Ein Fluch und die Flucht nach vorne

Der Kapitän beruhigt: Christian Fuchs erinnert daran, dass Österreich auch bei Auswärtsspielen schon gute Leistungen gebracht hat.
Österreich hat zum letzten Mal im Oktober 2011 ein Auswärtsspiel gewonnen.

Ein Fluch? Noch nie davon gehört. Ein Auswärtsfluch sogar? Daran werden im ÖFB-Team so knapp vor dem Spiel gegen Schweden in Stockholm keine Gedanken verschwendet. Torhüter Robert Almer hält sich mit derlei Statistiken nicht auf: „Ich habe jetzt erst durch die Medien erfahren, dass wir schon längere Zeit auswärts nicht gewonnen haben.“ Konkret seit dem 7. Oktober 2011, dem 4:1 gegen Aserbaidschan in Baku. Almer ist’s egal: „Die Vergangenheit ist für mich nicht interessant.“

Authentische Gelassenheit oder doch nur ein Schutzmechanismus vor dem Spiel des Jahres, in dem sich wohl die WM-Qualifikation entscheidet? Auf der Suche nach den Gründen, weshalb sich die Erfolge in der Ferne so überhaupt nicht einstellen wollen, werden die Teamspieler nicht wirklich fündig.

Zu wenig

Kapitän Christian Fuchs, der trotz fehlender Spielpraxis bei Teamchef Marcel Koller hoch im Kurs steht, weiß auch nicht so recht, woran es liegt. „Ein Patentrezept gibt es nicht, denn sonst hätten wir ja schon längst eine Lösung gefunden.“ Vielmehr verweist er auf gute Leistungen, die am Ende aber nicht das gewünschte Ergebnis gebracht hatten. Wie zum Beispiel beim 2:2 in Dublin gegen Irland. „Dort haben wir hervorragend begonnen bis zur Verletzung von Zlatko Junuzovic. Dann haben wir zwei Tore kassiert, sind aber noch einmal zurückgekommen mit unserem späten Tor. Da war sicher mehr möglich.“

Es hätte sicherlich mehr möglich sein müssen beim 0:0 in Kasachstan, wo Österreich schon im zweiten Qualifikationsspiel wichtige Punkte liegen ließ. Punkte, die in der Endabrechnung vielleicht noch schmerzlich abgehen könnten im Fernduell mit den Schweden um Platz zwei. „Wir haben schon in einigen Auswärtsspielen gezeigt, dass wir es können. Jetzt fehlt nur noch das dazupassende Resultat“, gibt sich Fuchs optimistisch.

Vielleicht ist der vermeintliche Auswärtsfluch auch eine reine Kopfsache. „Natürlich bereiten wir uns auf dieses Match auch im mentalen Bereich speziell vor“, sagt Teamchef Koller. „Alles beginnt mit den Gedanken. Wir wissen schon, was wir wollen. Das wissen wir in jedem Spiel, aber wir haben es auswärts eben noch nicht so hingekriegt.“

Mehr von allem

Das soll sich am Freitag ändern. Dazu „müssen wir in vielen Bereichen zulegen“, weiß der Schweizer. Mehr Fokus, mehr Konzentration, mehr Effektivität vor des Gegners Tor. „Ansonsten wird der Rasen grün sein, das Dach in der neuen Friends-Arena wird offen oder zu sein. Das alles zählt nicht. Es gibt keine Ausreden.“

Marcel Koller kann personell aus dem Vollen schöpfen, alle Spieler sind fit, diverse leichte Blessuren eines Fußballers Alltag und daher unerheblich. Die Intensität in den Trainingseinheiten wurde zuletzt gesteigert, bei der Mannschaft ortet er keine Spur von Nervosität. „Die Stimmung ist gut, um nichts anders als vor den anderen Spielen.“

Somit steht dem Ende des Auswärtsfluchs nicht mehr im Wege.

Eine Auswärtsbilanz zum Fürchten

Trotz Ibrahimovic und schlechter Auswärtsbilanz - ÖFB-Präsident Leo Windtner traut seinem Team gegen Schweden einen Sieg zu. Die Truppe sei stark genug, um auch vor 50.000 Fans in der ausverkauften "Friends Arena" zu reüssieren und danach den Einzug ins WM-Play-off zu schaffen, betonte der Oberösterreicher.

"Es ist eine tolle Sache, in der Qualifikation so weit gekommen zu sein, dass wir jetzt ein richtiges Endspiel haben. Die Mannschaft ist voll konzentriert. Wir wissen, dass die Punkte in Schweden hoch hängen, aber jeder wird alles geben", versprach Windtner.

Die miserable ÖFB-Auswärtsbilanz interessiert den 63-Jährigen nur peripher. "Sich auf Statistiken zu berufen, ist fehl am Platz. Das ist ein komplett neues Spiel, und die Mannschaft ist eine andere als in den vergangenen Jahren", betonte Windtner.

Eine Teilnahme an der WM 2014 in Brasilien wäre laut dem ÖFB-Präsidenten eine "tolle Sache für den gesamten österreichischen Fußball". Allerdings dürfe man bei einem Scheitern nicht gleich in Depressionen verfallen. "Ich lehne es ab, jedes dieser Entscheidungsspiele zu einem Gottesurteil über den österreichischen Fußball zu machen. Die Grundtendenz stimmt, das ist das Wichtigste."

Sollte die Nationalmannschaft in Schweden verlieren, müsse man den Blick so schnell wie möglich nach vorne richten. "Es wäre ein gewaltiger Erfolg, wenn wir uns für Brasilien qualifizieren. Aber unser deklariertes Ziel ist, bei der EM 2016 dabei zu sein, das ist ein absolutes Muss", erklärte Windtner.

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