Rapid neu: Hoscher wird Präsident
Rudolf Edlinger geht als einer der längstdienenden Rapid-Präsidenten in die Vereinsgeschichte ein. 2001 trat der Ex-Finanzminister in einer schwierigen Phase an, im November übergibt er bei der Mitgliederversammlung in einer ebensolchen.
Die ungelöste Stadionfrage, veraltete Strukturen, Verlust von Sponsoreneinnahmen und im Frühjahr auch noch sportlicher Misserfolg mit der Verabschiedung von Trainer Schöttel als Höhepunkt – kein Wunder, dass sich bei dieser To-do-Liste der Andrang auf das unbezahlte, aber verantwortungsvolle Amt in engen Grenzen hält.
Absagen
Ex-Bundeskanzler Gusenbauer sagte im KURIER ab, SPÖ-Bundesgeschäftsführer Darabos ist aufgrund seines politischen Amtes kein Kandidat. Ohne geeigneten Nachfolger würde Rapid gar handlungsunfähig erscheinen. Doch diese Gefahr ist gebannt.
Laut KURIER-Informationen kam es in der ersten April-Hälfte zwischen Edlinger und seinem Wunsch-Nachfolger Dietmar Hoscher zu einem folgenschweren Gespräch. Der 50-jährige Casinos-Vorstand leitet derzeit das Rapid-Kuratorium und wurde von Edlinger aufgebaut – seine Kandidatur ließ der von der SPÖ entsandte ORF-Stiftungsrat aber stets offen.
Modernisierung
Nun ist eine Vorentscheidung gefallen: Dietmar Hoscher steht als Präsident zur Verfügung, sofern Rapid bis zur Mitgliederversammlung die überfällige Modernisierung der Strukturen einleitet.
Derzeit wird Rapid noch wie ein Sportverein in den 70er-Jahren geführt, mit einem achtköpfigen, ehrenamtlichen Präsidium an der Spitze. Theoretisch ist Manager Kuhn für jede Entscheidung von wirtschaftlicher Bedeutung verantwortlich.
Künftig soll es wie in einem modernen Unternehmen klare Verantwortungsbereiche, eine saubere Trennung zwischen Sport und Finanzen, sowie effiziente Strukturen geben.
Da bei der Mitgliederversammlung alle Schlüsselposten neu vergeben werden könnten, besteht Hoscher darauf, dass davor der Strukturwandel vorbereitet wird. Sonst beginnt die Präsidentensuche von Neuem. In der Stadionfrage will sich Hoscher dem Vernehmen nach erst endgültig deklarieren, wenn die in Auftrag gegebenen Machbarkeitsstudien fertig sind.
Ob beim legendären Europacup-Aufstieg mit dem 3:2 bei Aston Villa, oder bei null Grad in Hütteldorf beim ersten Test gegen den Sportklub – Dietmar Hoscher ist auf der Tribüne immer dabei, wenn Rapid spielt.
Der 50-Jährige ist der Kuratoriumsvorsitzende, Präsident des Legendenklubs und zählt zu den wichtigsten Vertrauten von Präsident Rudolf Edlinger. In der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde Hoscher bisher eher als Musikexperte. Der künstlerische Leiter von "Vienna Blues Spring", dem längsten Bluesfestival der Welt, schreibt für Fachzeitschriften und Bücher über seine Lieblingsmusikrichtung, die ihn auch mit Hans Krankl verbindet.
Hat die öffentliche Zurückhaltung, wenn es um seine zweite Leidenschaft geht, etwa mit Hoschers Hauptberuf zu tun? Immerhin ist der Casino-Vorstand Aufsichtsratsvorsitzender von tipp3, dem Bundesliga-Hauptsponsor. "Da gibt es keinen Interessenskonflikt. Meine Leidenschaft für Rapid ist privater Ausgleich zum Job. Das geschäftliche Engagement für alle Bundesliga-Anliegen kann ich davon trennen", meint Hoscher, der die operative Leitung bei der Casinos-Tochter an Philip Newald übergeben hat.
Edlingers Erbe
So wie Edlinger war Hoscher in Jugendtagen als harter Verteidiger gefürchtet. So wie sein Ex-Chef im Finanzministerium steht Hoscher auch jetzt dafür, dass es keinen Ausverkauf an Investoren geben darf. Ein Angebot von Stronach, bevor dieser bei der Austria eingestiegen ist, wurde abgelehnt: "Wir wollten eigenständig bleiben. Außerdem muss der sponsorfreie Name sakrosankt bleiben." Bei den Kuratoriumssitzungen, "die jedes Mal mindestens drei Stunden dauern", wird auch mit den Nachwuchs-Leitern diskutiert: "Rapid muss das Ziel haben, immer um den Titel mitzuspielen. Das ist nur über den Weg der Jugend mit ‚Pro Rapid‘ zu finanzieren."
Keine Zukunft hatte das Projekt "Hoscher als Ligapräsident". Bevor 2009 Hans Rinner gewählt wurde, lästerte Ex-Kärnten-Präsident Canori: "Hoscher ist ein Grüner, ein Wiener und auch noch politisch rot – das ist zu viel." Hoscher meint: "Zu allem davon stehe ich. Also hab’ ich die Bewerbung wieder zurückgezogen."
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