Prozess in Karlsruhe: Zwischen Fanvertrauen und juristischer Pflicht
Ein Spiel der zweiten deutschen Bundesliga vom November 2022 in Karlsruhe sorgt derzeit in Deutschland juristisch für Aufsehen. Als damals beim Match des Karlsruher SC gegen den FC St. Pauli eine groß angelegte Pyro-Show der KSC-Ultras dichten Nebel ins Stadion ziehen ließ, kamen mindestens elf Menschen zu Schaden.
Offenbar hatten die Initiatoren die Rauchentwicklung völlig unterschätzt. Juristisch entscheidend kommt hinzu: Die Show war nicht angemeldet.
Vertrauenspersonen sollen Fans identifizieren
Im Mittelpunkt des Prozesses, der derzeit im Amtsgericht Karlsruhe läuft und am Montag fortgesetzt wird, stehen Sophia Gerschel und zwei ihrer Kollegen. Die Sozialarbeiter waren damals als Mitarbeiter eines bereits seit Jahrzehnten anerkannten und mit öffentlichen Geldern geförderten Fanprojekts im Stadion. Die Sozialarbeiter waren ursprünglich eingesetzt worden, um Kontakt zu Fußballfans zu halten und als Vertrauenspersonen für sie zu agieren – mit dem Ziel, Eskalationen zu vermeiden.
Nun kamen Gerschel und ihre Kollegen in eine Zwickmühle: Bei den Ermittlungen gegen die Fanszene, in deren Folge mittlerweile mehr als 40 Tatverdächtige ausgeforscht wurden, sollten sie gegen die Fans aussagen. Die Sozialarbeiter verweigerten ihre Aussage als Zeugen im Prozess. „Wir haben uns geweigert, weil das unsere Arbeit gefährdet“, erklärt die Sozialarbeiterin im SWR.
Strafe wegen Aussageverweigerung droht
Die Staatsanwaltschaft sieht das anders: „Wir sind gesetzlich verpflichtet, Straftaten aufzuklären“, sagt Manuel Graulich. „Fußballstadien sind keine rechtsfreien Räume. Auch Fanprojekte nicht, wenn dort Straftaten vorbereitet werden.“ Das Interesse zum Prozessauftakt diese Woche war groß. Den Sozialarbeitern drohen Vorstrafen, zwischenzeitlich stand sogar Beugehaft im Raum.
Die drei Mitglieder des Fanprojekts wollen weiter nicht aussagen. Sie fordern ein Zeugnisverweigerungsrecht für Sozialarbeiter in Stadien – ähnlich, wie jenes für Ärzte oder Anwälte.
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