Österreichs Nationalteam zieht momentan von einem Stadion zum anderen. Am Freitag findet das dritte Heimspiel in der Qualifikation für die EURO 2020 im dritten Stadion statt: Nach dem Happel-Stadion in Wien und dem Wörthersee-Stadion in Klagenfurt ist die Red-Bull-Arena in Salzburg an der Reihe. Rund 15.000 Tickets wurden für das Spiel gegen Lettland bisher verkauft.
Seit Monaten toben heftige Diskussionen um ein neues Nationalstadion. Das Happel-Stadion würde nicht mehr den Anforderungen an eine moderne Arena entsprechen, meinen die Befürworter eines Neubaus. Die Gegner führen hingegen die zu erwartenden Baukosten in dreistelliger Millionenhöhe an, die aufgrund der wenigen Länderspiele nicht vertretbar wären.
Der ÖFB ist einer von 55 Fußballverbänden, die der UEFA angehören. Alle nehmen an der EM-Qualifikation teil. Der KURIER gibt den Überblick, wie die Stadionsituation für Nationalteams ist.
Wie viele Teams spielen in einem Stadion, wie viele in verschiedenen?
Das Verhältnis beträgt ziemlich genau 2:1. 36 der 55 Qualifikationsteilnehmer tragen ihre Heimspiele in immer demselben Stadion aus, 19 ziehen wie Österreichs Team durchs Land. Eine Tendenz ist klar: Kleinere Länder haben eher nur eine Spielstätte als größere. Dafür gibt es eine Erklärung: In Deutschland, Italien oder Spanien, die alle keine fixe Heimstätte haben, gibt es viele Stadien, die für Länderspiele infrage kommen. In Malta, Andorra, Gibraltar oder San Marino gibt es hingegen nur ein Stadion, das UEFA-tauglich ist.
Wie schaut es in der österreichischen Qualifikationsgruppe aus?
In Warschau wurde um 465 Millionen Euro für die EURO 2012 ein Nationalstadion errichtet. In diesem trägt Polens Team alle Qualispiele aus, auch am 9. September gegen Österreich. Das PGE Narodowy fasst 58.000 Zuschauer. Ein Stadion nutzen auch Lettland (Daugava-Stadion in Riga), Slowenien (Stadion Stožice in Ljubljana) und Nordmazedonien (Toše-Proeski-Arena in Skopje).
Israel spielte gegen Österreich im Sammy-Ofer-Stadion in Haifa, trägt aber Partien auch im Teddy-Stadion in Jerusalem und im Turner-Stadion in Be’er Sheva aus. Das Ramat-Gan-Stadion in Tel Aviv, von 1956 bis 2014 Heimat des israelischen Teams, entspricht dafür nicht mehr den UEFA-Anforderungen.
Wie ist die Lage bei Österreichs Nachbarn?
Das deutsche und das italienische Team sind traditionell als Wanderzirkus unterwegs. Auch in Tschechien und der Schweiz gibt es keine fixe Heimstätte. Slowenien spielt immer in Ljubljana, Liechtenstein in Vaduz und Ungarns Team noch in der Groupama Aréna, dem neuen Stadion von Ferencvaros Budapest.
Der Bau des neuen Nationalstadions in Ungarns Hauptstadt ist in der Endphase. Das Puskás-Stadion kostet rund 670 Millionen Euro und fasst 67.000 Zuschauer. Die Slowakei spielt noch in Trnava, bald aber wieder in Bratislava. Dort wurde im Frühjahr das neue Nationalstadion eröffnet. Es kostete nur 75,2 Millionen Euro, ist mit 22.500 Sitzplätzen aber auch klein.
Spielen die Nationalteams immer in den Nationalstadien?
Nicht zwangsläufig. Die Türkei trägt etwa ihre Spiele nicht im Atatürk-Olympiastadion (75.174 Sitzplätze) aus. Trotzdem wird in Istanbul in drei modernen Arenen gespielt. Der Vodafone Park (Besiktas) fasst 42.000, das Sükrü Saracoglu Stadion (Fenerbahce) 50.000 und das Türk Telekom Stadion (Galatasaray) 52.000 Zuschauer.
Auch das neue Nationalstadion in Bukarest ist nicht immer Heimat des Nationalteams. Gegen Fußballzwerge wird in die Provinz ausgewandert. Die Arena Nationala ist mit 55.600 Plätzen für solche Spiele zu groß geraten.
Werden die Nationalarenen auch immer von Vereinen genützt?
Nur ein Teil. Im Nationalstadion in Bratislava spielt auch der slowakische Meister Slovan, im Parken, der Heimat des dänischen Teams, der FC Kopenhagen, in der Friends Arena, dem schwedischen Teamstadion, AIK Solna. Andere Nationalteamstadien wie das Wembley-Stadion in London, das Aviva Stadion in Dublin oder das König-Baudouin-Stadion in Brüssel beheimaten keinen Klub.
Wie ist die aktuelle Situation in Österreich?
Ein KURIER-Interview mit Wiens Sportstadtrat Peter Hacker, in dem der SPÖ-Politiker einem neuen Nationalstadion eine klare Absage erteilte, hat für Aufregung gesorgt. Derzeit ist der ÖFB auf Standortsuche. Das Land NÖ hat über die Wirtschaftsagentur ecoplus im Juli Vorschläge gemacht. Die niederösterreichische Stadt Bruck/Leitha hat sich mit einem Stadion nahe der Ostautobahn selbst ins Spiel gebracht.
Das Happel-Stadion gehört mit dem Eröffnungsjahr 1931 zu den allerältesten Nationalstadien in Europa.
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