Red-Bull-Triathlon: Salzburg-Star Szoboszlai zieht nach Leipzig
Die Übersiedlung eines Fußballers von Salzburg wiederholt sich immer wieder, ist deshalb mäßig überraschend, aber trotzdem ein Aufreger. Dominik Szoboszlai ist also der 18. Spieler, der diesen Karriere-Weg eingeschlagen hat. Der erste war Roman Wallner vor acht Jahren. Damals war Leipzig deutscher Viertligist. Mittlerweile ist der Red-Bull-Klub Semifinalist in der Champions League.
Der ungarische Teamspieler wurde im Herbst an der internationalen Transfergerüchtebörse ziemlich gehypt. Real-Madrid-Trainer Zinedine Zidane soll ihn gar angerufen, Milan und Arsenal Interesse angemeldet haben. Und auch Bayern München wurde mit ihm in Verbindung gebracht. Nun hat er bei Leipzig einen Vertrag bis Sommer 2025 unterschrieben. Sonst wurden wie gehabt keine Details bekannt gegeben. Dass Szoboszlai eine Ausstiegsklausel in seinem Salzburg-Vertrag hatte, war schon am Wochenende offiziell bestätigt worden. Gebraucht hätte er die freilich nicht. Will Leipzig einen Salzburger und will der Spieler auch nach Leipzig, wird ein Umzug über die Bühne gehen.
Vorbei sind auch die Zeiten, als Salzburger Trainer öffentlich aufmuckten. Adi Hütter hatte 2015 hingeworfen, nachdem einige seiner Leistungsträger nach Leipzig gezogen waren, Oscar Garcia 2016 sich beschwert („Wir haben jetzt Liefering A und Liefering B“), als der Brasilianer Bernardo kurz vor Schluss der Transferzeit abgewandert war. Nach dem Spanier wurden in Salzburg nur mehr Trainer mit Stallgeruch installiert. Marco Rose war jahrelang im Nachwuchs tätig, Jesse Marsch in New York und Leipzig. Zuletzt outete sich der US-Amerikaner öffentlich gar als Leipzig-Fan.
Für Szoboszlai ist RasenBallsport natürlich der nächste logische Schritt in seiner sportlichen Karriere. Leipzig und Salzburg spielen einen sehr ähnlichen Fußball, eine neue Sprache muss er auch nicht lernen. Und auch wenn er seine Salzburger Trainingssachen nicht ausziehen würde, auffallen würde er in Leipzig wohl nicht. Die Corporate Identity ist ja praktisch ident. Die Führungsebene musste hingegen komplett getrennt werden - auf Druck der UEFA. Salzburg und Leipzig hätten sonst nicht zeitgleich im Europacup spielen dürfen. Die Deutschen gehören offiziell weiterhin zum Red-Bull-Fußball-Imperium, während der Fuschler Getränkehersteller in Salzburg pro forma nur mehr als Sponsor firmiert.
Der Schattenmann
Es wird umgesetzt, was Didi Mateschitz 2010 öffentlich angekündigt hatte: Die beste Mannschaft soll in Leipzig spielen. Eine Funktion hatte der 76-Jährige in seinem Fußball-Imperium nie. Für das Tagesgeschäft gibt es hoch bezahlte Führungskräfte. Einen Posten braucht der Red-Bull-Boss auch nicht. Es ist ja auch eh so klar, wie der Bulle zu laufen hat. Szoboszlai ist ein Prototyp, wie ein Karriereweg im Fußballkonzern idealerweise laufen soll. Nach Zwischenstationen bei Liefering und Salzburg geht es zur sportlich wertigsten Filiale. Er wird also den Red-Bull-Triathlon für Fußballer absolvieren - wie viele andere vor ihm.
Sein Karriereverlauf zeigt aber auch exemplarisch auf, wie untereinander voneinander profitiert wird. Salzburg braucht den deutschen Bundesligisten als mögliche Perspektive, um Megatalente wie Dayot Upamecano, der schon vier Jahre in Leipzig spielt, oder eben Szoboszlai nach Österreich locken zu können. Denn diese kommen natürlich nicht, weil es in Salzburg so schön ist oder weil Red Bull so hohe Gehälter bezahlt, auch wenn diese ordentlich sind. Die ausgezeichnete Infrastruktur macht Salzburg für Top-Talente interessant, die Chance, später einmal für einem Spitzenklub der deutschen Bundesliga spielen zu können, noch interessanter.
Aber auch Leipzig hat Vorteile. Das System erhöht die Chance, höchst talentierte Spieler, die den Red-Bull-Stil schon in- und auswendig kennen und die dazu auch noch Europacup-Erfahrung haben, zu bekommen. Das verkürzt die Eingewöhnungszeit doch erheblich. Spieler wie eben Upamecano oder Szoboszlai, wären als 16-Jährige nicht nach Ostdeutschland gegangen – auch, weil Leipzig ein FC Liefering fehlt. Dass Großklubs Netzwerke haben, mit Partnervereinen kooperieren oder mehrere andere Klubs besitzen, ist nicht mehr außergewöhnlich. Aber die Konstellation in Salzburg ist es. Zwei juristisch getrennte „Vereine“, die in einer ersten und zweiten Liga spielen, die dazu an einem Standort trainieren und zwischen denen die Spieler auch noch außerhalb der Transferzeiten hin- und herwechseln können, ist in einem Fußball-Konzern einmalig.
Der FC Liefering ist also so etwas wie die Grundlage des Red-Bull-Erfolges. Beim österreichischen Zweitligisten können sich die Talente aus aller Herren Länder in einer ordentlichen, aber nicht zu starken Liga mit Erwachsenen messen, Fehler machen und aus diesen lernen. Die Ergebnisse stehen nicht im Vordergrund. In Leipzig wurde hingegen die zweite Mannschaft, die in der vierten Liga herumkrebste, eingestellt. Diese war zu teuer und der Output zu gering. Auch elfeinhalb Jahre nach dem Einstieg von Red Bull hat bei RasenBallsport noch kein einziger Spieler aus dem eigenen Nachwuchs den Durchbruch geschafft, dafür eine Reihe von Spielern mit Liefering-Vergangenheit. Szobsozlai wird wohl der nächste sein. Zumindest die fußballerische Qualität hat er zweifelsfrei dafür.
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