Historisches WM-Gold: Das ist Rekord-Kletterer Jakob Schubert

Manchmal sieht es für einen Außenstehenden wirklich so aus, als gäbe es für Jakob Schubert kein vor und zurück. Wenn er in der Steilwand hängt, kopfüber und alle viere von sich gestreckt, und alles nur darauf wartet, dass er jeden Moment den Halt verliert.
Und eben genau das nicht passiert, weil der Tiroler Kletterer selbst in aussichtslosen Situationen stets alles im Griff und unter Kontrolle hat. Und es ihm immer wieder aufs Neue gelingt, mit einem schnellen Handzug die Schwerkraft zu überlisten und einen Ausweg aus seiner misslichen Lage zu finden.
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Jakob Schubert ist ein echter Großmeister im Meistern solcher Probleme im Extrembereich. Kein anderer Kletterer feierte in diesem Sport so viele Gipfelsiege wie der 32-jährige Innsbrucker, der am Sonntag in Bern zum vierten Mal bei einer WM im Leadbewerb das oberste Treppchen erklimmen konnte – damit ist Schubert der Rekordhalter in der Königsdisziplin des Sportkletterns. Dazu kommt noch eine Goldene in der Kombination (2018).
"Es macht mich extrem stolz, dass ich in die Geschichtsbücher eingehe. Weil ich weiß, wie schwierig so etwas zu erreichen ist."
Rasanter Aufstieg
Denn es gibt wohl kaum eine Sportart, die einen so rasanten Aufstieg genommen hat wie das Klettern. Als Jakob Schubert 2012 zu seiner ersten WM-Goldmedaille geklettert war, umwehte die Kraxler noch der Hauch von Exoten. Ein gutes Jahrzehnt später ist das Klettern fixer Programmpunkt bei Olympia und jede Saison wird das Niveau noch weiter nach oben geschraubt. "Es kommen so viele hervorragende, junge Kletterer daher. Das Feld war noch nie so stark wie heuer", weiß Jakob Schubert.
Im Duell mit der aufstrebenden Generation vertraut der österreichische Routinier vor allem auf seine Erfahrung und sein Nervenkostüm. Jakob Schubert besitzt augenscheinlich die Gabe, immer dann seine Fähigkeiten auszuspielen, wenn’s um Medaillen geht. "Mir ist es schon früh in meiner Karriere gelungen, am Tag X die Leistung abzurufen", erzählt Schubert, der 2018 bei der WM in seiner Heimatstadt Innsbruck zwei Goldmedaillen gewann. "Ich weiß, dass ich mit dem Druck und mit der Nervosität umgehen kann. Unbewusst kann ich noch etwas aus mir herauskitzeln, wenn es um alles geht."

Schubert hat über die Jahre auch gelernt, effizienter zu klettern und sich die Kräfte besser einzuteilen. Der Weltcup hat für den siebenfachen Gesamtsieger nicht mehr die oberste Priorität, der Routinier lässt immer wieder einmal Wettkämpfe aus. "Ich picke mir jedes Jahr ein Event heraus, auf das ich hinarbeite. Das war heuer die WM", sagt der Olympia-Dritte von Tokio 2021.
Olympia-Gold als großes Ziel
Obwohl Jakob Schubert mit seinen 32 Jahren zu den ältesten Kletterern zählt, hat er nicht das Gefühl, schon am Plafond angekommen zu sein. "Klettern ist eine sehr komplexe und vielfältige Sportart. Deshalb kann man, selbst wenn man seine physischen Grenzen erreicht hat, immer noch besser werden", erklärt der Tiroler. "Und es taugt mir, dass ich mit den Jungen immer noch mithalten kann."

Die Ziele gehen dem Routinier jedenfalls nicht aus. Jakob Schubert greift nach allem, was er noch erreichen kann. WM-Rekordhalter ist er bereits, er ist auch der Kletterer mit den meisten Weltcupsiegen (23), nur Olympiagold fehlt ihm noch in der Sammlung. "Paris 2024 ist ein riesiges Ziel von mir."
Auf dem Weg dahin ist die WM ein wichtiger Zwischenstopp. In Bern werden im Kombinationsformat (Lead, Bouldern) am Samstag die ersten drei Olympia-Tickets vergeben. "Das war eigentlich das große Saisonziel von mir. Es würde vieles erleichtern, wenn ich in die Top drei komme. Ich habe sicher das Potenzial, es zu schaffen."
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