Prohaska über Prohaska: "Inter war Internat, Rom war Hochzeit"
Herbert Prohaska hat dieser Tage seine helle Fußballfreude, spielen doch seine beiden italienischen Klubs, für die er einst in den 1980er-Jahren tätig war, in europäischen Endspielen. Am Mittwoch tritt AS Roma in Budapest gegen den FC Sevilla in der Europa League an, am 10. Juni trifft Inter Mailand in Istanbul auf Manchester City.
Der KURIER traf Prohaska in seinem Lieblingscafé am Niedermarkt in Klosterneuburg und bat ihn, mit sich selbst zu plaudern. „Also eh wie immer“, lachte er. Also sprach der Inter-Herbert mit dem Roma-Schneckerl über die Klubs, die Chancen in den Endspielen, die Städte und das Lebensgefühl Italien.
KURIER: Wir begrüßen die beiden Prohaskas und wünschen eine nette Plauderei.
Roma-Schneckerl: Habt Ihr gegen Manchester City überhaupt eine Chance?
Inter-Herbert: Ich glaube schon. Beide Teams sind in Hochform, Inter hat den Cup gewonnen und sich souverän für die Champions League qualifiziert. Das ist jetzt ihr Spiel, in dem sie Unglaubliches leisten müssen. Das City-Spiel könnte Inter liegen, weil sie wollen eh nicht das Spiel machen. Das ist vielleicht noch das alte taktische Verhalten der Italiener. Inter hat im Mittelfeld und ganz vorne viel Qualität. Ich erwarte Dzeko und Lautaro im Sturm, und dann haben sie immer noch Lukaku auf der Bank. Dennoch bleibt City Favorit. Aber Ihr seid gegen Sevilla auch nicht Favorit, oder?
Roma-Schneckerl: Moment, Sevilla ist zwar Rekordsieger in dem Bewerb, aber aktuell sind sie nicht so dominant wie Manchester beispielsweise. Roma hat mit Mourinho einen Trainer, der nach Italien passt. Er ist ein Ergebnis-Trainer. Selbst in Rom gefällt das den wenigsten, aber sie akzeptieren es.
Inter-Herbert: Hätte der junge Prohaska bei einem Mourinho ein Leiberl gehabt?
Roma-Schneckerl: Ein Leiberl hätte ich schon gehabt!
Inter-Herbert: Aber auch eine Freude?
Roma-Schneckerl: Nein, sicher nicht. Aber genauso habt ihr damals bei Inter gespielt.
Inter-Herbert: Stimmt, Mann gegen Mann. Gegen Roter Stern Belgrad haben wir einmal öfter auf die Tribüne als auf das Tor geschossen. Und dann haben wir uns über den Aufstieg gefreut.
Roma-Schneckerl: Bei Roma haben wir dann mehr Fußball gespielt mit Raumdeckung. Sollte Roma gewinnen, macht sich Mourinho unsterblich in der Stadt. Aber ich befürchte, dass er dann nicht zu halten sein wird.
Roma-Schneckerl: Was hätten deine damaligen Inter-Kollegen Bergomi und Co. mit einem Haaland gemacht?
Inter-Herbert: Sie hätten versucht, ihn zu erwischen. Aber Bergomi und Ferri haben dann als Innenverteidiger gegen einen gewissen Van Basten von Milan gespielt. Und der war meiner Meinung nach besser, als Haaland es jetzt ist. Das klingt vielleicht übertrieben und unpassend. Haaland wird es im Finale nicht leicht haben. Aber ihm reichen oft nur drei Ballkontakte für zwei Tore.
Inter-Herbert: Inter ist aktuell die Nummer 1 in Mailand. Ist Roma die Nummer 1 in Rom?
Roma-Schneckerl: Naja, in Mailand ist es von den Fans her doch 50:50. In Rom hat Roma immer die Nase vorne.
KURIER: Signori Prohaska, kommen wir zur Dolce Vita. Von der Lebensqualität her hat Rom schon die Nase vorne, oder?
Inter-Herbert: Ja, in Mailand ist aber das Zentrum wunderschön. Wir haben uns dort sehr wohl gefühlt und etwas außerhalb gewohnt in der Nähe des Trainingszentrums. Die Anlage war super mit einer Dachterrasse.
Roma-Schneckerl: In Rom war die Wohnung auch schön, im siebenten Stock. Und drei Mal in der Woche war der Lift kaputt. Da habe ich zusätzliche Trainingseinheiten absolviert. In Rom kannst du dir halt so viele Sachen anschauen. Jede Woche hatten wir Besuch aus Österreich und sind ins Kolosseum gegangen. Im Petersdom war ich 100 Mal öfter als im Stephansdom. Und das Klima ist halt in Rom ein Traum.
Inter-Herbert: In Mailand hat es geschneit, nur die haben leider keine Winterreifen.
KURIER: Welcher Klub ist größer: Inter oder Roma?
Inter-Herbert: Inter. Das ist seit jeher ein Weltklub, auch außerhalb von Italien beliebt und bekannt. Das erlebte ich auch bei einer Asien-Tournee.Roma-Schneckerl: Richtig, Roma war damals erst dabei, sich nach oben zu arbeiten. Heute ist auch Roma ein großer Verein.
Inter-Herbert: Ich musste für den Verein rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Umgekehrt haben sie sogar jemanden geschickt zum Wechseln einer Glühbirne.
KURIER: San Siro oder Olimpico? Welches ist das schönere Stadion?
Inter-Herbert: San Siro. Es ist zwar alt, aber immer noch unfassbar beeindruckend. Ein einziges Mal bin ich auf der Bank gesessen nach einer Gürtelrose. Und da habe ich erst bemerkt, wie steil diese Tribünen sind. Es würde mir das Herz bluten, wenn es abgerissen wird.
Roma-Schneckerl: Das Olimpico ist zwar laut, wenn es voll ist, aber nicht so beeindruckend. Aber ich habe das Kolosseum lieber als die Scala.
Inter-Herbert: Dorthin habe ich es leider nicht geschafft, obwohl ich mir gerne Opern ansehe. Aber wir waren mit Inter so oft kaserniert, es ist sich nicht ausgegangen.
Roma-Schneckerl: Rom ist mein zweites Zuhause, dort wollten wir ja länger leben. Die Menschen dort leben viel mehr im Heute. Welchen Wein hast du in Mailand getrunken?
Inter-Herbert: Die üblichen, einen aus der Toskana oder dem Piemont. Erst in Italien bin ich zum Weintrinker geworden. Wobei bei Inter durften wir kein Bier trinken.
Roma-Schneckerl: In Rom war das anders. Inter war Internat, Rom war Hochzeit. Wir durften alles essen und trinken.
KURIER: Inter, Roma und Fiorentina in drei Europacup-Endspielen. Sehen wir soeben die Wiedergeburt des italienischen Fußballs?
Roma-Schneckerl: Es ist zu früh, das zu beurteilen. Man darf nicht erwarten, dass das selbstverständlich wird.
Inter-Herbert: Dazu fehlt den meisten italienischen Vereinen das Geld.
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