Salzburg-Trainer Jesse Marsch: "Ich arbeite nicht für Geld"
Spätestens seit dem Champions-League-Gastspiel Salzburgs in Liverpool und der anschließenden Kabinenansprache ist Jesse Marsch auch dem Publikum abseits des Fußballs ein Begriff. Mit einem Video, das Salzburg selbst in den sozialen Netzwerken veröffentlicht hatte, wurden ungewohnte Einblicke gewährt, denn die Kabine gilt im europäischen Fußball eigentlich als "heilige Stätte" mit einer für die Öffentlichkeit verschlossenen Tür.
Deshalb kam nach der Veröffentlichung des Videos nicht nur Begeisterung, sondern auch Kritik auf. So sagte Liverpool-Trainer Jürgen Klopp etwa, dass er den Verein verlassen hätte, wenn der vereinseigene Sender solch eine Aufnahme veröffentlicht hätte. Bei seinem Auftritt in der Sky-Sendung "Talk & Tore Exklusiv" am Montagabend nahm der US-Amerikaner auch dazu Stellung. "Wir haben diese Dokumentation. Und normalerweise wird es vielleicht vier Wochen später veröffentlicht und dann ist die Emotion für den Moment weg. Es ist, damit die Leute sehen, was in dem Moment passiert. Es war nicht so angenehm für uns alle. Aber es ist real. Das sind wir", erklärte Marsch.
Sein Kollege vom Champions-League-Gegner FC Liverpool sei "in einer ganz anderen Situation als Red Bull Salzburg. Der Trainer ist ein Mitarbeiter". Deshalb sei es für den 45-Jährigen wichtig, den Verein zu repräsentieren. "Und in diesem Moment ist es eine neue Geschichte für Red Bull Salzburg. Und ich bin hier, um in diesem Moment zu helfen. Aber ich bin nicht der Eigentümer, ich bin nicht der Sportdirektor, ich bin nicht der Geschäftsführer. Ich bin der Trainer. Meine Aufgabe ist es, dem Verein zu helfen. Und ich denke, diese Doku ist ein wichtiger Moment für unseren Verein",
Real Life
Marsch sei seit seiner Ankunft nach Europa bewusst gewesen, dass die Kabine geschlossen und nur für die Mannschaft ist. Das sei sie auch für ihn. Aber: "In Amerika haben wir überall Dokumentationen. In New York hatten wir sogar für zwei Jahre eine Wochen-Doku unserer Mannschaft. (...) Es ist nicht immer angenehm, aber ich denke, die Leute schätzen das. Realistische Situationen vom Leben und von den Leuten sind immer interessant. Und ich denke, in diesem Moment haben wir eine interessante Mannschaft mit vielen guten Spielern und einer guten Geschichte."
In den USA, wo er drei Jahre lang das MLS-Team New York Red Bulls gecoacht hat, lief er auch einem gewissen David Beckham über den Weg. Einmal kam es zu einem hitzigen Duell: "Wir waren glücklich, dass er mit uns in der MLS war. Aber auf dem Platz mussten wir gewinnen. Er hat mich dreimal vor dieser Situation getroffen und ich hatte ein Gespräch mit dem Schiedsrichter: ,Machst du etwas oder nicht?‘ Und er hat gesagt: ,Was?‘ Und ich: ,Okay, kein Problem.‘ Das nächste Mal bekam er einen Schlag und mein Kopf war richtig böse", erzählte Marsch, der auf 300 Einsätze in der nordamerikanischen Fußball-Liga zurückblicken darf.
"Aber ganz ehrlich: Nach dieser Situation hatte ich ein gutes Gespräch mit David Beckham. Und danach hatten wir auch noch viele gute Gespräche über Fußball und das Leben bei Manchester United, AC Milan, Real Madrid und all diesen großartigen Vereinen. Er ist relativ schüchtern, aber wenn er über Fußball spricht, dann ist er am Leben", verriet Marsch.
Bei "Talk & Tore Exklusiv" erklärte er auch seine Beweggründe, den Sprung nach Europa, zu Salzburg, zu wagen. "Der Verein war immer interessant für mich. Christoph (Anm.: Salzburg-Sportdirektor Christoph Freund) ist ein sehr guter Typ, hat jedes Jahr sehr gute Arbeit geleistet. Wir hatten gute Gespräche zwischen New York und Salzburg – hatten immer Spieler hier oder da", sagte Marsch und fügte hinzu: "Es war immer interessant und eine Möglichkeit hier Trainer zu sein. Aber es war nie sicher, wann eine gute Situation ist. Ich denke, wir hatten Glück uns in diesem Moment zu finden."
In Salzburg hat der zweimalige US-Teamspieler einen Dreijahres-Vertrag. Dieser sei für ihn "nur ein Agreement. Aber es hat nichts zu tun mit der Arbeit für mich. In New York war ich so glücklich mit der Situation, dass ich mir gedacht habe: Ich mache diese Aufgabe kostenlos. Es ist ein großartiges Leben und macht so viel Spaß". Seine Meinung habe er in Salzburg nicht geändert: "Und ich denke das gleiche auch hier und es war auch das gleiche in Leipzig. Ich arbeite nicht für Geld. Es ist kein Hobby, es ist eine Leidenschaft. Aber Geld ist nicht wichtig. Das habe ich zu all meinen Bossen gesagt."
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