Hypos Erfolgsmodell verliert an Glanz
Zu guter Letzt mussten auch die Fliesen dran glauben. Neuer Boden, neue Möbel, neuer Anstrich – nichts scheint mehr, wie es einmal war in der Südstadt. An jenem schmucklosen Ort an der Peripherie zu Wien, an dem vor über vierzig Jahren ein Handball-Projekt seinen Ursprung nahm, das sich zum erfolgreichsten österreichischen Sportverein in einer olympischen Mannschaftssportart entwickeln sollte:
Hypo Niederösterreich.
Ein Name, Dutzende Trophäen. Acht Mal triumphierten die Südstädterinnen in der Champions League, zuletzt im Jahr 2000.
Neuer Anlauf
Immer wieder stellte der Klub seitdem eine neue Saison unter das Motto „Mission: Alle Neune“, mehrmals verfehlte man das Ziel nur knapp. Und nun, 13 Jahre nach dem letzten Triumph in der Königsklasse? „Unser Ziel ist die Hauptrunde der besten acht Vereine“, sagt Trainer Morten Soubak vor dem Heimauftakt gegen den Thüringer HC (Sonntag, 20.25 Uhr/live ORF Sport +).
Was nach Understatement klingt, ist Realität. Die absolute europäische Spitze ist in der Südstadt nur noch Gast. Gegen Titelverteidiger Györ setzte es zum Auftakt in der Vorwoche ein 22:41. Gruppenplatz zwei, der zum Aufstieg berechtigt, ist dennoch in Reichweite.
Jahrzehntelang war die Coaching-Zone das Territorium eines Mannes: Gunnar Prokop. Gründer, Manager, Trainer, Zampano, Peitschenknaller – so haben sie ihn bezeichnet. Von 1972 bis 2010 definierte sich Hypo über Prokop, und Prokop über Hypo. Seit drei Jahren hat der mittlerweile 73-Jährige nun kein Match mehr von Hypo gesehen. „Hypo war eine Institution in Europa“, sagt er und betont dabei bewusst die Vergangenheitsform.
Alte Erfolge
Auch Prokops Modell war zu einem großen Teil auf Legionärinnen gestützt, „jedoch mit einem Unterschied: Wir haben die Champions League gewonnen“, sagt er nicht ohne Stolz. „Alle spielten mit Herz für Hypo – und später auch für Österreich.“ Eine Reihe von Einbürgerungen machten es möglich, dass Österreich zu einer der stärksten Nationen der Welt aufstieg. Den Höhepunkt markierte WM-Bronze im Jahr 1999.
14 Jahre danach sind Österreichs Damen in der Ende Oktober startenden EM-Qualifikation Außenseiter. Im Kader von Teamchef Herbert Müller stehen lediglich vier Spielerinnen von Hypo, den Stamm bilden Legionärinnen aus Deutschland. „Ich verstehe die Ansprüche von Hypo in der Champions League. Das geht mit einer rein österreichischen Mannschaft nicht“, sagt Müller. Kein Verständnis hat er jedoch, „wenn selbst eine österreichische Topspielerin keinen Stammplatz hat.“ Hypo-Coach Soubak verteidigt: „Wir schließen keine Spielerin aus. Sie muss nur besser sein, als diejenigen, die da sind.“
Für einen Fachaustausch ist vielleicht am Sonntag Zeit. Müller betreut neben Österreichs Team auch den Thüringer HC. Gelingt den Deutschen der Coup, bleibt Hypo in jedem Fall noch die Meisterschaft: Dort strebt der Klub den 38. Titel in Folge an.
Gruppe A, Sonntag, 20.25: Hypo NÖ – Thüringer HC (live ORF Sport +).
Tabelle: Györ 4/2, 2. Thüringer HC 2/1, 3. Baia Mare 0/2, 4. Hypo NÖ 0/1.
Erster Spieltag: Györ – Hypo NÖ 41:22, Thüringer HC – Baia Mare 36:29
Zweiter Spieltag: Baia Mare - Györ 21:33 (10:16)
Weitere Hypo-Spiele: Baia Mare – Hypo (19. 10.), Hypo – Baia Mare (2. 11.), Hypo – Györ (11. 11.), Thüringen – Hypo (17.11.).
Modus: Die Top 2 steigen in die Hauptrunde auf, der Dritte steigt in den Cupsieger-Bewerb um.
EM-Qualifikation
Österreichs Damen spielen ab Ende Oktober um ein Ticket bei der Endrunde 2014 in Ungarn/ Kroatien. Quali-Gegner sind Dänemark, Ukraine und Litauen.
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