Stronachs Weltmeister

Wolfgang Winheim
Tagebuch: Die Fußballgemeinde weiß bis heute so recht, ob Stronach gut oder schlecht war für den heimischen Kick

Titelverteidiger Österreich startet die WM-Qualifikation für 2014 am 11. September gegen Deutschland.

Schon am 28. Juli weiht die Austria mit dem ersten Liga-Heimspiel gegen Sturm Graz ihr neues 40.000er-Stadion  am südlichen Stadtrand Wiens in Rothneusiedl ein.

Passend zu diesen Fantastereien ließe sich eine alte Platte von Austria-Anhänger Wolfgang Ambros auflegen. "Zwickt’s mi, i man i tram."

Und der einstige Austria-Mäzen Frank Stronach könnte sich eines Zitats von Deutschlands erstem Bundeskanzler Konrad Adenauer bedienen: "Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern."

Vorvorvorgestern hatte Stronach als Bundesliga-Präsident tatsächlich angekündigt, dass Österreich 2010 Weltmeister sein wird.  Vorvorgestern verkündete er, dass das Austria-Stadion in Rothneusiedl "sicher gebaut wird".

Utopist

Mittlerweile weiß  Stronach, dass die Fußball-Prognosen ähnlich unrealistisch waren, wie es jetzt die Hoffnungen auf ein bald schuldenfreies Europa sind. Und unsereiner vom Sport wiederum weiß, dass es, obwohl die sensationellen EM-Quoten das Gegenteil vermuten ließen, im Moment größere Sorgen gibt als Fußball.  
 
Was indes niemand aus der Fußballgemeinde bis heute so recht weiß: Ob Stronach, der wenige Wochen vor seinem 80. Geburtstag politische Ambitionen hat, gut oder schlecht war für den heimischen Kick.

Einerseits kam die Austria dank seiner Millionen bis ins Europa-League-Viertelfinale, andrerseits hat der Big Spender die nationalen Preise ruiniert.

Einerseits hat Stronach gutgläubig Spitzbuben finanziert, andrerseits den heutigen deutschen Teamchef Joachim Löw als Austria-Trainer abgesetzt und Toni Polster wegen einer Ungereimtheit um 170 Euro sogar Hausverbot bei Austria erteilt:

Pionier

Einerseits  hat  Stronach  viel zu viele Legionäre importiert, andrerseits in Hollabrunn eine (inzwischen geschlossene) Nachwuchs-Akademie gegründet, von der Österreichs Fußball noch heute profitiert.

Lindner (Austria); Madl (Sturm Graz), Dragovic (FC Basel), Ramsebner (Wiener Neustadt), Ulmer (RB Salzburg); Gorgon (Austria), Grünwald (Austria), Alaba (FC Bayern), Suttner (Austria); Okotie (Sturm),   Simkovic (Austria). Austausch:  Siebenhandl (Wiener Neustadt), Leovac (Austria), Saurer (Innsbruck), Dilaver (Austria), Tadic (Wiener Neustadt). Diese Auswahl ist zwar nicht Weltmeister, aber sie ließe sich  ausnahmslos aus ehemaligen Stronach-Akademikern bilden, die noch viel Luft nach oben haben.


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