Salzburgs Champions-League-Drama: Antworten auf die Elferfrage

Salzburgs Champions-League-Drama: Antworten auf die Elferfrage
Salzburg vergab in Sevilla zwei Strafstöße. Betrachtungen vom und über den ominösen weißen Punkt.

Nein, es kann doch für einen professionellen Fußballer nicht so so schwer sein, dem Tormann jedes Eingriffsrecht zu entziehen und die Wuchtel aus läppischen elf Metern irgendwo in diesem 7,32 Meter breiten und 2,44 Meter hohen Rechteck zu versenken. Schmal ist der Grat, zwischen Versagen und der als logisch erachteten Pflichterfüllung. Doch was der Betrachter aus der Couch- oder Tribünenperspektive nicht wahrhaben will, passiert immer wieder. Statistisch gesehen: 24 Prozent – also jeder vierte – aller Elfmeter werden gehalten, oder gründlich verballert.

Salzburg hat im Champions-League-Spiel in Sevilla achtbar abgeschnitten (1:1), aber dann doch den vollen Erfolg verschossen. Weil Karim Adeyemi und Luka Sucic vom ominösen Punkt nicht in dieses verdammte Rechteck getroffen haben. War es Angst, ein störender Denkprozess, Einfluss von außen, mangelnde Routine, oder schlicht die falsche Taktik? Viel entscheidet sich in den durchschnittlich 0,4 Sekunden, die ein Ball von der Schussabgabe bis zur Torlinie benötigt.

Der Strafstoß wurde 1891 in Irland vom Leinenfabrikanten William McCrum erfunden, der als Tormann von 1890 bis 1891 beim Milford Everton FC in der Irish Football League zwischen den Pfosten stand.

Der Strafstoß war als Ausgleich gedacht, wenn der Gegner absichtlich ein Bein stellt oder tritt. Zunächst gab es keine Strafstoßmarke in Form eines Punktes, sondern eine Linie, die parallel zur Torlinie in einer Entfernung von 12 Yard (10,97 Meter, also fast genau 11 Meter, woher auch die übliche Bezeichnung stammt) zum Tor quer über das ganze Spielfeld verlief, diese hieß auch „Sühnelinie“ 

Sucic, der im andalusischen Elfmeter-Wettschießen (vier Strafstöße) immerhin eine persönliche 50-prozentige Trefferquote aufzuweisen hat, kennt bereits den Inhalt der nächsten Salzburger Übungseinheit: „Elfmeter trainieren.“

Salzburgs Champions-League-Drama: Antworten auf die Elferfrage

Trockentraining? Ist das überhaupt möglich? „Ja“, sagt Österreichs Ex-Teamstürmer Marc Janko. Doch es gebe grundsätzlich zwei verschiedene Typen von Penalty-Schützen. „Die einen konzentrieren sich auf eine Ecke, versuchen durch einen Fingerzeig oder sonst eine körperliche Regung den Torhüter gewissermaßen auf die falsche Fährte zu schicken.“

Abwarten

Oder aber – und das ist die hohe Schule – „der Schütze koordiniert seinen Bewegungsablauf mit der Reaktion des Torhüters, und kann sich die Ecke aussuchen“, sagt Janko. „Das ist natürlich die sicherste Variante. Ich habe das leider nicht so gut gekonnt.“

Berechnungen zum ideal geschossen Elfmeter in international bedeutsamen Spielen gibt es einige. Fast immer war die Nummer eins nur Zweiter, wenn die Bälle eine Flughöhe von über 1,20 m erreichten. Unhaltbar, aber von einem gewissen Risiko begleitet, ist der Schuss in das Kreuzeck (siehe Grafik). Statistische Aufzeichnungen über WM- und EM-Spiele im Zeitraum von 20 Jahren ergaben auch, dass der gemeine „Rechtsfuß“ eher zum linken Eck tendiert, keine klare Vorliebe ist hingegen beim „Linksfuß“ zu erkennen.

Ob jung oder routiniert spielt dabei scheinbar keine ausschlaggebende Rolle. „Junge Spieler pfeifen sich oft nichts, denken gar nicht lange darüber nach für wen und wo sie gerade spielen“, sagt Janko. Erinnert daran, dass vermeintlich unfehlbare Stars wie Ronaldo, Messi, Beckham oder Platini Bälle ins Nirgendwo gebombt, oder gestreichelt haben.

Es sei vor allem wichtig, keine Angst zu verspüren, „keinen Zweifel am erfolgreichen Abschluss aufkommen zu lassen.“ Eine Studie bei der letzten EM habe ergeben, dass diese unbeeinflussbare Willensstärke von Elfmeterschützen der entscheidende psychologische Faktor war.

„,Sucic war es fast anzusehen, dass er zu viel nachgedacht hat“, meint Janko. Dennoch, der 19-jährige Salzburger ist stolz auf sein erstes Tor in der Champions League, „ich darf den Kopf nicht hängen lassen und weiter nach oben schauen.“

Und weniger zu grübeln schadet vielleicht auch nicht. Überhaupt beim nächsten Mal, dort unten, am weißen Punkt.

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