Leicester: Ein Fleischhauer ist Zubereiter des Erfolges

Gewiefter Taktiker und Verhandler: Claudio Ranieri winken Millionen.
Der italienische Trainer Claudio Ranieri steht kurz vor dem größten Erfolg seiner Karriere.

Ein Sieg noch aus den letzten drei Runden, am besten am Sonntag bei Manchester United, dann wäre ein Wunder perfekt, das, wie die Zeitung Daily Mail treffend schrieb, "die Premier League, wie wir sie jetzt kennen, verändern würde. Es wäre eine Inspiration für Außenseiter, groß zu träumen – und ein Weckruf für die etablierte Elite."

Nicht Manchester United oder Manchester City, Arsenal oder Chelsea, die sich seit 1995 untereinander den Titel ausmachen, sondern Leicester City, vor der Saison noch als Abstiegskandidat gehandelt, hat alle Trümpfe im Titelkampf in der Hand.

Zufälle bestimmen das Leben. So auch jenes von Claudio Ranieri. Hätte sich Nigel Pearson im Mai vor einem Jahr nicht mit den thailändischen Eigentümern überworfen, dann wäre der Italiener nie Trainer in Leicester geworden. So steht der 64-Jährige kurz vor dem größten Erfolg seiner langen Karriere.

Geboren wurde Ranieri am 20. Oktober 1951 in Rom. Sein Vater betrieb im Stadtteil Testaccio eine Fleischhauerei. Auch Claudio lernte den väterlichen Beruf. Doch während seine drei Brüder Fleischhauer blieben, wurde er Fußballer.

Ligen-Pendler

AS Roma erkannte sein Talent und gab ihm einen Profivertrag. Für die ganz große Spielerkarriere reichte es aber nicht. Als Trainer ging es weiter nach oben. Er arbeitete bei Topklubs in Italien (Napoli, Fiorentina, Roma, Inter, Juventus), Spanien (Valencia, Atlético Madrid), England (Chelsea) und Frankreich (Monaco). Zu einem Meistertitel reichte es in 30 Trainerjahren aber nie.

Den könnte Ranieri jetzt holen, nur eineinhalb Jahre, nachdem viele seine Laufbahn für beendet erklärt hatten. Sein Ausflug nach Griechenland war zum Fiasko geworden: Nach vier sieglosen Länderspielen und einer Niederlage gegen die Färöer wurde er als Teamchef entlassen.

Leicester und Ranieri, das passt hingegen perfekt. Wie alle italienischen Toptrainer ist der Römer ein gewiefter Taktiker. Aber er beweist beim Klub aus den East Midlands auch ein gutes Gespür für Menschenführung.

Immer wieder baute Ranieri seine Spieler mit Psychotricks auf. Nach einem Spiel ohne Gegentor lud er seine Schützlinge zum Pizza-Essen ein. Gute Leistungen wurden mit zwei freien Tagen belohnt.

Der Italiener ist aber auch ein geschickter Verhandler in eigener Sache. Ranieri sicherte sich laut Times eine Vertragsklausel, die ihm im Falle des 17. Platzes, der den Klassenerhalt bedeutet, rund 230.000 Euro einbringt. Jeder Platz darüber bringt ihm weitere 230.000 ein. Wird Leicester Meister, kommt er auf 3,9 Millionen.

Zudem verhandelte er auch eine Meisterprämie aus, die 6,4 Millionen Euro hoch sein soll. Der Titel garantiert ihm also über zehn Millionen. "Die Spieler haben einen großen Fehler gemacht, wenn sie nicht so eine Klausel haben. Ich habe von Anfang an bedacht, dass wir die Premier League gewinnen können", wird er zitiert.

Sonst hat ihm niemand den Titel mit den Foxes zugetraut – auch Gary Lineker nicht. Der in Leicester geborene und bei City groß gewordene ehemalige englische Stürmerstar, der mittlerweile als TV-Moderator arbeitet, ging sogar eine Wette ein.

Im Herbst kündigte er via Twitter an, im Falle des Titelgewinnes seine Fußball-Sendung bei der BBC nur mit einer Unterhose bekleidet zu moderieren. Seit einigen Wochen bereitet sich der 55-Jährige darauf vor: "Ich bin gut in Form", erzählt Lineker.

Arnautovic verletzt

Gut in Form war gestern auch Marko Arnautovic. Doch der Österreicher erlebte beim Heimspiel von Stoke City gegen Sunderland eine Hochschaubahn der Gefühle. Zuerst erzielte der Teamspieler beim 1:1 gegen den Abstiegskandidaten das 1:0, wenig später wurde er wegen einer Verletzung ausgetauscht. Über den genauen Grad der Blessur war zunächst nichts bekannt.

Kommentare