Royer: "In Deutschland sind die Spieler Maschinen"
Daniel Royer hat den Überblick. Weil er die Spiele von Hannover 96 meist aus erhöhter Position sieht. Royer drückte auch am Donnerstagabend seinen Kollegen im Europacup-Duell mit Atletico Madrid von der Tribüne aus die Daumen.
Royer war letzten August von Ried in die Deutsche Bundesliga gewechselt und hat es bei Hannover bisher nur auf drei Einsätze gebracht.
KURIER: Wie ist das werte Wohlbefinden?
Daniel Royer: Es geht mir gut. Das Training ist toll, ich habe mich in dem Dreivierteljahr als Fußballer in vielen Bereichen weiterentwickelt. Nur das Wichtigste fehlt.
Die Spielpraxis.
Genau.
Wie groß ist Ihre Enttäuschung darüber?
Ich habe schon damit gerechnet, dass es für mich schwierig wird. Hannover hatte eine tolle vergangene Saison gespielt, ich bin erst am vorletzten Tag der Übertrittszeit gewechselt, da waren schon drei oder vier Meisterschaftsrunden in Deutschland gespielt. Das hat meine Lage zusätzlich erschwert, weil mir eine gemeinsame Vorbereitung gefehlt hat.
Seitdem ist aber einige Zeit vergangen.
Ja, und Hannover liegt in der Liga auf Platz fünf und war im Europacup erfolgreich unterwegs. Da ich für den Europacup durch meinen späten Wechsel ohnehin nicht berechtigt war, bin ich für Trainer Slomka nicht infrage gekommen. Er hat kaum einen Grund, viel zu ändern, solange das Team erfolgreich ist.
Haben Sie schon ein Gespräch mit Slomka geführt?
Ja, vor kurzer Zeit. Ich habe gelernt, dass die Kommunikation zwischen Trainer und Spieler in Deutschland nicht so häufig stattfindet.
Was hat Ihnen Slomka darin mitgeteilt?
Das Gespräch war positiv, er hat mich gelobt und gemeint, ich hätte mich eben deutlich verbessert und sei grundsätzlich bereit. Das klingt gut, aber kaufen kann ich mir darum nichts. Ich bräuchte mehr Einsatzzeit. Slomkas Problem ist, so blöd das klingt, der Erfolg. Warum sollte er umstellen?
Haben Sie Ihren Wechsel nach Hannover bereut?
Nein, überhaupt nicht. Ich habe damals den Schritt machen müssen, das war die richtige Entscheidung. Wenn am vorletzten Tag der Transferzeit ein Angebot von Hannover auf dem Tisch liegt, dann musst du zugreifen. Wer weiß, wie oft solche Angebote kommen. Am Ende würde ich mir das ewig vorwerfen.
Wie motivieren Sie sich?
Es ist doch nichts verloren. Ich bin 21 Jahre alt und habe in meiner Karriere hoffentlich noch alles vor mir. Natürlich bin ich mit meiner Situation nicht zufrieden, aber die Welt geht deswegen nicht unter. Ich stehe bei einem Top-Klub in Deutschland unter Vertrag, da ist die Konkurrenz nun einmal groß. Da dürfen die eigenen Ziele nicht zu hoch sein, wenn man von Ried kommt.
Wie weit kann Ihnen Landsmann Emanuel Pogatetz Mut zusprechen?
Ich verstehe mich gut mit ihm, ab und zu gibt er mir Feedback, sagt, was gut und was schlecht ist. Aber allgemein schaut im deutschen Fußball jeder zuerst einmal auf sich.
Wie geht es im Sommer mit Ihnen weiter?
Mein Vertrag läuft noch bis 2015. Aber natürlich gibt es Überlegungen, dass ich im Sommer verliehen werde. Das habe ich im Gespräch mit Trainer Slomka auch offen und ehrlich angesprochen. Diese Gedanken sind legitim, immerhin bin ich ein junger Spieler, der endlich Praxis sammeln muss. Vielleicht ist eine Leihvariante innerhalb der Bundesliga oder in die Zweite Liga gut.
Also wissen Sie schon, wohin die Reise geht?
Nein, für Konkretes ist es noch zu früh. Interesse ist aus beiden Ligen vorhanden. Slomka hat mir auch signalisiert, dass ich vom Verein die Unterstützung habe. Und da mein Vertrag noch länger läuft, könnte ich ja wieder zu Hannover zurückkehren.
Wie sieht die Bilanz Ihrer ersten Saison aus?
Ich habe einiges gelernt.
Was denn?
Es besteht ein riesiger Unterschied zwischen österreichischer und deutscher Liga. Fehler werden eiskalt bestraft. Jeden Tag musst du im Training 100 Prozent geben, sonst bekommst du keine Chance. In Deutschland sind die Spieler Maschinen. Aber mit hoher Qualität. Im Vergleich sind sie uns überall Schritte voraus.
Ist der Unterschied zum heimischen Kick noch größer als gedacht?
Nein, ich hab’s schon so erwartet. Aber wenn du es am eigenen Leib erfährst, ist das doch etwas anderes.
Was haben Sie als Mensch gelernt?
Die Umstellung war zu Beginn groß für mich. Der Druck und das Medienaufkommen sind natürlich viel größer als in Ried. Ich habe die Deutschen so kennengelernt, was man von ihnen immer so hört.
Sie gehen kerzengerade ihren Weg. Und in unserem Beruf ist jeder am Ende des Tages für sich selbst verantwortlich. Ich fühle mich hier wohl. Würde ich spielen, würde ich mich aber drei Mal so wohl fühlen.
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