Golf: Wiesberger feiert Sieg-Premiere
Es hat ja so jeder Mensch seine Eigenheiten. Der eine steigt beim Zebrastreifen nur auf die weißen Felder; ein Nicht-Kärntner wählt das BZÖ, weil er glaubt, dass das was bringt; und Bernd Wiesberger spielt bei seinen European-Tour-Turnieren nur mit Titleist-Bällen, auf denen die Nummern 5, 6, 7 und 8 abgedruckt sind.
Mit Aberglauben hat das freilich nichts zu tun. Der 26-Jährige erklärt: "Am ersten Tag nehme ich nur Bälle mit der Nummer Fünf, weil ich fünf unter Par spielen möchte. Und am letzten Tag einen mit der Nummer Acht, weil ..."
Bei den mit 2,205 Millionen Euro dotierten Ballantine’s Open in Incheon, Südkorea, ging das geistreiche Konzept nur am dritten Tag auf. Ball Nr. 7, sieben unter Par.
Fünf Schläge
Davor: Eine solide Par-Runde zum Auftakt, gefolgt von einer 65er-Runde, und gestern? Vier unter Par, die dritte Bogey-freie Runde in Folge. Die Zuschauer, von denen 99,8 Prozent noch nie im Leben einen Burgenländer gesehen haben dürften, sahen den besten Burgenländer der Welt, zumindest, was den Golfsport betrifft.
Am Ende betrug Wiesbergers Vorsprung auf den zweitplatzierten Briten Richie Ramsay fünf Schläge. Und Vorjahressieger Marcus Fraser sollte Recht behalten: Der Australier hätte sein Haus verwettet, dass Wiesberger das Turnier gewinnen würde.
Der Oberwarter ist jetzt der jüngste Sieger der Geschichte der Ballantine’s Open und der dritte Österreicher nach Markus Brier und Martin Wiegele, der ein European-Tour-Turnier für sich entscheiden konnte. Ein rot-weiß-roter Rekord ist ihm sicher: 367.500 Euro hat auf 270 Schlag’ noch keiner verdient.
Ein Wahnsinn
"Ich hoffe, dass der Sieg ein Jumpstart ist für die Talente in Österreich. Dass Golf populärer wird und wir noch mehr Spieler und Sieger auf der European Tour haben werden", sagte Wiesberger, der sich in Südkorea einen Hax’n ausfreute: "Ein unfassbares Gefühl, das Ganze sickern zu lassen und die Trophäe in der Hand zu halten. Ich möchte nicht sagen, dass es sich abgezeichnet hat, aber nach dem Top-Ten-Platz vergangene Woche habe ich mich sehr gut gefühlt. Die Runden hier waren Wahnsinn."
Mit dem Premierensieg in seinem 71. European-Tour-Event wird sich der Burgenländer in der Weltrangliste von Position 170 unter die Top 100 schieben. Die Tourkarte ist ihm bis Ende 2014 sicher. Und im "Race to Dubai" liegt er in der Verdienstrangliste mit 438.464 Euro nun auf dem hervorragenden 13. Platz, damit besitzt er beste Chancen auf das Saisonfinale.
"Man kann Golf nie komplett verstehen und auch nie zu hundert Prozent erlernen", sagt Wiesberger, "aber diese Erfahrungen, die man über die Jahre bekommt, in der Situation, wenn man um einen Turniersieg mitspielt, sind natürlich unbezahlbar."
Sektkorken
Seit Sonntag ist Wiesberger einem weiteren Karriere-Ziel einen Schritt näher gerückt. Auf der US-PGA-Tour darf er freilich noch nicht mitspielen, dafür aber beim Bridgestone Invitational in Ohio ab 1. August, für das er sich eine Einladung gesichert hat. Tiger Woods ist dort Dauergast, er hat schon ein paar Mal gewonnen.
In Bad Tatzmannsdorf knallten ein paar Sektkorken, wo Mutter Claudia und Vater Klaus den Pro-Shop betreiben. "Bernd hat mit 12 Jahren kapiert, dass er ein Einzelsportler ist", sagt die Mutter, "in diesem Alter war er erstmals Staatsmeister."
Mit 16, 17 habe der Bub hinterfragt, ob denn nun Golf tatsächlich sein Leben bestimmen würde. "Deshalb ging er in die normale HAK und nicht in die Golf-HAK in Stegersbach. Das war sicher der unbequemere Weg.“"
Was, wenn er nicht von seinem Sport leben könnte? "Dann wäre ich Architekt geworden", sagt Wiesberger. Wäre, wohlgemerkt. Werden kann er’s ja auch noch in 20, 30 Jahren.
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