Winheims Tagebuch: Von wegen lauter Depp’n

Nur einer von vielen hellen Köpfen bei dieser EM: Christoph Baumgartner
Sportlich ist die erste paneuropäische EM längst ein Erfolg. Was nicht zuletzt an hellen Köpfen auf dem Spielfeld liegt

„Es ist so schön, dass wir wieder 82 Millionen Teamchefs statt 82 Millionen Virologen haben“, sagt Leon Goretzka, der Mann, der Deutschland mit seinem Tor zum 2:2 gegen Ungarn das EM-Out ersparte. „Dividiert“ durch zehn lässt sich Goretzkas Spruch auf Österreich umlegen.

Konträr zu Umfrage-Ergebnissen im Vorfeld der EM, wonach diese nur mäßig interessiere, darf der ORF vom EM-Start weg über Traum-Quoten jubeln, das Virus Fußball hat selbst Sportabstinente erfasst.

So auch am Samstag, als bis zu 2,108 Millionen Zuschauer in ORF1 das Duell zwischen Italien und Österreich verfolgten. Es war die höchste Fußball-Quote seit der EM 2008, als bis zu 2,215 Millionen bei Österreich - Deutschland eingeschaltet hatten.

Daran wird sich nach dem bitteren Arrivederci für Rot-Weiß-Rot nichts ändern. Im Gegenteil.

Wer hätte gedacht, dass die österreichische Mannschaft des Deutschen Franco Foda, der bis zum siebenten Lebensjahr italienischer Staatsbürger gewesen war, den EM-Topfavoriten Italien in die Verlängerung zwingen und die weltrekordverdächtige Torsperre nach 1.169 Länderspielminuten durch Sasa Kalajdzic brechen würde?

Wer hätte allen Ernstes geglaubt, dass die Österreicher, die im (nach der Vorrunde) erstellten Ranking der 30 schnellsten EM-Spieler im Gegensatz  zu sechs Italienern überhaupt nicht vertreten waren, in Hälfte zwei ausdauermäßig mithalten und über ihre Schmerzgrenze (z.B. Konrad Laimer) gehen könnten?

Als in Minute 63 das Kopftor von Marko Arnautovic wegen Abseits aberkannt wurde, hieß es von neutraler deutschen TV-Seite: Vor ein paar Jahren noch hätte dieser Treffer gezählt, zumal die Millimeter-Entscheidung „mit freiem Auge nicht zu erkennen war“.

Tatsächlich verdankten es die Italiener nur dem Video Assistant Referee (wie es ihn erst in der kommenden Saison erstmals auch in Österreichs oberster Liga geben wird), dass sie nicht in Rückstand gerieten und dass auch ein Elfer für Österreich nicht gegeben wurde.

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