Trainer-Legionär Rolf Landerl: "Das war tragisch und kurios"

Seit  vier Jahren gibt Trainer Rolf Landerl bei Lübeck den Ton an
Rolf Landerl macht sich als Lübeck-Trainer einen Namen. Die Erfahrungen mit zehn Vereinen aus sechs Ländern und Klopps Berater helfen dem Wiener.

Rolf Landerl ist ein Mann mit vielen Geschichten. Der 44-jährige Wiener zählt zu den insgesamt 193 Spielern, die genau einmal für das ÖFB-Nationalteam einliefen. Beim 2:6 in Deutschland kam es 2002 zu einem folgenschweren Zusammenstoß mit Sebastian Deisler (siehe unten).

Als Spielmacher noch ein Wandervogel, verläuft die Trainerkarriere unspektakulär, dafür aber umso erfolgreicher. Seit vier Jahren ist er in Lübeck, nun ist für den Coach des Zweiten der Regionalliga Nord nach einem 5:2 im Test gegen den großen HSV der Meistertitel das erklärte Ziel.

KURIER: In Lübeck wird gehofft, mit Ihnen aufzusteigen und Sie im Verein zu halten. Wie sehen Sie die Lage vor dem Duell mit Leader Wolfsburg II kommende Woche?

Rolf Landerl: Ich bin 2016 nach Lübeck gekommen, um eine Spielphilosophie zu entwickeln und dann den Aufstieg zu versuchen. Wir haben uns dem Ersten angenähert, der Zuschauerschnitt wurde verdoppelt. Wir haben vergangene Saison in den ersten vier Leistungsstufen die beste Defensive gestellt. Wolfsburg II ist uns finanziell und infrastrukturell weit voraus, aber wir wollen Erster werden.

Und wenn es nicht klappt?

Dann bin ich absolut bereit für den nächsten Schritt. Es hat schon einige interessante Anfragen gegeben, die ich mit Blick auf meinen bis Saisonende laufenden Vertrag bislang alle abgelehnt habe. Auch, weil ich von der Handschlagqualität bei Lübeck begeistert bin, die sonst immer mehr verloren geht, und Loyalität zu unserem Projekt zeigen wollte.

Dann bin ich absolut bereit für den nächsten Schritt. Es hat schon einige interessante Anfragen gegeben, die ich mit Blick auf meinen bis Saisonende laufenden Vertrag bislang alle abgelehnt habe. Auch, weil ich von der Handschlagqualität bei Lübeck begeistert bin, die sonst immer mehr verloren geht, und Loyalität zu unserem Projekt

Trainer-Legionär Rolf Landerl: "Das war tragisch und kurios"

Vielseitig: Beim Trainingslager in Spanien war Landerl Surfen

Sie spielten in sechs Ländern. Wie hat sich das ergeben?

Ich war kein Legionär aus Leidenschaft. Ab 1995 war ich bei Inter Bratislava, dann sieben Jahre in den Niederlanden. Nur Penafiel in Portugal war sportlich unglücklich gewählt. Meine Wechsel danach sind entweder aus finanziellen Problemen oder aus sportlicher Ausweglosigkeit entstanden – das war nicht immer mein Wunsch. Wie meine lange Zeit in Lübeck zeigt, bin ich keiner, der vor Aufgaben davonläuft.

Wie stehen Sie mit der Erfahrung von vielen Transfers Spielerberatern gegenüber?

Zuerst war mein Vater der wichtigste Berater. Dann hatte ich als Spieler verschiedene Manager.

Trainer-Legionär Rolf Landerl: "Das war tragisch und kurios"

Rolf Landerl als Admiraner (li.)

Als Trainer hab’ ich mir bislang alles selbst organisiert. Ich bin aber draufgekommen: Ohne Berater ist es in dem Business ganz schwer. Weil du als Trainer gar nicht die Zeit hast, zu prüfen, wo eine Tür aufgeht, welche Spielphilosophie gefragt ist oder welcher Typ gesucht ist.

Was schließen Sie daraus?

Du brauchst Profis neben dir, wenn du es in dieser speziellen Welt weit schaffen willst. Ich stehe nun in Kontakt mit den Experten der Beraterfirma „Project B“. Jürgen Klopp ist ihr prominentester Klient.

FBL-EUR-C1-LIVERPOOL-TRAINING

Jürgen Klopp

Planen Sie eine Rückkehr nach Österreich?

Ich bin sehr gerne in Deutschland und will hier gerne weiterarbeiten. Ausschließen will ich eine Rückkehr aber nicht. Von Interesse wäre als Trainer die Bundesliga oder ein ambitioniertes Projekt in der 2. Liga.

Wofür stehen Sie als Trainer?

Ich bin anpassungsfähig, ich schaue immer, was im Moment möglich ist. Grundsätzlich stehe ich für flexiblen Ballbesitzfußball mit Augenmerk auf Umschaltmomente.

In welchem Bereich sehen Sie selbst Ihre größte Weiterentwicklung?

Ich habe an Ruhe gewonnen, sowohl an der Linie als auch in der täglichen Arbeit. Um einen Spielstil entwickeln zu können, muss man Geduld haben. Mittlerweile habe ich ein internationales Trainerteam: Walter Franta ist mir von der Admira gefolgt. Er ist nicht nur als Tormanntrainer, sondern auch als Videoanalyst sehr wichtig. Neu dazu gekommen ist neben einem deutschen Assistenten der Portugiese Luis Diogo Campos, der schon große internationale Erfahrung gesammelt hat.

Gibt’s eine Station Ihrer Karriere, von der Sie am meisten mitgenommen haben?

Ich bin froh, dass ich so große Trainerpersönlichkeiten hatte wie Bert van Marwijk, Will van Hanegem oder Karel Brückner. Am meisten geprägt hat mich der holländische Fußball mit dem 4-3-3 und dem Positionsspiel. Das war am Anfang fußballerisches Neuland für mich.

Ihre ÖFB-Teamkarriere klingt tragisch mit nur einem Einsatz, der noch dazu mit zwei schwer verletzten Spielern geendet hat ...

... begonnen hat es mit einer ungewöhnlichen Vorgeschichte: Hans Krankls Co-Trainer Slavko Kovacic ist in meinem siebenten Jahr in Holland erstmals zuschauen gekommen. Nach einem Spiel gegen Feyenoord wurde ich 2002 sofort einberufen. Das war das Erfreuliche ...

Und das Unerfreuliche ...

... war, dass ich nach dem Zusammenprall mit Sebastian Deisler beim 2:6 in Deutschland fünf Monate verletzt ausgefallen bin und nie wieder eine Chance im ÖFB bekommen habe.

Hatten Sie noch Kontakt mit Deisler, dessen Karriere danach ebenfalls nicht nach Wunsch verlaufen ist?

Nein. Er hat sich am Knie verletzt und die WM verpasst, bei mir war die Schulter kaputt. Dabei war es von keinem ein Foul. So etwas habe ich nie wieder im Fußball erlebt. Das war tragisch und kurios.

Sind Sie enttäuscht, dass Sie seither in Österreich kaum noch ein Thema waren?

Manchmal glaube ich schon, dass der Prophet im eigenen Land nichts zählt. Trotz allem ist eine Rückkehr für mich nicht abwegig.

Kommentare