Beim SV Mattersburg mühen sich die verbliebenen Vorstandsmitglieder durch den Zahlensalat, die ihnen Martin Pucher – der Klubchef stolperte über den Bilanzskandal in seiner Bank – überlassen hat. Bis Freitag muss man bei der Bundesliga eine Stellungnahme abgeben. Kann man in der höchsten Liga weiterspielen? Setzt man den Spielbetrieb nur mit den Amateuren in der Regionalliga fort? Oder muss man gar Insolvenz beantragen?
Die Burgenländer wären nicht die Ersten, die sich unter Getöse aus dem Profifußball verabschieden. Fremdverschulden war bei keinem Verein dabei. Viele waren einem einzelnen Gönner ausgeliefert, viele arbeiteten mit beachtlicher Konsequenz am Niedergang, zumeist mit erstaunlich wenig Augenmaß.
Der erste Verein, der während der 1. Republik Konkurs anmelden musste, war der Simmeringer Sportclub im Jahr 1926. Liquidiert, fusioniert oder insolvent. Das hat in Österreichs Fußball Geschichte und schrieb Geschichten. Sei es bei Rapid Wien, dem GAK, FC Tirol oder Sturm Graz. Der KURIER gibt einen kleinen Überblick, ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Im Burgenland verabschiedete sich 1984 der SC Neusiedl nach nur zwei Jahren aus der obersten Spielklasse – wegen 200.000 Schilling Schulden. Der SC Eisenstadt machte es mit mehr Getöse, meldete 1988 nach dem Abstieg in die zweite Division erstmals Konkurs an. Durch einen Zwangsausgleich konnte man der Liquidation entgehen. 2008 brachten die Spieler einen Konkursantrag ein, der Masseverwalter zog sechs Runden vor Saisonende der Regionalliga Ost einen Schlussstrich, und die Geschichte des SC Eisenstadt nahm nach 101 Jahren ein unrühmliches Ende.
Rapid Wien
1991 kam es zur Gründung der Rapid AG, der Gang an die Börse endete 1994 mit einem Desaster. Der Chef der Rapid AG wurde in den USA wegen Geldwäsche verhaftet und die Wertpapiere waren plötzlich wertlos. Die Bank Austria, die die Rapid AG durch Firmeneinkauf unfreiwillig übernommen hatte, wollte den Traditionsverein zunächst sterben lassen oder, was für den Rapid-Anhang noch viel schlimmer gewesen wäre, mit dem Stadtkonkurrenten Austria Wien fusionieren. Schließlich ging ein Ausgleich mit 40-prozentiger Quote am 30. Juni 1996 durch, weil die Bank Austria eine Bankgarantie über 17 Millionen Schilling gab.
GAK
Das Team, das 2004 erstmals in der Klubgeschichte den Meisterteller geholt hatte, musste wegen der Eröffnung eines Konkursverfahrens 2007 absteigen. Es folgten zwei weitere Konkursverfahren. Im Winter 2012/’13 wurde der Spielbetrieb endgültig eingestellt. Der Nachfolge-Klub „GAC“ startete 2013 in der 8. Liga das Projekt Durchmarsch, als GAK gelang 2019 das Comeback in der 2. Bundesliga.
FC Tirol
Der Klub meldete 2002 nach drei Meistertiteln Konkurs an und löste sich nach Entzug der Lizenz auf. Der Manager wurde verhaftet, die Präsidenten und er später verurteilt. 2017 wurde die Abwicklung der 42-Millionen-Euro-Pleite beendet. Der Manager musste ins Gefängnis, die Präsidenten erhielten bedingte Haftstrafen.
Sturm Graz
Nach den Erfolgen um die Jahrtausendwende kam ein paar Jahre später das bittere finanzielle Nachspiel. Sturm-Patriarch Hannes Kartnig wurde 2006 aus dem Präsidenten-Amt entfernt. Am 25. Jänner 2007 nahmen 140 Gläubiger den Zwangsausgleich an.
Der VSE St. Pölten ging 1998, nach der Fusion mit dem Zweitdivisionär SV Gerasdorf, als FCN St. Pölten in die neue Saison. Im Jänner 2000 wurde von den Spielern der Konkursantrag gestellt, der Klub wurde aufgelöst, der SKN St. Pölten gegründet.
Vienna
Durch die Insolvenz des Hauptsponsors Care-Energy wurde 2017 auch die Vienna in die Insolvenz gerissen. Österreichs ältester Fußballverein, der First Vienna FC, hat im März 2017 beim Handelsgericht Wien den Antrag auf ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung gestellt.
Wiener Sport-Club
Zwei Mal folgte in den 1990er Jahren auf finanzielle Schwierigkeiten die Insolvenz, die darauffolgenden Verfahren konnten aber mit Ausgleichen abgeschlossen werden.
Kremser SC
1990 wurde die 40-prozentige Quote des Ausgleichsverfahrens seitens des Kremser SC bezahlt. 1996 meldete der Cupsieger von 1988 wegen Altlasten von mehr als einer Million Schilling Konkurs an.
Union Wels
1981/’82 gelang der erste und einzige Aufstieg in die erste Bundesliga. 1983 meldete der Klub Konkurs an und zog sich später aus dem laufenden Bewerb zurück.
FC Vöcklabruck
Altmetall-Händler Alois Resch drehte nach einer Saison in der zweiten Divison (2008/’09) den Geldhahn zu, der Klub wurde liquidiert.
DSV Leoben
Präsident Hans Linz musste im Finanzskandal rund um Wolfgang Auer-Welsbach (2010, 480 Millionen Forderungen) sogar ins Gefängnis. 2013 erfolgte (nach einem Intermezzo des Exzentrikers Adi Pinter als offizieller Berater) der Abstieg in die Landesliga.
FC Kärnten
2001 stiegen die Kärntner in die höchste Spielklasse auf. Ein Jahr nach der Gründung von Austria Kärnten stieg der FC Kärnten aus der Ersten Liga ab. Ein halbes Jahr später wurde in der Regionalliga der Spielbetrieb eingestellt.
Austria Kärnten
2007 ließ Landeshauptmann Jörg Haider die Lizenz vom amtsmüden Pasching-Boss Franz Grad kaufen, weil er einen Klub für das neu errichtete EM-Stadion brauchte. 2008 starb Haider, 2010 löste sich der Klub auf.
SC Schwanenstadt
Die Oberösterreicher stiegen 2005 in die zweite Liga auf. 2008 wurde der Verein aufgelöst, die Lizenz an Frank Stronach verkauft, der damit nach Wiener Neustadt zog.
SV Braunau
1993 waren die Braunauer in die Zweite Division aufgestiegen. Am 29. Jänner 2002 war mit Eröffnung des Konkursverfahrens endgültig Schluss, kolportierte 35 Millionen Schilling betrug die Schuldenlast.
Bad Aussee
Die tragischste Pleite in Österreichs Fußball-Geschichte. 2007 stiegen die Steirer in die zweite Liga auf. Der Gemeindebedienstete Hans Pehringer hatte zwar keine Funktion, trat aber als Manager auf. Je größer das Finanzloch wurde, desto weiter entfernte er sich von der Legalität. Im Jänner 2008 nahm er sich das Leben. Der Verein wurde 2010 aufgelöst.
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