Zerbrochen

An drei Nachwuchsfronten Erfolge plus ein 4:0 der Nationalelf mit einer Million ORF-Zeugen. Die Fußball-Woche kann zur erfreulichsten des Jahres werden, wenn. . .
. . . Austria und Rapid am Sonntag ein konfliktfreies Derby über die Favoritner Klein-Bühne bringen;
. . . und den Damen gegen Russland in St. Pölten eine Sensation gelingt.

Es winkt die sporthistorische Chance zur ersten EM-Teilnahme. Anders als vor 20 Jahren, als die Nationalelf gegen die Journalistenauswahl zweistellig verlor, ist das, was die Mädchen zuletzt schon gegen Dänemark boten, alles andere als Hausfrauensport. Laura Feiersinger, Carina Wenninger, Sarah Puntigam und Viktoria Schnaderbeck sind Stammkräfte beim FC Bayern, auch wenn sie dort nie die Bekanntheit von David Alaba erreichen können.

Den medialen Hype, der in Österreich um ihn nach dem 4:0 ausbrach, wird Alaba als übertrieben empfinden. Zudem bekommt er in München mit, wie schmal der Grat zwischen Glorifizieren und Verdammen ist. Nach dem deutschen 4:4 gegen Schweden wird über Alabas Klubkollegen Manuel Neuer, Holger Badstuber, Philipp Lahm kübelweise Spott entleert. Nur Franz Beckenbauer schließt sich den Schimpforgien nicht an. Mit der ihm eigen gewordenen Alterstoleranz sagt er: "Ich muss schmunzeln." Er habe nie gedacht, das es im heutigen Fußball noch möglich sei, einen Vier-Tore-Vorsprung zu vergeben.

Vielleicht ist die Viererkette ein Mitgrund für die Torflut. Das ist jene Taktik, die auch Verteidigern kre­ativeres Spiel erlaubt, die aber arg danebengeht, wenn die Abwehr nicht eingespielt oder der Gegner auf Konter spezialisiert ist. Als Beckenbauer noch Spieler und Abwehrchef war, hatte er neben sich einen Manndecker postiert.

Und als Hans Krankl als Rapid-Trainer erstmals mit Viererkette spielen ließ, trickste ihn Admira-Coach Ernst Weber aus, indem er Gerhard Rodax befahl, in abseitsverdächtiger Position auf Steilvorlagen zu lauern. Endstand 4:1 für Admira. Vier Tore Rodax.

Später leistete Weber als Nachwuchstrainer und Damen-Teamchef über ein Jahrzehnt lang in Doppelfunktion Pionierarbeit, ehe er am Stress zerbrach. Den Aufschwung durfte er nicht mehr miterleben.

wolfgang.winheim@kurier.at

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