Wie ein Multikulti-Trainer mit St. Pauli Pokal-Geschichte schreiben will
Aufmüpfige Handwerker, Gastwirte, psychisch Kranke, Arme und Prostituierte – in St. Pauli, dem Ort vor den Toren der Stadt Hamburg, ließen sich die Unerwünschten nieder. Seit Anfang der 1980er-Jahre waren es die Hausbesetzer, die den Ruf von St. Pauli als Hort des Widerstandes, des Andersseins, des Aufruhrs, stärkten. In St. Pauli ist auch das Rotlichtviertel Hamburgs, der sogenannte Kiez. Der Stadtteil wurde ebenso Kult wie sein fußballerisches Aushängeschild mitsamt seiner Spielstätte dem Millerntor-Stadion im Herzen von St. Pauli.
Dass die Kiezkicker Erster der 2. Bundesliga sind, daran hat Fabian Hürzeler maßgeblichen Anteil. Der ist seit etwas mehr als einem Jahr Cheftrainer, übernahm mit erst 29 Jahren. Von 39 Spielen unter seiner Leitung wurden nur zwei verloren, er hat einen Schnitt von 2,28 Punkte pro Spiel. Hürzeler wird nicht müde, die Defensivarbeit des Teams als Grundlage für die erfolgreiche Spielweise zu propagieren.
„Das hat teilweise nicht immer Spaß gemacht. Es ist aber der entscheidende Punkt und vielleicht sogar der Schlüssel dafür, dass wir die ersten beiden Spiele gewonnen haben“, erklärte Abwehrspezialist Hauke Wahl. Die gute Defensivarbeit verhindert aber keineswegs ein kreatives und attraktives Spiel bei eigenem Ballbesitz. Topscorer ist Marcel Hartel. Der Dauerläufer und Spielmacher musste unter Hürzeler aber die eine oder andere Defensivarbeit erledigen und ab und zu mehr Zielstrebigkeit zeigen.
Multikulti-Trainer
„Ich habe zwei Perspektiven. Die eine ist, dass St. Pauli für Bescheidenheit und Demut steht. Wir haben auch sportliche Ambitionen, ohne nun zu sagen: Wir müssen aufsteigen. Doch wir wissen, dass eine Spielzeit ein Marathonlauf ist – kein Sprint“, sagte Hürzeler. Der Sohn einer Deutschen und eines Schweizer Zahnarztes wurde in Houston geboren und hat die Staatsbürgerschaft Deutschlands, der Schweiz und der USA. Aufgewachsen ist er in München, wo er in der Akademie der Bayern als Fußballer ausgebildet worden ist. Er spielte aber nur in der Zweiermannschaft in der Regionalliga – mit den Österreichern Kevin Friesenbichler, Toni Vastic, Alessandro Schöpf oder Christian Derflinger.
In der höchsten Bundesliga hatte der FC St. Pauli 2010/2011 ein letztes Kurz-Gastspiel – seit 1963 verbrachte man dort acht Saisonen. Am Dienstag kann der Verein aber gegen Düsseldorf erstmals seit 18 Jahren wieder ein Halbfinale im Cup erreichen. Zuletzt gewann man in Düsseldorf 2:1.
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Dass es zu einem Österreicher-Duell kommt, ist sehr unrealistisch, denn der 22-jährige David Nemeth durfte bei St. Pauli zuletzt im September letzten Jahres spielen, verbrachte die letzten 14 Spiele auf der Bank. Und gar erst am Montag kam Marlon Mustapha zu Düsseldorf. Der 22-jährige Stürmer wurde von Como ausgeliehen. Mustapha war erst im Sommer von Mainz in die Serie B gewechselt.
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