West Ham und Glasners Frankfurter im besonderen Duell der Emotionen

West Ham und Glasners Frankfurter im besonderen Duell der Emotionen
Warum das Europa-League-Semifinale von Frankfurt bei West Ham eine Ausnahme in Europas Spitzenfußball darstellt. Auf Oliver Glasner wartet der nächste Höhepunkt.

Das Semifinale der Europa League versammelt drei Kultvereine und einmal das exakte Gegenteil davon. West Ham empfängt die Eintracht aus Frankfurt, die Rangers aus Glasgow sind in Leipzig bei RasenBallsport zu Gast.

Im nach nur zwei Stunden Vorverkauf vollen London Stadium wartet vor 60.000 Fans ab 21 Uhr (live ORF 1) ein Duell der Emotionen und Erinnerungen an seltene Triumphe, wie es sie in der hochgezüchteten Champions League nur noch selten gibt.

West Ham, 1895 von Werftarbeitern gegründet, hat 1965 mit den späteren Weltmeistern Bobby Moore und Geoff Hurst den Europapokal der Pokalsieger gewonnen. Heute wartet auf die Mannschaft in den speziellen Vereinsfarben "claret and blue" das größte Europacup-Heimspiel seither.

Erinnerung an Pezzey und Schaub

Auch Frankfurt ist ein großer Verein mit noch größerer Fan-Basis, steht aber dennoch meist in der zweiten Reihe. 1980 dirigierte Österreichs Libero Bruno Pezzey Frankfurt zum UEFA-Cup-Sieg, das entscheidende Tor schoss der spätere Wahlösterreicher Fred Schaub.

Beide verstarben tragisch und früh.

Obwohl vor zwei Wochen in Barcelona keine Trophäe gewonnen wurde, gilt das 3:2 im Viertelfinale als "größtes Spiel der Vereinsgeschichte". Angetrieben von 30.000 Eintracht-Fans, die mit großer Kreativität Karten ergattert hatten, siegte das Team von Oliver Glasner verdient.

Der Oberösterreicher war bei der Ehrenrunde dabei: "Das überlasse ich sonst den Spielern. Aber im Camp Nou war es ein emotionaler Lohn, den du um kein Geld der Welt kaufen kannst. Dieser Abend hat sich in mein Herz gebrannt."

Übermannt von den Eindrücken, warf sich der 47-Jährige auf den Bauch und rutschte über den Rasen (Bild oben). Dass dabei Glasners Hose kaputt ging, war zu verkraften. Jetzt wartet ein neuer Höhepunkt.

Ungewöhnliche Bosse

Aufmerksamkeit erregen auch die Klub-Bosse. "The Dildo Boys" kursiert als Spitzname in London, weil die Eigentümer David Sullivan und David Gold ihre Millionen in der Pornobranche gemacht haben.

Der wortgewaltige Peter Fischer wurde bereits 2000 zum Eintracht-Präsidenten gewählt. Der 66-Jährige positioniert sich dezidiert links und mit Verständnis für die Eigenheiten der Fanszene. Im ZDF warnte Fischer die berüchtigten "Hammers" – die in den 70er-Jahren West Ham zum Inbegriff eines Hooligan-Vereins machten – davor, die vielen angereisten Frankfurter rund ums Stadion anzugreifen: "Unsere Fans würden sicher nicht davonlaufen."

Erinnerung der Rapidler

In der Arena selbst wird wieder auffallen, dass beim Bau des Olympiastadions von 2012 nicht an rivalisierende Fanblöcke gedacht wurde. Im September berichteten mitgereiste Rapid-Fans, dass sie von 1-Pfund-Münzen getroffen wurden. West-Ham-Insider wissen, dass sich in dem angrenzenden, nur wenige Meter entfernten Sektor bewusst "Hammers"-Fans versammeln, die Lust an der Provokation haben und die schwersten Münzen Europas (zehn Gramm) in den Gästesektor werfen.

Nach dem 2:0 gegen Rapid wurden beide Vereine von der UEFA für Fan-Verfehlungen bestraft.

Rückkehr der Rangers

Weniger brisant, aber dennoch spannend ist die Ausgangslage in Leipzig. Die Gastgeber wollen dem ersten Einzug eines Red-Bull-Teams in ein europäisches Finalspiel näherkommen. Die Gäste aus Glasgow haben zwar 1972 den Cup der Cupsieger gewonnen und standen 2008 im UEFA-Cup-Finale, doch 2012 folgte mit der Insolvenz der Absturz. Für die Rangers ist es also der vorläufige Höhepunkt eines außergewöhnlichen Comebacks.

Für sie gilt wie für West Ham und Frankfurt: Mit dem Europa-League-Titel wäre die Teilnahme an der Champions League fixiert, die sonst noch weiter entfernt scheint.

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