Phänomen Bayern: Arrogant und zauberhaft

Thomas Mueller (L) of Bayern Munich celebrates with teammates after scoring against Chelsea during their Champions League final soccer match at the Allianz Arena in Munich, May 19, 2012. REUTERS/Kai Pfaffenbach (GERMANY - Tags: SPORT SOCCER TPX IMAGES OF THE DAY)
Man liebt ihn. Oder man hasst ihn. Dazwischen gibt es eigentlich nichts. Die Rede ist vom FC Bayern.

Dominanz in der Deutschen Bundesliga, Dominanz auf dem Transfermarkt. Spätestens mit dem Engagement von Starcoach Pep Guardiola, der von zahlreichen europäischen Spitzenklubs gejagt wurde, hat sich der FC Bayern erneut in jene Position gebracht, die seinem Anspruch gerecht wird.

Ein Anspruch, den die Protagonisten des Klubs nimmer müde werden, in aller Deutlichkeit zu betonen und der ihn auch dazu gemacht hat, was er ist. Dem Verein der polarisiert wie kein zweiter im deutschsprachigen Raum, wenn nicht in ganz Europa.

Nicht allzu viele Österreicher hatten bislang die Gelegenheit auch hinter die Kulissen des "FC Hollywood", wie er ob seiner oft glänzenden Stars, aber ebenso filmreifen Inszenierungen genannt wird, zu blicken. David Alaba ist einer von ihnen. Und genau er weiß auch, dass sein Arbeitgeber ganz schön unter die Haut gehen kann.

Alaba: "Ich hab’ die Bayern gehasst"

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Sein Talent war früh erkannt. Aber man muss dieses Talent auch Umsetzen können.
"Ich hab’ die Bayern gehasst. Die sind immer mit dem feinsten Trainingsanzug und dem schönsten Bus zu den Nachwuchsturnieren angereist und haben sich feiern lassen", erinnert er sich an Begegnungen mit den Münchnern zu Zeiten, als er selbst noch im Austria-Nachwuchs kickte. Dementsprechend hart mussten die Bayern kämpfen, um Alaba 2008 von der Austria nach München zu lotsen. Zwei Mal hat er das Angebot abgelehnt, um heute doch selbst den feinen Zwirn auszuführen.

Seine Meinung hat Alaba längst geändert. "Jetzt kenn ich den Verein von innen. Das ist wie eine große Familie. Ein super Verein. Bayern hat diese gewisse Arroganz, die man im Fußball braucht. Schon die Trainer im Nachwuchs stellen dich vor jeder Partie so ein, dass du den Gegner einfach nur weghauen willst."

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Große Klappe

Arroganz mussten sich die Verantwortlichen der Bayern immer wieder vorwerfen lassen. Nicht zu unrecht, wie unzählige Anekdoten und Zitate eindrucksvoll belegen. Etwa das Verweigern des üblichen Handshakes mit den Austria-Spielern vor dem Gastspiel zur 90-Jahr-Feier der Wiener im Sommer 2001. Oder sei es der teils respektlose Umgang mit der Konkurrenz, der schon in den 1970er-Jahren von Spielern wie Paul Breitner oder dem späteren Manager und Präsidenten Uli Hoeneß ausgeübt wurde. Und freilich sind die Bayern auch das eine oder andere Mal damit auf die Nase gefallen.

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Bayern Munich President Uli Hoeness speaks to the audience during the annual shareholders meeting of the German Bundesliga first division soccer club in Munich November 15, 2012. REUTERS/Michaela Rehle (GERMANY - Tags: SPORT SOCCER BUSINESS)
"Die sollen ruhig oben stehen bis Weihnachten. Aber der Nikolaus war noch nie ein Osterhase. Am Ende wird der FC Bayern wie immer oben stehen", posaunte etwa Hoeneß im Titelrennen 2007 in Richtung Bremen. Meister wurde am Ende übrigens Stuttgart vor Schalke, Bremen und den Bayern.

Wer die Bayern aber schätzt oder etwa intern kennengelernt hat, formuliert das ganze freilich anders. So zum Beispiel Gustl Starek, der 1969 mit den Bayern den zweiten von insgesamt 22 Meistertitel gewann und den Klub naturgemäß ins Herz geschlossen hat. Arroganz ortet Starek nicht. "Der, der das oberflächlich betrachtet, kann diesen Eindruck bekommen, weil sie sehr selbstbewusst auftreten. In Wahrheit ist der FC Bayern aber der sozialste Klub der Welt." In der Tat hat der Klub, der zu den erfolgreichsten der Welt zählt, viel weniger Titel gewonnen als soziale Projekte unterstützt und nicht selten damit den einen oder anderen Feind zum Freund gemacht.

450.000 Euro für den Wiederaufbau nach dem Tsunami in Südostasien, 300.000 Euro für die Welthungerhilfe oder schlicht die Organisation von Reisen behinderter Fans zu diversen Spielen sind nur ein Bruchteil unzähliger Maßnahmen, die ebenso erwähnenswert sind wie die Rettung anderer Klubs. So bestreiten die Bayern heute Nachmittag ein kostenloses Gastspiel beim Drittligisten Alemannia Aachen, um mitzuhelfen, dass dem Traditionsklub das Zusperren erspart bleibt.

Finanzspritze

Auch der heute größte nationale Konkurrent Dortmund kann ein Lied von der Großzügigkeit des Rekordmeisters singen. 2003, als der BVB vor dem Ruin gestanden war, liehen die Bayern dem Rivalen zwei Millionen Euro, damit dieser seine Gehälter ausbezahlen konnte.

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Harald Cerny, U-15-Trainer Bayern München
Wiederum unbeliebt machte man sich durch gezielte Schwächungen der Konkurrenz. Das Abwerben prominenter Spieler fand ebenso in den 1970er-Jahren seinen Ursprung und in jüngster Vergangenheit seinen Höhepunkt. So wurde etwa Mario Gomez um 30 Millionen Euro aus Stuttgart und Manuel Neuer um 25 Mio. von Schalke geholt. Eine Tradition, die schon an der Basis gelebt wird, wie der ehemalige Jugendchef Werner Kern erzählt: "Als 2009 die besten Nachwuchsspieler von 1860 München nicht zu uns kommen wollten, weil sie dort mit Harald Cerny so einen guten Trainer haben, haben wir eben die Spieler und Harald Cerny geholt."

Als zehnjähriger Knirps ist man fasziniert von schönen Dressen und bunten Logos. Was überbezahlte Stars vor der Kamera in die Mikros plappern? Uninteressant. So bin ich reingekippt, in die Bayern-Welt. Später bemerkt der junge Widder, wie diese Angriffs- und Siegeslust den eigenen Charakterzügen gleicht – eine Liebesbeziehung ist perfekt.

Herrlich, wie der Gegner nicht besiegt, sondern demoralisiert wird. Genau dann, wenn’s drauf ankommt. Oft in letzter Sekunde. Bayern-Dusel? Das zeugt nicht von Glück, sondern von Nerven- und Konditionsstärke. Hätt’n mia so vü Glück, wia alle sagn, dann hätt’ ma no zwoa Champions-League-Titel (1999, 2012) mehr in da Tasch’n. Aber dafür sorgt dann eh’ der neue Trainer Sepp. Und es beruhigt, dass dank Onkel Ulis Geschäftssinn diese blühende rote Rose nie verwelken wird.

Mein größter Wunsch? Ein Candle-Light-Dinner mit einer Schönheit wie Sarah Brandner wäre nett. Aber lieber ginge ich mit ihrem Basti Schweinsteiger auf ein paar Weißbier.

Andreas Heidenreich

Kann ein Fußballklub eigentlich auch zu perfekt geführt sein? Ja, er kann. Vor allem dann, wenn er wie der FC Bayern das Upperstatement zur Methode erklärt hat.

Diese deutsche Gründlichkeit der Bayern. Diese Erfolgsbesessenheit, die fast krankhaft wirkt. Dieses selbstherrliche Mia-san-mia-Geschwafel. Diese ständigen Verweise auf die eigene Ausnahmestellung und die wirtschaftlichen Probleme der anderen – für so einen Klub muss zwangsläufig die Ungustl-Vermutung gelten. Irgendwie nur konsequent, dass der FC Bayern jahrelang auch magnetisch die Unsympathler der Fußball-Szene angezogen hat: Lothar Matthäus, Stefan Effenberg, Oliver Kahn, Louis van Gaal. . .

Gottlob, es ist Besserung in Sicht: David Alaba hat mir die Bayern wieder etwas nähergebracht, und Pep Guardiola macht den Klub nun noch einmal sympathischer – selbst für einen bekennenden Bayern-Hasser wie mich. Nur, Bayern-Bettwäsche kommt mir trotzdem so schnell keine ins Haus.

Christoph Geiler

Phänomen Bayern: Arrogant und zauberhaft
Eine einfach Rechnung bringt interessante Zahlen. Wirtschaftsexperten des Wall Street Journal haben die Summen, die jeder deutsche Bundesligavereins in seinen Profikader investiert, durch die in der Vorrunde dieser Saison erreichte Punktzahl geteilt. Heraus kam eine etwas andere Tabelle der Fußball-Bundesliga.

Sie gibt Auskunft über die Effizienz der 18 momentan besten deutschen Klubs. Spitzenreiter in dieser Wertung ist der SC Freiburg, dem jeder seiner 26 Punkte 620.000 Euro kostete. Schlusslicht ist der VfL Wolfsburg, der sich mit Diego auch den Spitzenverdiener der Liga leistet. Der Brasilianer verdient 8,2 Millionen Euro brutto im Jahr.

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