Das Ernst-Happel-Stadion ist die meistdiskutierte Sportstätte des Landes. Und es ist nur ein paar Tage her, da hat Wiens Sportstadtrat Peter Hacker im KURIER einem Neubau erneut eine klare Absage erteilt und stattdessen Verbesserungen, also Investitionen in die bestehende Arena im Prater, angekündigt.
Zuvor müssen aber Untersuchungen zur bestehenden Bausubstanz abgeschlossen seien. Fakt ist, der Rohbau des Stadions stammt aus dem Jahr 1931. Dass er dennoch im besten Zustand ist und auch noch lange als Substanz dienen wird, davon ist Albert Wimmer überzeugt.
Der erfahrene Architekt aus Wien gilt als Pionier und absolute Instanz im Bereich des Sportstättenbaus. Wimmer ging bei diversen internationalen Wettbewerben als Sieger hervor und hat im Zuge dessen nicht nur die EM-Stadien von Klagenfurt, Innsbruck und Salzburg oder etwa in Lwiw in der Ukraine entworfen. Er hat auch Arenen von Berlin bis Nikosia entwickelt.
Sein jüngstes Werk ist die Generalüberholung und Modernisierung der Red-Bull-Arena in Leipzig. Um rund 60 Millionen Euro wurden etwa die VIP-Bereiche modernisiert, das Dach korrosionsfrei gemacht, die komplette Infrastruktur erneuert und dabei auch die Kapazität von rund 43.000 auf 48.000 Plätze erweitert.
Imposanter Rohbau
Wimmer kennt sich demzufolge nicht nur mit Neubauten aus, im Gegenteil: Der Architekt sieht große Potenziale im Umbau bestehender Strukturen, für das Ernst-Happel-Stadion hat er klare Vorstellungen für eine Wiederverwertung des imposanten Rohbaus. Warum das Sinn ergibt? Den Rohbau berechnet Wimmer auf rund 30.000 Kubikmeter und demzufolge 75.000 Tonnen Beton. „Mit dem Ansatz, dass eine Tonne Beton 120 Kilogramm CO2 verursacht, würde man 9.000 Tonnen CO2 einsparen. Das entspricht 9.000 Flügen von Wien nach New York“, erklärt Wimmer.
Den bestehenden Rohbau zu nutzen, hätte aber nicht nur klimafreundliche Vorteile, sondern im Vergleich zu einem Neubau an selber Stelle auch jenen der Zeitersparnis. „Die Abbruchzeit von sechs bis acht Monaten könnte eingespart werden“, sagt Wimmer, der auch einen konkreten Plan für den Einbau von Skyboxen entworfen hat.
Um diesen zu realisieren, würde Wimmer eine gehängte Stahlkonstruktion unterhalb des dritten Ranges einziehen (siehe Visualisierung oben). Der gesamte dritte Rang soll deshalb aber nicht verloren gehen. Dazu könnte man – wie bei der EURO 2008 – die Laufbahn mit einem zusätzlichen Rang überbauen, um die Fans wieder näher ans Geschehen zu bringen. Die Kapazität von 48.000 Plätzen soll damit gewährleistet sein: „Die zusätzlichen Stufenreihen zwischen Ebene 0 und Ebene 1 und die neu errichteten Sitzstufen auf Ebene 4 über den Skyboxen ermöglichen, dass die Zuschauerzahl beibehalten werden kann.“
Wie hoch die Kosten sind
Und auch die denkmalgeschützte Dachkonstruktion würde erhalten bleiben, wenngleich Wimmer die Auswechslung einer bestehenden Dachhaut durch eine transparente Fläche vorschlägt, um die Arena mit Licht zu fluten.
Über all dem steht der finanzielle Aspekt. Stadtrat Hacker nannte im KURIER-Gespräch einen Betrag von 700 Millionen Euro, den ein Neubau verschlingen würde, sofern dieser den aktuellen internationalen Standards entsprechen soll. Wimmer versichert: „Ein Umbau zu einem ‚Happel-Stadion neu‘ würde nur einen Bruchteil von einem kompletten Neubau kosten und kann einer Sportstadt Wien großartig dienen.“
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