Geldnöte: "Österreich verträgt nur 12 Profi-Klubs"

Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer
Tabubruch vom Bundesliga-Vorstand: Christian Ebenbauer tritt für das Ende der beiden Zehnerligen ein.

Heute fällt das Urteil: In erster Instanz werden die Lizenzen zum Weiterspielen für die 20 Bundesliga-Klubs erteilt.

Liga-Vorstand Christian Ebenbauer blickt darüber hinaus – und in den Abgrund. Aus wirtschaftlichen Gründen steht das System mit zwei Zehnerligen vor dem Ende. Ebenbauer bricht im KURIER-Interview ein Tabu und spricht sich für nur noch eine Profi-Liga aus. Mit 12 bis maximal 14 Vereinen.

KURIER: Ist die Lizenzierung heuer noch heikler, weil mit der insolventen Austria Salzburg fix ein Klub wegbricht?

Christian Ebenbauer:Das kann ich jetzt wirklich nicht sagen, weil ich die Unterlagen nicht kenne. Die Ergebnisse bekomme ich vom Lizenz-Manager nur Stunden und nicht Tage vor den Medienvertretern. Auf jeden Fall müssen wir darauf achten, dass die Lizenzierung so stark ist, dass die künftige Saison wieder mit allen Teams ohne Einschränkungen zu Ende gespielt werden kann.

Sie weisen seit Monaten darauf hin, dass das Format mit zwei Fix-Absteigern aus der zweiten Spielklasse (= "Erste Liga", Anm.) Probleme schafft. Ist Bewegung beim ÖFB und den Landesverbänden erkennbar?

Das Problembewusstsein ist da, auch beim ÖFB. Es geht um die Hauptfrage: Mit welchem Ligenformat können wir den Fußball unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen und infrastrukturellen Voraussetzungen sportlich am besten weiterentwickeln? Denn die rein sportliche Entwicklung ist gut, nicht nur beim Nationalteam.

Die Landesverbände wehren sich gegen eine Änderung, weil den drei Regionalligen ohnehin nur zwei Aufsteiger zustehen. Wie argumentieren Sie?

Geldnöte: "Österreich verträgt nur 12 Profi-Klubs"
01.11.2014 Fussball , Bundesliga , Wr. Neustadt - Groedig Stadion im Nebel , Domenik Schierl Copyright Agentur DIENER / Alex Domanski
Wir haben kundgetan, dass die zwei Absteiger aus der zweiten Spielklasse wegen des erwartbaren Abstiegskampfes automatisch zu hohem Zusatzrisiko bei den Vereinen führen. Das kann auf Dauer nicht gehen. Darüber gibt es in der Bundesliga Konsens. Sonst stehen wir in ein oder zwei Jahren vor der Problematik, dass nach der Lizenzierung nur noch 15 oder 16 Vereine und nicht 20 übrig bleiben könnten. Zusätzlich merken wir auch, dass aus der Regionalliga immer weniger potenzielle Profiklubs nachrücken. Und die Lage wird sich künftig nicht bessern.

Wie meinen Sie das?

Es kommen mehrere große Probleme auf uns zu. Erstens: der Wartungserlass des Finanzministeriums, also zusätzliche Kosten, weil der Profi-Bereich in eine Kapitalgesellschaft ausgegliedert werden muss. Zweitens: die Registrierkassenpflicht, das heißt mehr Kosten und weniger Ehrenamtliche, die bereit sind, im Verein mitzuhelfen. Drittens: Unser Kollektivvertrag ist mit 1200 Euro brutto niedrig angesetzt – trotzdem war schon Thema, die 20 verpflichtenden Profis in der Ersten Liga zu reduzieren. Mehr sparen als bisher geht aber nicht mehr.

Das sind düstere Aussichten.

Deswegen müssen wir darüber sprechen. Abgesehen davon ist nicht gesichert, dass jede Partie der zweiten Spielklasse auf ewig live im TV zu sehen sein wird. Das wird nur gehen, wenn etwa weiter in die Flutlichter für verbesserte HD-Übertragungen investiert werden kann. Woher soll dafür das Geld kommen?

Kurz zusammengefasst: Das System mit den beiden Zehnerligen steht vor dem Kollaps?

Sportlich sind die beiden Zehnerligen nach all unseren Analysen das beste Format. Aber aus wirtschaftlicher Sicht verträgt Österreich mit der derzeitigen Absteigerregelung in der zweiten Spielklasse sicher nicht 20 Profi-Vereine.

Und wenn die Vertreter des Amateurfußballs nachgeben und wieder von zwei auf einen Absteiger reduziert werden kann?

Dann ist der Fortbestand auch nur möglich, wenn die Höchstligisten weiterhin so solidarisch mit 22 Prozent der Gesamteinnahmen in die untere Spielklasse querfinanzieren und mehr Erlöse generiert werden.

Könnte die Bundesliga die zweite Spielklasse zur Not als Halbprofi-Liga ausrufen?

Nein, das Statut sieht Profivereine vor. Wir könnten ja dann auch nicht mehr die Lizenzierung umsetzen. Und der mit der Gewerkschaft geschlossene Kollektivvertrag wäre dann auch nicht mehr umsetzbar.

Welche langfristige Lösung schwebt Ihnen demnach vor?

Wichtig ist, die richtige Lösung zu finden, da es keine ideale gibt. Unter den derzeitigen Bedingungen ist das realistischerweise eine Profiliga. Österreich verträgt wirtschaftlich nur 12 Profi-Klubs, maximal 14. Wenn wir gegen eine geschlossene Liga sind – und das bin ich – kann es nur eine nicht zu große Profiliga geben, für die sich dann auch noch mögliche Aufsteiger anbieten.

Das würde bei 12 bis 14 Teilnehmern mit der üblichen Hin- und Rückrunde 22 oder maximal 26 Saisonspiele ergeben ...

... das ist eindeutig zu wenig. Es gibt aber viele interessante und international erprobte Möglichkeiten mit Play-offs im Frühjahr oder einem Turniermodus im Finish.

Wäre eine 16er-Liga mit zwei Absteigern und darunter zwei starken Regionalligen nicht die rundere Lösung?

Eine 16er-Liga ist meiner Meinung nach aber nicht zielführend. Erstens, weil es nicht 16 Vereine in Österreich gibt, die die Anforderungen zur Infrastruktur der obersten Liga erfüllen können. Es gibt auch nur 14 passende Stadien, und da ist das Happel-Stadion schon miteingerechnet. Zweitens würde wirtschaftlich für alle Klubs weniger übrig bleiben als bisher.

Also zu wenig Plus für viel Minus bei einer 16er-Liga?

Ja. Wir müssten in allen Bereichen herunterfahren. Gerade jetzt, wo wir endlich die Rasenheizungspflicht und die für HD-TV tauglichen Flutlichter in der obersten Spielklasse durchgesetzt haben, können wir nicht schon wieder nachlassen.

Vorstand

Der studierte Jurist Christian Ebenbauer wurde am 9. Oktober 1975 in Wien geboren. Das Ex-Rapid-Talent wurde 2014 nach der Ära Pangl zum Vorstand für Recht und Spielbetrieb gewählt. Reinhard Herovits ist als Vorstand für Finanzen und Lizenzierung gleichgestellt.

Lizenzierung

Heute erteilt die Bundesliga die Lizenzen in erster Instanz. Für die zweite Instanz können noch Unterlagen nachgereicht werden, das Protestkomitee entscheidet bis 15. Mai. Zuletzt ist der Gang vor das Ständig Neutrale Schiedsgericht möglich. Bis 31. Mai wird endgültig entschieden.

Diskutiert und gestritten wird auf Stadiontribünen und an Wirtshaustischen schon seit geraumer Zeit. Wie könnte ein Format denn aussehen, das dem österreichischen Fußball ein professionelles Erscheinungsbild verleiht? Wie viele Klubs sind überlebensfähig, welcher Modus verdirbt nicht den Charakter einer ernst zu nehmenden Meisterschaft?

Ernüchternd bleibt die Erkenntnis: Die ideale Lösung steckt noch in des Zauberers Hut.

Jedoch: Geschehen muss etwas. Darüber herrscht mehrheitlich Einigkeit. Eine Bundesliga kann und will es sich künftig nicht mehr leisten, am Anfang einer Saison keine Gewissheit darüber zu haben, wer am Ende der selbigen noch mit von der Partie sein wird. (Siehe die aktuelle zweithöchste Liga, oder man schlage nach im Geschichtsbuch des heimischen Profifußballs).

Die internationale Spaltung hat längst stattgefunden. Österreich und vergleichbare Nationen suchen nach adäquaten Modellen. Modelle, die sich einfach nicht mehr an Ligen orientieren können, die nachweislich reich sind, oder wenigstens vorgeben, reich zu sein.

Liga-Vorstand Christian Ebenbauer hat sich für eine Schrumpfung des Vereines ausgesprochen, dem er selbst vorsteht. Deshalb ist eine solche Aussage durchaus mutig. Alle Beteiligten sollten an der Problemlösung mitwirken, wie eine Bundesliga mit zwölf Klubs vielleicht doch zu meistern ist.

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