Ruttensteiner: "Wünsche mir mehr Konstanz"

ÖFB-Direktor Willibald Ruttensteiner spricht im Interview über Constantini, Brückner, Ivanschitz, sich selbst.

Er ist der Mann für gewisse Spiele. Willibald Ruttensteiner, der technische Direktor des ÖFB, coacht das Team zum Abschluss der EM-Qualifikation in Aserbaidschan und Kasachstan, um danach an den neuen Teamchef zu übergeben. So ist zumindest der Plan.

KURIER: Der ÖFB wollte eine Interimslösung vermeiden. Jetzt hat er Sie.

Willibald Ruttensteiner: Ja. Es sind aber die Vorgänge der letzten Zeit von Didi Constantini ausgegangen, Präsident Leo Windtner konnte nur reagieren. Grundsätzlich möchte ich den Weg von Constantini weiterführen.

Auch personell? Ist ein Ex-Kapitän Ivanschitz wieder ein Thema?
Adaptionen sind legitim. Ich möchte die für mich besten Spieler einberufen. Grundsätzlich habe ich keinen Spieler, den ich ausschließe - außer wegen seiner Leistung.

Wollen Sie diese Personalien dem neuen Teamchef überlassen?
Nein. In der jetzigen Situation kann ich gar niemandem etwas überlassen. Ich bin ja auf Dauer mitverantwortlich. Unser Weg muss kontinuierlich und konzeptionell sein. Nicht ein Kommen und Gehen.

Kommt Ivanschitz demnach infrage?
Wenn er bessere Leistungen bringt als andere Spieler auf dieser Position, dann berufe ich ihn ein. Er kann schon ins System passen. Ich habe Constantini einige Male gesagt, jetzt würde ich ihn nehmen. In anderen Situationen wiederum nicht.

Haben Sie Angst, dass Ihnen einige Spieler für die zwei Spiele absagen?
Angst ist immer schlecht im Fußball. Ich werde mit allen Trainern sprechen und um Unterstützung bitten.

Wo steht in der ÖFB-Hierarchie der technische Direktor?
Ich bin zuständig für die LAZ, die Nachwuchsteams, die Trainerausbildung. Diesen Bereich haben wir gut im Griff. Ich soll den Teamchef unterstützen und beraten.

Das heißt, Sie fühlen sich in der EM-Qualifikation nicht mit gescheitert?
Doch, weil ich mitgearbeitet und gesichtet habe. Diese Verantwortung übernehme ich. Ich habe aber nicht an Rücktritt gedacht. Das würde zu weit gehen, wenn ich nur Informationen liefere.

Wann müssten Sie denn zurücktreten?
Wenn im Nachwuchsbereich keine Spieler mehr ins Ausland kommen und es keine Entwicklung gibt.

Können Sie einen Teamchef überstimmen?
Nein.

Wem sind Sie weisungsgebunden?
Dem Präsidenten Leo Windtner und Generaldirektor Alfred Ludwig.

Wie gehen Sie mit der Kritik um, Sie würden auf Windtners Schoß sitzen?
Diese Leute kennen sich nicht aus. Ich habe 1996 in einem Gespräch mit Windtner entsprochen und mit ihm in der Folge gute Arbeit abgeliefert.

Was befähigt Sie dann zum momentanen Teamchef?
Ich habe im Nachwuchsbereich durchaus gute Ergebnisse erzielt.

Sind Sie ein Mann der Theorie oder der Praxis?
Beides. Vor zehn Jahren machte ich meine Analysen am Laptop und wurde schief angesehen dafür, heute ist das normal. Ich hatte damals den Vorteil, mir alles anschauen zu dürfen in Europa. Ich war entsetzt, wo wir in der Entwicklung standen.

Daher auch Ihr Spitzname "Powerpoint-Willi". Stört Sie der eigentlich?
Der ist meine kleinste Sorge. Wenn man es nicht böswillig sieht, kann man bei mir auch den Praktiker erkennen.

Warum streben Sie dann nicht den Job des Teamchefs auf Dauer an?
Weil ich meine Zukunft als Sportdirektor sehe. Meine Arbeit endet derzeit bei der Nationalmannschaft. Es fehlt der letzte Schritt vom Nachwuchs zum A-Team.

Wie soll man den erkennen?
An der Durchgängigkeit. Beim A-Team lassen wir ein wenig die akribische Arbeit weg, weil man meint, die wird schon bei den Vereinen erledigt.

Vor der EURO 2008 arbeitete man aber höchst akribisch.
Ja, und nach der EURO hat das Karel Brückner wieder aufgelöst.

Constantini hat aber in der Folge auch auf viele dieser Erkenntnisse verzichtet.

Natürlich. Aber eigentlich ist unter Brückner vieles wieder eingeschlafen. Ich wünsche mir mehr Konstanz. Und dass die Konzeption auch ganz oben akzeptiert wird. Auch vom neuen Teamchef.

Wie lautet die Philosophie des ÖFB für den österreichischen Fußball?
Wir teilen das Spiel in drei Phasen: Angriff, Abwehr und Übergangsphasen. Wir wollen in der Hälfte des Gegners spielen.

Das klingt offensiv.Warum hat dies das A-Team unter Constantini nicht gespielt?
Eine Entwicklung ist zeitabhängig.

Aber bei der EURO unter Hickersberger hatten wir doch diese Spielanlage.
Es ist der Herr Brückner mit einer völlig anderen Philosophie gekommen. Für uns eine Katastrophe.

Warum hat Constantini dann nicht an Hickersberger angeknüpft?
Man muss schon sagen, dass beim A-Team die Ergebnisse extrem wichtig sind und dem Teamchef ein gewisses Abweichen zugestehen.

Haben die Spieler genügend Qualität?
Der neue Teamchef wird das Potenzial haben. Unter Constantini war es dafür noch zu früh.

Kommentare