Rapids Neuer Kevin Wimmer: Eine Karriere zwischen Himmel und Hölle
Wenn Kevin Wimmer von seinen früheren Mitspielern bei Tottenham erzählt, klingt das wie eine Auswahl an EM- und WM-Spielern. Im Tor Weltmeister Lloris, davor die Belgier Vertonghen und Alderweireld. Außen die Engländer Walker und Rose. Zentral Dier, Moussa Dembélé und Christian Eriksen („Als er den Herzstillstand hatte, bekam ich Gänsehaut“). Am Flügel Son Heung-min und Dele Alli. Und vorne Harry Kane: „Sein erster Ballkontakt und der folgende Abschluss sind Weltklasse. Diese Mannschaft war überhaupt Bombe!“
Wenn eine der belgischen Abrissbirnen angeschlagen war, verteidigte der Einkauf aus Köln. So gut, dass Stoke 2017 für den Oberösterreicher 20 Millionen Ablöse bezahlte. Das Gehalt beim Fünfjahresvertrag war dementsprechend, selbst für ohnehin hohe englische Verhältnisse. „Mark Hughes wollte mich unbedingt, ich war Stammspieler.“ Kevin Wimmer lebte seinen Fußballer-Traum. Bis zum 6. Jänner 2018.
In der „Sondergruppe“
Nur wer die Erlebnisse von Wimmer nach dem Rauswurf von Coach Hughes hört, kann verstehen, warum der 28-Jährige im besten Fußballeralter freiwillig auf Millionen im letzten Vertragsjahr verzichtete, um von Stoke zu Rapid wechseln zu können.
„Es war knapp vor dem Trainingsstart bei Stoke immer der gleiche Ablauf: Eine Gruppe von fünf, sechs Spielern hat eine Nachricht bekommen.“ Die „Sondergruppe“ sollte sich im Dressingroom 10 umziehen – möglichst weit weg von den Profis. Der Besuch des Klub-Restaurants und des Kraftraums war zwar gestattet, aber nicht gemeinsam mit dem Matchkader. „Wir wurden behandelt, als hätten wir etwas verbrochen.“
Aussortiert vom Hughes-Nachfolger Paul Lambert bekam Wimmer auch nach dem Abstieg und weiteren Trainerwechseln keine Chance mehr. „Einen klaren Grund konnte mir keiner nennen. Ich hab’ mich gewundert: Wie kann man um so viel Geld Spieler einkaufen, um sie dann links liegen zu lassen?“
So erging es auch Rekordeinkauf Imbula (um 24 Millionen) und Ex-ÖFB-Teamspieler Moritz Bauer. Es folgten Leihgeschäfte zu Hannover, Mouscron und Karlsruhe.
Rapid kämpft lange
Erst als sich Sportchef Barisic und Trainer Kühbauer ein Jahr lang um den Linksfuß und einen Wechsel zu Rapid bemühten, fühlte sich der EM-Teilnehmer von 2016 wieder wie ein echter Fußballer.
Einer, der Wimmer durch die drei dunklen Jahre half, saß in der Tottenham-Kabine neben ihm: Son Heung-min. Gekommen von Leverkusen wurde Südkoreas Nationalheld einer der besten Freunde. „Er war froh, dass einer Deutsch konnte, und wir waren vom ersten Tag an unzertrennlich.“
Zwei Mal besuchte Wimmer Asiens Fußballer des Jahres in dessen Heimat: „Der Star-Ruhm ist so groß, dass in den Restaurants eigene Bereiche für uns abgetrennt wurden, damit wir in Ruhe essen können. Trotzdem ist er bodenständig und bescheiden geblieben.“
Pochettino als Nr. 1
Als Trainer haben Walter Schachner („mein Förderer beim LASK“), Peter Stöger in Köln („er hat immer zu mir gehalten“) und Mauricio Pochettino bei Tottenham den größten Eindruck hinterlassen: „Pochettino ist menschlich und fachlich top. Vom Training bis zur Beratung bei den Essensplänen war in London alles perfekt. Bei Stoke hat es hingegen immer zwei freie Tage gegeben. Da hat mich der Abstand zu den Top-Teams dann auch nicht mehr gewundert.“
Die Vorbereitung bei Rapid zählt Wimmer, der schon lange in Wien eine Wohnung besitzt, zu seinen härteren. Nicht nur, weil Wimmer Philipp Schobesberger schon aus gemeinsamen Schulzeiten kennt, war die Eingewöhnung problemlos.
Zimmerkollege Marco Grüll wurde gleich zu einem guten Kumpel. Bei Rapid hört man über den Barac-Nachfolger von allen einheitlich „ein unkomplizierter Vollprofi“.
Er selbst hat den Anspruch, als Führungsspieler den Jüngeren mit Kommandos zu helfen. Am Dienstag, ab 20.30 Uhr, muss Kevin Wimmer dafür lauter schreien. Der Neue wird es in Hütteldorf gegen Sparta Prag gerne tun.
„Ich habe es bei den Geisterspielen noch stärker gemerkt: Die Fans sind das Schönste und das Wichtigste am Spiel. Sie werden uns gegen Sparta noch einen Extra-Push geben.“
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