Rapid-Fan: "Habe nach dem Urteil geweint"

Rapid-Fan: "Habe nach dem Urteil geweint"
Seit 27 Jahren und 1110 Spielen ist Jürgen Hartmann immer live dabei. Beendet das Geisterspiel gegen Rosenborg die Serie?

Der vergangene Freitag war für Rapid ein schlechter, weil teurer Tag. Das UEFA-Urteil nach den Ausschreitungen gegen Saloniki wurde bestätigt, der Auftakt zur Europa League gegen Rosenborg Trondheim findet im leeren Happel-Stadion statt. Das Geisterspiel kostet Rapid rund 700.000 Euro an (dringend nötigen) Einnahmen.

Schmerzhaft und vor allem ärgerlich, weil die Sanktionen von Rapid-"Fans" und ihren gezielt auf Griechen geschossenen Leuchtraketen verursacht wurden.

Nicht in Geld aufzuwiegen ist die Serie, für die Jürgen Hartmann lebt und die an jenem Freitag beendet werden sollte. "Ich hab’ nach dem Urteil über unser Geisterspiel geweint. Es war die totale Verzweiflung", gesteht der 51-jährige Wiener.

Lächerlich? Nur so lange einem die Welt, die sich Hartmann aufgebaut hat, nicht bekannt ist. Eine Welt, die zusammenzustürzen drohte: Seit 27 Jahren besucht er jedes Pflichtspiel von Rapid. "Bei Heimspielen läuft die Serie sogar schon 31 Jahre. Insgesamt war ich schon bei 1875 Rapid-Spielen." Alles inklusive – also Liga, Cup, Europacup zu Hause und auswärts – sind es 1110 Stadionbesuche in Folge. Den 1111. darf es laut UEFA nicht geben.

Nur je 75 Personen aus dem Kreis von Spielern, Funktionären und Sponsoren dürfen Rapid und Rosenborg zum Besuch anmelden. Zusätzlich dürfen die Norweger (als unschuldig Geschädigte) noch 200 VIPs auf die UEFA-Liste setzen. Die Journalisten-Tribüne wäre groß genug für einen Kiebitz, aber die UEFA überprüft die Arbeitgeber der Berichterstatter. Keine Chance also für einen Post-Beamten, der seinen Urlaub stets für Rapid-Reisen verbraucht.

Lebenssinn

"SK Rapid Wien – Der Sinn des Lebens" steht auf dem Transparent, das Hartmann natürlich auch gegen die Admira aufgehängt hat. Die Nullnummer war enttäuschend, aber die Stimmung von Hartmann, der seinen Aboplatz auf der Nordtribüne hat, ist wieder besser. " Alle rund um mich haben gefragt, ob ich zum Geisterspiel darf. Diese Anteilnahme rührt mich."

Böse wird Hartmann nur, wenn er von den Erlebnissen in Thessaloniki erzählt: "Fünf oder sechs haben plötzlich die Leuchtraketen in den Nebensektor geschossen. Das war keine Verteidigung. Erst danach kam der Platzsturm der PAOK-Fans. Durch das Tränengas hatte ich Angst zu ersticken. Es war die Hölle." Die Einschätzung eines Routiniers: "99 Prozent unserer Fans sind okay, aber diese Schuldigen müssen ausgeschlossen werden."

Die Transparente (gegen das Präsidium und für die ausgesperrten Fans) beim Admira-Spiel verurteilt Hartmann: "Der Verein soll schuld sein? Diese Fans sind es! Jetzt reden einige schlecht über Andy Marek. Aber wenn sie was brauchen, stehen sie wieder bei ihm." Marek selbst hat nach dem Skandal gegen PAOK angekündigt, die Zusammenarbeit mit der aktiven Fanszene einzustellen.

Ein Fan wie Hartmann ist davon nicht betroffen. Beim Geisterspiel 2011 (2:0 gegen die Admira) machte Marek aus Hartmann einen Stadionmitarbeiter für einen Tag und die Serie hielt. "Der Andy will mir erneut helfen. Ich glaube jetzt wieder, dass ich gegen Rosenborg im Stadion sein kann."

Der Weg zu Hartmanns Nummer 1111 soll lieber geheim bleiben. Denn Rapid steht ohnehin schon unter der Beobachtung der UEFA.

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