Solskjær verleiht Flügel: Endlich wieder United

Ole Gunnar Solskjær hat den Durchblick: Unter ihm gab es in elf Spielen gleich zehn Siege
Trainer Ole Gunnar Solskjær hat in Manchester Euphorie entfacht. Seine Zukunft ist ungewiss.

Über die tatsächliche Wirkung eines Trainerwechsels wird im Fußball gerne diskutiert. Dass es den sogenannten Trainer-Effekt etwa gar nicht gibt, will der Spiegel schon 2011 nach der Auswertung von 150 Trainerwechseln herausgefunden haben. Jene, die von Statistiken überhaupt nichts halten, fühlen sich vermutlich gerade jetzt wieder bestätigt. Elf Spiele, zehn Siege und ein Remis – das ist die Bilanz von Ole Gunnar Solskjær, seit er am 18. Dezember Manchester United von Jose Mourinho übernommen hat. Mehr Trainer-Effekt geht nicht.

Der Norweger, der von 1996 bis 2007 für die Red Devils gespielt und sich mit dem 2:1-Siegestor im legendären Champions-League-Finale 1999 gegen die Bayern selbst ein Denkmal gesetzt hatte, hat aus dem englischen Rekordmeister wieder eine Mannschaft gemacht, die man auf der Rechnung haben muss.

Nach neun Partien in der Premier League und zwei im FA-Cup feiert der 45-Jährige heute seine Premiere auf der großen internationalen Bühne. Im Achtelfinal-Duell mit Paris Saint-Germain, bei dem Weltstar Neymar verletzt fehlt, sind die Engländer nicht mehr Außenseiter. Und dank des Norwegers träumen die United-Fans plötzlich wieder von Größerem.

Jan Åge Fjørtoft ist von Solskjærs Erfolgslauf nicht überrascht. Der einstige Rapid-Torjäger stürmte 1996 im norwegischen Nationalteam mit der Manchester-United-Legende. „Schon damals war auffällig, wie gut und viel Ole Gunnar von anderen gelernt hat. Er war auch deshalb der perfekte Joker, weil er das Spiel in allen Details genau verfolgte und auch lesen konnte. Diese Fähigkeit hat er in das Traineramt mitgenommen“, erklärt Fjørtoft im Gespräch mit dem KURIER.

Die Wahl als Feuerwehrmann fiel auch wegen Solskjærs größtem Lehrmeister auf den Norweger. „Der Verein suchte nach jenem Ferguson-Schützling, der am ehesten diese Werte wiederbeleben kann. Ole Gunnar hat diese DNA von ManUnited, während Mourinho diesen Klub nie wirklich verstanden hat“, meint Fjørtoft, der als TV-Reporter regelmäßig in England tätig ist.

Größte Stärke

Als Typ steht Solskjær für „Freude und Positivität“, das wäre nach der Mourinho-Ära auch bitter notwendig gewesen. „Alles war negativ und deprimierend. Seine größte Stärke ist, dass Solskjær nicht Mourinho ist. Schlüsselspieler wie Pogba und Rashford sind wieder aufgeblüht“, erzählt Fjørtoft, der aber auch grundsätzliche Änderungen feststellt: „Nach den ersten Siegen hat er sein Konzept eingebracht. Jetzt wird viel schneller nach vorne gespielt und auch gedribbelt.“

In Solskjærs Heimat ist die Euphorie riesig: „Der TV-Sender mit Abo für die Premier League verzeichnet Rekorde. Das Spiel gegen Arsenal hat medial sogar das parallel stattfindende Semifinale der Handball-WM mit Norwegen verdrängt.“ Norwegische Zeitungen, wie etwa Dagbladet, haben sogar für sechs Monate einen Korrespondenten nach Manchester entsandt.

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Legendär: Solskjærs Siegestor im CL-Finale 1999 gegen die Bayern

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Der Torjubel Solskjærs ist in Old Trafford verewigt

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Ronny Johnsen (l.) und Kollegen herzten Solskjær

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Solskjær (l.) mit Johnsen und Teddy Sheringham

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Solskjær und der begehrte Pokal

Die Euphorie um Solskjær ist grenzenlos. Und das, obwohl im Moment noch niemand wirklich weiß, wie es weitergeht mit dem Interimstrainer. Denn der 45-Jährige ist nur ausgeliehen von seinem Stammklub Molde FK, wo er seit 2015 zum zweiten Mal Trainer ist und bis 2021 unter Vertrag steht. Für dieses Leihgeschäft bis Sommer soll der Klub aus Norwegen zwei Millionen Euro erhalten.

Øystein Neerland, Managing Director von Molde FK, macht einen gelassenen Eindruck. Auf die Frage nach der Zukunft seines Trainers ist der Klubmanager bestens vorbereitet. „Sie können sich vorstellen, dass Sie nicht der Erste sind, der diese Frage stellt. Aber wir sind diesbezüglich entspannt.“ Man gehe davon aus, dass Solskjær ab 1. Juni wieder Molde coacht. „Er wird zurückkommen, wir planen mit ihm“, betont Neerland.

Rekord-Ablöse

Gut möglich allerdings, dass United den „Babyface-Killer“, wie er einst als Spieler genannt wurde, nicht mehr hergeben will. Für diesen Fall gebe es laut Sky eine bereits vereinbarte Ablösesumme über acht Millionen Euro. Die höchste Summe, die Molde bisher kassiert hat, waren 4,5 Millionen Ablöse für Stürmer Mame Diouf, der 2009 verkauft wurde – und zwar an Manchester United.

Neerland will diese Ablöse-Klausel nicht bestätigen. Der Erfolg „seines“ Trainers überrascht aber auch ihn nicht. „Er arbeitet jetzt zwar auf einem anderen Level, aber es ist immer noch der gleiche Sport. Und er ist ein guter Typ. Es ist leicht, Ole Gunnar zu mögen.“

Jan Åge Fjørtoft glaubt nicht, dass Molde seinen einstigen Kollgen zurück bekommt. „Es kursiert nur eine Variante ohne ihn: Wenn Juventus Zidane bekommt, könnten sie Allegri im Sommer an United abgeben. Aber alle Norweger wünschen Ole Gunnar, dass er in Manchester bleibt.“

Der Videobeweis feiert Premier in der Champions League

In Russland feierte der Video-Assistant-Referee („VAR“) seine WM-Premiere. Ab Sommer führt ihn mit der Premier League die letzte große Liga in Europa ein. Selbst in Polen und Tschechien kommt er schon zum Einsatz. Klar, dass die UEFA nachziehen musste. Am Dienstag ist der VAR erstmals in der Champions League im Einsatz.

Auf dem Platz stehen werden in der Königsklasse nur noch Unparteiische, die Erfahrung mit dem System aus ihrer  nationalen Liga oder von der WM-Endrunde haben. Anders als in Russland werden die Video-Assistenten nicht in einem zentralen Studio, sondern in einem Van im Umkreis des jeweiligen Stadions sitzen. „Die UEFA-Sprache ist Englisch, unser Ziel ist aber, dass die Video-Assistenten aus dem selben Land kommen, wie die Referees auf dem Platz“, erklärt Roberto Rosetti, der Pierluigi Collina als Schiedsrichter-Chef bei der UEFA abgelöst hat.

So wird die Partie zwischen Manchester United und Paris heute von einem  italienischen Gespann „überwacht“. Gleich bleiben die Vorgaben: Der VAR darf nur bei klaren Fehlentscheidungen eingreifen, die Elfmeter, Ausschlüsse, Torerzielungen oder die Verwechslung eines Spielers (bei Roter, Gelb-Roter oder Gelber Karte) betreffen.

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