Freund beim FC Bayern: "Er soll zu Hoeneß an den Tegernsee fahren"
Diesen Freitag tritt Christoph Freund beim FC Bayern sein Amt als Sportdirektor an. Was kommt auf den Salzburger Erfolgsmanager zu? Welchen Herausforderungen muss er sich stellen? Und welche Fehler sollte er tunlichst vermeiden?
Der Journalist Christian Falk ist Fußball-Chef der Bild-Gruppe und verfolgt den FC Bayern seit Jahrzehnten.
KURIER: Ist die Ausgangslage für Christoph Freund denn eine schwierige?
Christian Falk: Ich finde, es ist ein guter Zeitpunkt, um beim FC Bayern einzusteigen. Die Transfers sind getätigt, das wurde alles schon vor ihm erledigt. Und dann hat Christoph Freund in meinen Augen noch einen Riesenvorteil.
Nämlich?
Dass er die Idee von Uli Hoeneß war. Und wenn man ihn auf seiner Seite hat, dann hat man beim FC Bayern schon einmal ein großes Pfund. Wenn man dem Christoph Freund einen Rat geben darf, den er beherzigen sollte, dann: Dass er ein bis zwei Mal im Monat an den Tegernsee zu Uli Hoeneß fahren soll. Wenn man bei ihm daheim am Tegernsee sitzt, dann sitzt man richtig. Das war ja auch einer der großen Fehler von Oliver Kahn, dass er nicht so oft dort auf der Couch gesessen ist.
Worauf wird es für Freund bei den Bayern ankommen?
Die große Kunst für einen Sportdirektor beim FC Bayern ist es, alles richtig zu moderieren. 50 Prozent des Jobs sind die Mannschaft und die Transfers, die anderen 50 Prozent sind das Gebilde mit Uli Hoeneß, Karl Heinz Rummenigge und den anderen. Die muss man alle mitnehmen und auf seiner Seite haben. Aber das hat er drauf.
Woran machen Sie das fest?
Ich habe ihn schon kennengelernt und weiß deshalb, dass er etwas ganz Entscheidendes mitbringt. Christoph Freund geht gut mit Medien um, er kann Medienarbeit, er kann sich gut verkaufen. Und dann kommt auch noch der Ösi-Faktor dazu.
Der Ösi-Faktor?
Er bringt die gewisse Lockerheit mit, die es bei den öffentlichen Auftritten braucht. Ihr Österreicher seid da ohnehin noch eine Spur lockerer. Insofern tut Christoph Freund dem FC Bayern sicher gut. Er wird sich jeden Spieltag hinstellen müssen und Sachen erklären, die nicht immer in das Fach des Sportdirektors fallen. Aber er ist der erste Mann an der Front, wir wissen, wie die Medien rund um den FC Bayern in München sind. Da geht’s noch einmal anders zur Sache als bei anderen Klubs.
Wie ist die öffentliche Wahrnehmung und Erwartungshaltung der Bayern-Fans?
Die Leute, die sich mit dem Fußballgeschäft beschäftigen, wissen, dass er einen guten Ruf hat und was er in Salzburg bewegt hat. Für den Bayern-Fan an sich war die Personalie schon eine große Überraschung. Christoph Freund hat nie beim FC Bayern gespielt, das war in der Vergangenheit ja fast schon eine Grundvoraussetzung, um bei diesem Verein arbeiten zu dürfen. Aber das ist vielleicht auch ein Vorteil, dass er von außen kommt. Er steht nicht von Beginn an unter dem Brennglas.
Braucht man beim FC Bayern ein besonders dickes Fell?
Die Aufgabe ist schon eine sehr, sehr spezielle Position. Die gibt es in dieser Form weder in Österreich noch bei irgendeinem anderen Verein in Deutschland. Christoph Freund wird nicht nur an den Transfers gemessen, wenn Unruhe ist beim FC Hollywood – und die ist nicht selten – dann wird er gefragt sein. Und er wird auch schnell zum Gesicht des Vereins werden, in guten wie in schlechten Zeiten. Diesen Druck muss er aushalten. In Salzburg konnte er in Ruhe arbeiten. Viel Ruhe gibt es beim FC Bayern nicht. Der große Unterschied ist: In Salzburg wird man kritisiert, wenn man nicht Erster ist. Beim FC Bayern kannst du die Tabelle anführen und trotzdem arg in der Kritik stehen.
Was erhoffen sich die Klubverantwortlichen von ihm?
Ich weiß, dass große Hoffnungen auf ihm ruhen. Er muss keine Transfers wie Mané präsentieren, von ihm wird mehr erwartet, dass er die Jugendarbeit auf Vordermann bringt, damit es wieder Schweinsteigers und Alabas gibt, die aus dem Nachwuchs in die Mannschaft kommen.
Ein schwieriger Spagat. Von Bayern werden ja auch jedes Jahr drei Titel erwartet.
Das ist ein Spagat, aber es muss einfach funktionieren. Der FC Bayern kann nicht jeden Sommer 120 Millionen Euro für einen Spieler wie Harry Kane ausgeben. Der Anspruch ist, dass es Christoph Freund gelingt, junge Spieler einzubauen.
Sehen Sie sonst noch mögliche Stolpersteine?
Christoph Freund muss schon aufpassen, dass er alle mit ins Boot holt. Beim FC Bayern tut man gut daran, im Klub Everybody’s Darling zu sein. Und das geht nur, wenn er alle mitnimmt. In diesem Verein gibt es einige Granden mit eigenen Meinungen. Das muss er halt moderieren. Und das wird die ganz große Kunst werden.
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