Geld, Macht, Sport: Wie Saudi-Arabien versucht, Katar zu kopieren

Real Madrid und Athletic Bilbao beim spanischen Super-Cup-Finale im Jänner in Riad
Sportswashing, Menschenrechte und scheinbar grenzenlose finanzielle Möglichkeiten sind auch beim größeren Nachbarn Katars ein Thema.

Es war wenige Tage, nachdem bekannt wurde, dass der Journalist Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul allem Anschein nach von einem Spezialkommando des Kronprinzen verhört, gefoltert ermordet und zerstückelt worden war. Novak Djokovic entschied sich, einen Tweet abzusetzen. „Ich freue mich, dieses schöne Land zu besuchen“, bedankte er sich im Oktober 2018 für die Einladung zum King Salman Tennis Championship.

The Show must go on. Und die Show ging noch munterer und glänzender weiter als davor: Der Formel-1-Grand-Prix, eine eigene Golf-Liga, riesige Box-Events und die Übernahme des Premier-League-Traditionsvereins Newcastle United durch den Staatsfonds sind nur die bekanntesten Beispiele dafür, wo Saudi-Arabien in der Sportwelt überall mitmischt.

Schock Katar-WM

Als das WM-Pendel der FIFA 2010 in Richtung Katar ausgeschlagen war, sorgte das in Europa für empörtes Unverständnis. Beim Nachbarn und Kontrahenten Saudi-Arabien löste die Vergabe wahrhaft politischen Stress aus.

„Es war ein Schock, als 2010 die WM an den kleinen Nachbarn gegangen ist, den man nie so richtig ernst genommen hat“, sagt Politologe Guido Steinberg zum KURIER – ein ausgewiesener Experte der Region, insbesondere Saudi-Arabiens.

In den 1990ern hatte der kleine Nachbar die Amerikaner als Verbündete ins Land geholt und ist zunehmend als Gas-Großmacht abgehoben. Dass dann auch noch eines der wichtigsten internationalen Sportereignisse an Doha ging, sei „tatsächlich für die Saudis ein schwerer Schlag“ gewesen. Die Konsequenz: „Saudi-Arabien versucht mittlerweile schon seit Jahren, das katarische Modell zu kopieren“, sagt Steinberg.

Olympia bis Fußball-WM

Limits gibt es keine. Die Olympischen Spiele sind ein ebenso realistisches Ziel wie eine Fußball-WM. Quasi zum „Aufwärmen“ wird das Königreich die Asienspiele 2029 ausrichten. Die Winterspiele, wohlgemerkt – wenngleich die Durchschnittstemperaturen im kältesten Monat Jänner in der Hauptstadt Riad zwischen 9 und 20 Grad liegen. Der Austragungsort Trojena ist Teil der in Bau befindlichen Megacity Neom im Nordwesten des Landes nahe der ägyptischen Sinai-Halbinsel.

Nicht nur ÖSV-Generalsekretär Christian Scherer hat „zunächst an einen Scherz geglaubt“, als er von den Winterspielen in Saudi-Arabien hörte: „Durch solche Entwicklungen kommt unsere gesamte Branche in Verruf“, sagte er kürzlich zum KURIER. Er könne nicht verstehen, dass „man mit Geld versucht, in Gegenden, wo es nicht einmal natürlichen Schnee gibt, künstlich den Winter herbeizuzaubern“.

Für Länder wie Saudi-Arabien spielt Geld keine Rolle. Das riesige Land am Golf hat seinen Reichtum aus den Öl-Vorkommen lukriert. Doch es will wirtschaftlich vom Öl unabhängig werden, denn die Ressourcen sind endlich. Deshalb hat Kronprinz Mohammed Bin Salman, kurz MBS, – der, der den Kritiker Jamal Khashoggi im Konsulat beseitigen ließ – die Vision 2030 ins Leben gerufen: Sport und Kultur sollen neue wirtschaftliche Möglichkeiten eröffnen.

Was den Sport betrifft, ist das Modell dem Katars ganz ähnlich. Mitglieder der Herrscherfamilie treffen die wichtigsten Entscheidungen. Saudis seien „absolut fußballverrückt“, sagt Nahost-Experte Steinberg. Seit Wochen spielt etwa Yasser Almisehal, Präsident des saudischen Verbandes öffentlich mit dem Gedanken, Cristiano Ronaldo in die Liga zu locken. Die Fußball-WM 2030 ins Land zu holen schätzt Steinberg sogar realistischer ein als Olympia.

Nachbarschaftshilfe

Die Pläne sind vor einigen Wochen durchgesickert: So soll Riad gemeinsame Sache mit Griechenland und Ägypten machen. Es wäre die erste WM auf mehreren Kontinenten – womöglich wieder ein Winter-Event. Saudi-Arabien will dafür jede Menge Geld in die Hand nehmen – und nicht nur die eigene Infrastruktur auf Vordermann bringen (übrigens unter ähnlich schlechten Bedingungen für Gastarbeiter wie in Katar), sondern gleich auch die der beiden Mitbewerber.

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