WM 2022: Das Schlusswort im Winter-Märchen

So geht’s: Die Scheichs hätten angeboten, die Luft in den WM-Stadien zu kühlen, aber die Verlegung in den Winter kommt billiger. Dafür könnten Europas Ligen entschädigt werden.
Kommende Woche wird der späte Termin für Katar fixiert. Die Hintergründe für die Verlegung.

So viel wurde vor dem ersten Pfiff bei einer Endrunde noch nie über eine Weltmeisterschaft diskutiert. Das steht schon sieben Jahre vor der WM 2022 in Katar fest.

Während die bei der Vergabe vermutete Korruption nie bewiesen werden konnte, ist die sommerliche Hitze im Wüstenstaat unumstritten. Deshalb hat die FIFA den Termin in den Winter verlegt. Die Aufregung in Europa ist groß – allerdings hat auch die UEFA zugestimmt. Das FIFA-Exekutivkomitee wird am 19. März das Winter-Märchen offiziell absegnen.

Geplant ist, die WM um vier Tage verkürzt, vom 21. November bis 18. Dezember in Katar (das Land ist so groß wie Oberösterreich) auszutragen. Der KURIER sprach mit zwei Beteiligten: Heinz Palme, der in Katar arbeitet, und Georg Pangl, der für Europas Ligen verhandelt.

Der Steirer Heinz Palme war schon für die FIFA, die UEFA sowie den ÖFB tätig und ist seit 2012 Direktor beim Sportsicherheitszentrum ICSS mit Sitz in Doha. Der 56-Jährige arbeitet auch mit dem WM-Organisationskomitee von Katar zusammen.

KURIER: Sie haben schon vor einem Jahr im KURIER eine Winter-WM vorhergesagt. Ist damit alles in bester Ordnung?

Heinz Palme: Im Winter kann alles perfekt umgesetzt werden, ich rechne mit einem tollen Event. Im Sommer wäre es hier unsinnig gewesen. Fest steht allerdings, dass die Entstehungsgeschichte unglücklich war und der Ablauf nicht professionell. Eigentlich geht es jetzt nur noch um die Schadensbegrenzung.

In Europa herrscht Empörung. Es müssen die Liga- und Europacup-Pläne umgekrempelt werden. Warum sollten sich alle der FIFA beugen?

Wenn es Veränderung gibt, gibt es in Europa auch Unzufriedene. Als die Champions League eingeführt wurde, war ich Mediendirektor der UEFA und musste mir damals, etwa in Barcelona, einiges anhören. Jetzt sind mit den Möglichkeiten der Champions League alle glücklich. Außerdem darf nicht vergessen werden: Auch die Mehrheit der UEFA-Vertreter muss der WM-Verlegung zugestimmt haben.

Werden sich die großen Ligen ihre Zustimmung noch teuer abkaufen lassen?

Das wird noch ein Gerangel werden, weil die FIFA nicht mehr zahlen will.

Verstehen Sie die Aufregung?

Ich bin nicht der Anwalt Katars, mein Arbeitgeber ICSS könnte den Sitz auch in Wien haben. Aber ich kann schon festhalten: Katar hat nichts falsch gemacht. Die behauptete Korruption wurde auch nicht bewiesen. Warum redet eigentlich niemand darüber, dass schon in drei Jahren in Russland eine WM stattfindet? Ich glaube jedenfalls, dass es am Ende auch mit der Winter-WM Zufriedenheit geben wird.

Der Burgenländer Georg Pangl, ehemals Liga-Vorstand, ist Generalsekretär der Vereinigung von (mittlerweile 31) europäischen Profi-Ligen mit Büro am Genfer See.

KURIER: Sie gelten als bestens informiert. Wird es 2022 tatsächlich in Katar die erste WM zur Adventzeit geben?

Ja. Nachdem jetzt einige Herren der FIFA draufgekommen sind, dass es in Katar im Sommer heiß ist.

Dafür ist man bei Europas Topklubs heiß wegen der Winter-WM. Erwarten Sie einen offenen Konflikt?

Es muss Kompromisse geben. Schließlich stellen Europas Klubs 75 Prozent der WM-Spieler. Und November/Dezember gilt nachweislich als die beste TV-Zeit mit den höchsten Quoten.

Laut spanischer Medienberichte soll Bayern-Boss Rummenigge für die Top-Klubs schon eine Erhöhung der Abstellungsgebühren ums Dreifache bei der FIFA herausverhandelt haben.

70 Millionen Euro hat es 2014 gegeben. Aber unserer Vereinigung der Profi-Ligen geht es nicht allein um die Top-Klubs, wir kämpfen um die Interessen der mittleren und kleineren Ligen.

Also auch um Österreich. Sehen Sie durch die Winter-WM große Nachteile für die Bundesliga?

Die Winter-WM wird auch Österreichs Fußball, egal ob sich die Nationalelf qualifiziert oder nicht, massiv beeinflussen. Denn der Spielbetrieb hat auf FIFA- Weisung überall am 12. November zu enden. Und nach der WM, deren Finale am 18. Dezember erfolgt, müssen die Klubs ihre Profis erneut sechs Wochen ohne Einnahmen durchfüttern. Wir werden daher auch für kleine Ligen – selbst wenn sie keine Spieler abstellen – finanzielle Entschädigung verlangen.

Das wird den Großen egal sein.

Irrtum. So ist der Chef der deutschen Bundesliga, Christian Seifert, massiv auf unserer Seite. Seifert sieht kleinere Ligen wie die tschechische und die österreichische als wichtiges Talente-Becken.

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