Prödl und Klein: "Der Name Rangnick ist größer als die Mannschaft"

Sebastian Prödl und Florian Klein
Sebastian Prödl und Florian Klein über Teamchef Ralf Rangnick, die künftige Spielweise - und welche Rolle Marko Arnautovic einnehmen könnte

Sie haben gemeinsam 118 Länderspiele für Österreich absolviert, spielten zusammen die EURO 2016 und wechselten als Experten die Seiten zu ServusTV. Florian Klein, der Teamchef Ralf Rangnick 2012 bei Salzburg kennenlernte, und Sebastian Prödl  sehen mit Spannung der neuen Ära rund um das ÖFB-Nationalteam entgegen.

KURIER: Hat Sie die Bestellung von Ralf Rangnick zum Teamchef  überrascht?

Florian Klein: Ja schon. Ich war mit Basti beruflich unterwegs, als wir die Schlagzeilen gelesen haben. Einen Trainer, der noch bei Manchester United unter Vertrag ist, als Teamchef zu gewinnen, ist schon etwas ganz Großes.

In der Vergangenheit galten oft viele Kandidaten als zu teuer und nicht finanzierbar. Diesmal hat es geklappt. War das die Überraschung?

Sebastian Prödl: Dem ÖFB ist ein toller Marketing-Coup gelungen, der Name ist groß. Ich glaube, er ist keine teure Lösung. Er ist ein Fachmann, der gewillt ist, sich für die EM 2024 zu qualifizieren.  Er sieht das Potenzial hier in der Mannschaft. Ich glaube nicht, dass sich der ÖFB finanzieller Mittel beraubt hat.

FBL-GER-CUP-LEIPZIG-HOFFENHEIM

Eine Umwegrentabilität?

Prödl: Kann sein. Ich hatte während der Phase Kontakt zum ÖFB, und da ist durchgesickert, dass der finanzielle Aspekt kein Stolperstein war.

Ist der ÖFB über seinen Schatten gesprungen?

Klein: Finanziell kann ich es nicht beurteilen. Ich glaube, es ist eine Eigenmotivation von Ralf Rangnick. Er kennt einige Spieler und weiß, was möglich ist. Auf dieser Ebene kann er beweisen, was in ihm steckt. So gesehen ist der ÖFB über seinen Schatten gesprungen. Es hat mit Andreas Herzog und Peter Stöger die österreichischen Lösungen gegeben, beide wären auch gut gewesen. Mit Rangnick hat man einen Trainer, wo der Name größer ist als die Mannschaft.

Hat er etwas zu verlieren?

Klein: Jeder Trainer hat etwas zu verlieren. Man muss sich immer beweisen, gleich ob als Trainer oder als Spieler. Sein Name ist groß im deutschsprachigen Raum, doch der Kredit ist schnell verbraucht, wenn die Ergebnisse nicht stimmen.

Sport Talk mit Sebastian Prödl und Florian Klein

Wurde mit Rangnick die Forderung in Richtung „Red-Bull-Fußball“ erfüllt?

Prödl: Man darf das Thema nicht zu versteift sehen, auch wenn Salzburg klar das stärkste Team in Österreich ist. Damit hat man sich begeistern und infizieren lassen. Das 1:1 auf ein Nationalteam umzusetzen, wäre fatal. Es handelt sich ja um einen langen Prozess, den Rangnick  angestoßen hat vor vielen Jahren. Dafür brauchst du Zeit, die du im Team nicht hast.  Wir werden eine Veränderung sehen, wir haben einen großen Pool an guten Spielern. Ich hoffe, dass er nicht nur die Aufgabe als Teamchef wahrnimmt, sondern auch im Verband an Einfluss gewinnt.

Wie haben Sie die Zusammenarbeit mit Rangnick von 2012 bis 2014 in Salzburg in Erinnerung?

Klein: Er war damals Sportdirektor und nicht Trainer, hat alles ins Rollen gebracht. Er hat auf allen Ebenen Leute eingesetzt, von denen er gewusst hat, dass sie seine Ideen umsetzen. Er arbeitet akribisch. Es wird sicher hochprofessionell ablaufen. Rangnick ist von einer Fußball-Philosophie absolut überzeugt, für ihn gibt es nur die. Österreich wird sicher keinen abwartenden Fußball spielen.

Prödl: Rangnick hat eine klare Philosophie, bei all seinen Stationen. Bei Manchester United hat man gesehen, dass das nicht von heute auf morgen geht.

Klein:  Überall, wo er war, hat er sich seine Mannschaft zusammenkaufen können. Das geht beim Team nicht. Und vielleicht sieht er Spieler mit Potenzial für die Zukunft. Aber wenn ich Fan des Teams bin, will ich die besten Spieler sehen.

Fußball, Oesterreich - Schottland

Was wäre die Lösung? Ein Kompromiss?

Klein: Eine Qualität eines Trainers ist auch, Spieler von meiner Idee zu überzeugen, auch wenn ich nicht genau weiß, ob sie das derzeit spielen können, was ich möchte. Er könnte beispielsweise einen Marko Arnautovic mit ins Boot nehmen, mehr für die Mannschaft zu arbeiten, wenn er gleichzeitig selbst davon profitiert, weil er viel weiter vorne anpressen kann.

Prödl: Interessant ist auch die Zeit-Komponente, Rangnicks Vertrag läuft ja nur zwei Jahre, und  2024 ist die EM. Bei einem Sechsjahresvertrag kann man langfristig etwas aufbauen, das fällt hier weg.

Ein neuer Trainer kommt, die Karten werden neu  gemischt. Welche Spieler erhalten eine Chance?

Prödl: Jeder wird eine Chance bekommen. Diskutiert wurde zuletzt natürlich über Marko Arnautovic. Er ist für mich ein anpassungsfähiger Spieler, wenn man bei ihm die richtigen Worte findet. Er muss nicht zittern, aber sich auf eine andere Art der Leistung berufen. Ich sehe darin kein Problem.

Klein: Er würde sogar profitieren. Unter Marcel Koller haben wir auch Pressing und einen intensiven Fußball gespielt, mit Marko. Er kann immer noch den Unterschied ausmachen. Vielleicht muss er sich damit abfinden, dass er nicht immer von Beginn an spielt.

Wo wird  Alaba spielen?

Prödl: Er hat unglaubliche Qualitäten. Es wäre vermessen zu sagen, wo er spielen muss. Wenn ich mir den Kader ansehe und Davids Leistungen heranziehe, sehe ich ihn schon in der Innenverteidigung. Wobei, diesem Nationalteam würde auch eine Dreierkette gut stehen.

RB Leipzig vs. 1. FC Union Berlin - DFB-Pokal - Halbfinale

Wer könnte von Rangnick besonders profitieren?

Klein: Konrad Laimer sicher, Xaver Schlager, Seiwald.  Generell werden viele Spieler profitieren und sich entwickeln.

Prödl: Manche Spieler müssen sich entwickeln und von Leistungsträgern zu Führungsspielern werden. Ihr Können zeigen sie bei ihren Vereinen, es ist an der Zeit, Sprachrohr im Team zu werden.

Setzt Rangnick auf eine klare Hierarchie, die das Team vielleicht braucht?

Klein: Eine Hierarchie entwickelt sich in der Mannschaft, die bestimmt nicht allein der Trainer. Er hat aber sicher Einfluss darauf. Beim Verein leichter mit Transfers. Ich sehe genug Typen wie David und Marko. Dahinter muss sich noch mehr entwickeln. Auch bei uns damals war es auf viele Schultern verteilt. Auch ein Marcel Sabitzer kann sich als Leader zeigen.

Es geht die neue Ära im Juni mit vier Spielen in der Nations League los. Was darf man erwarten?

Prödl: Fürs Phrasenschwein: man hat nichts zu verlieren. Man kann den Status quo eruieren, wo man steht mit der Spitze. Wir werden uns jetzt nicht über die Nations League für das nächste Turnier qualifizieren.

Kommentare