europas und der USA ab. Poulter ist einer von ihnen. Mehr noch: Er ist die größte Attraktion des Ryder Cup 2014.
Traditionell im Matchplay-Modus ausgetragen, geht es bei dem Teamwettstreit im Duell Mann gegen Mann bzw. Duo gegen Duo um Punkte. Poulter ist bei bislang vier Teilnahmen zu 15 Matches angetreten, zwölf davon hat er gewonnen, darunter alle vier Einzel-Partien. Keiner der unzähligen Top-Spieler in der beinahe 90-jährigen Historie kann eine bessere Quote vorweisen.
"Beim Ryder Cup geht es nur um starke Nerven. Der Druck ist extrem", sagt Martin Kaymer. Der Deutsche versenkte vor zwei Jahren in Illinois den siegbringenden Putt zum 14,5:13,5 für Europa. 24 Stunden zuvor waren die Europäer mit 4:10 aussichtslos zurückgelegen, ehe Poulter mit fünf Birdies auf den letzten fünf Löchern seine Partie drehte. "Wenn ‚Poults‘ diesen Ausdruck in den Augen hat, ganz besonders in der Woche des Ryder Cups, ist das beeindruckend", sagte Rory McIlroy. Der Weltranglisten-Erste war damals Poulters Spielpartner. Und José Maria Olazábal, der Teamkapitän Europas, ergänzte: "Man müsste für Ian eine Statue erbauen."
Geld, Fußball, Autos
Auch ohne Major-Sieg hat Poulter mit Golf mehr als zwanzig Millionen Euro eingespielt. Zudem wirbt er für eine Kreditkarte, eine Versicherung, Luxusuhren sowie für seine eigene Modelinie.
Der vierfache Familienvater lebt in England und Florida, auf den Bahamas besitzt er ein Haus samt Motorboot. Es heißt, er sei noch nie dort gewesen. Poulter liebt Geld, Fußball (den FC Arsenal) und Autos. Er besitzt einen Rolls-Royce und sieben Ferraris.
Doch die größte Liebe scheint der Ryder Cup, bei dem es auch 2014 nicht einen Cent zu verdienen gibt. "Wir spielen für Fans, wie ich einer war. Dessen müssen wir uns bewusst sein", erinnert sich Poulter an 1993. "Ich war verzaubert von dieser Ländermatch-Stimmung. Ich hatte plötzlich eine Mission: Ich musste es schaffen, dort einmal dabei zu sein."
Mission erfüllt. Und wie.
Für die Einwohner der 3600-Seelen-Gemeinde im schottischen Auchterarder wurde eine Broschüre aufgelegt. Darin gibt es Tipps, wie sie mit dem Ereignis am besten umgehen. Das Ereignis nennt sich Ryder Cup und findet auf dem Golfplatz beim Hotel Gleneagles statt. Erstmals seit neun Jahren herrscht hier wieder Ausnahmezustand.
Kamen 2005 die Polit-Granden zum G8-Gipfel, so sind es jetzt die besten Golfer der USA und aus Europa. Die 24 Herren treffen einander zum 40. Vergleich der beiden Kontinente (Sky Sport überträgt live). Von den letzten zehn Duellen gewann Team Europa sieben.
Seit Montag ist der Ort im Ausnahmezustand, 250.000 Fans werden erwartet, 600 Millionen Zuschauer werden weltweit das Spektakel im TV verfolgen. „Auf das Ergebnis hat nicht nur Einfluss, was auf dem Platz passiert, sondern auch das Drumherum“, sagt der französische Debütant Victor Dubuisson.
Zur Spannung trägt der Modus bei. Freitag und Samstag werden 16 Doppel gespielt: Acht „Fourballs“ (das bessere Ergebnis eines Duos wird gewertet) und acht „Foursomes“ (die Spieler einer Paarung schlagen den Ball abwechselnd). Am Sonntag stehen zwölf Einzel-Matches an. Pro Duell gibt es einen Punkt für den Sieg, bei Gleichstand bekommt jedes Team einen halben Punkt gutgeschrieben.
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