Neue Rolle für ÖFB-Frauen: Der Underdog in der Favoritenrolle

Im April jubelte Österreich in Wr. Neustadt über einem 3:1-Heimsieg gegen Nordirland in der WM-Qualifikation..
Die Österreicherinnen müssen am Montag Nordirland besiegen, um die Aufstiegschance bei der EM in England zu wahren.

Pflichtsieg ist das Unwort der letzten Tage im Teamcamp des österreichischen Frauen-Nationalteams. Jede verweigert es. Jeder. ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel verortete das Unwort vor dem Spiel gegen Nordirland am Montag in Southampton (18 Uhr/live ORF1) in die Sprachwelt der Medien. Er sagte lieber: „Wenn wir ein Endspiel wollen, dann brauchen wir drei Punkte.“ Nachdem alle ein K.-o.-Duell gegen Norwegen im Kampf um einen Platz im Viertelfinale wollen, ist ein Sieg also Pflicht.

Neben Pflichtsieg ist auch das Wort Druck derzeit alles andere als beliebt. Sarah Zadrazil sagte: „Ich verspüre keinen. Gegen England waren wir der Underdog, jetzt sind wir der Favorit. Wir können mit der Rolle umgehen.“

Schöttel war in Southampton bei der 1:4-Niederlage von Nordirland gegen Norwegen. Schon nach einer halben Stunde stand es 3:0. „Ich hatte schon Angst, dass das Ergebnis noch höher ausfällt.“ Es geht auch um das Torverhältnis, das bei einem Remis gegen Norwegen entscheidet. Ab 21 Uhr MESZ wird sich heute im Spiel zwischen England und Norwegen entscheiden, wie die Situation vor dem letzten Spieltag tatsächlich aussieht.

Bekannter Gegner

Österreich gegen Nordirland hat eine besondere Vorgeschichte: Noch nie hatte es ein Duell dieser beiden Teams gegeben. Dann wurden sie in der EM-Endrunde in eine Gruppe gelost, danach gab es in der WM-Qualifikation ein 2:2 in Belfast und ein 3:1 in Wiener Neustadt. Schöttel sagte: „Jede kennt ihre Gegenspielerin.“ Und so zählt jede auch die Vorzüge der Nordirinnen auf. „Robust“, fällt an erster Stelle. Der Begriff „Starkes Kollektiv“ ist ebenfalls beliebt. Wie auch „schnelles Umschaltspiel“.

Teamchefin Irene Fuhrmann interessiert die Vorgeschichte nicht. „Das Rundherum ist bei der EM ein ganz ein anderes. Aber wir haben gesehen, dass sie uns wehtun können.“

Mit ÖFB-Chefanalyst Stefan Oesen und Michael Brownlow waren zwei Spielanalysten an der Seite von Peter Schöttel in Southampton beim ersten Auftritt der Nordirinnen bei einer EM. Es wurden Verhaltensweisen des Gegners aufgearbeitet und den Spielerinnen präsentiert. Für Viktoria Schnaderbeck ist es neues Spiel, neues Glück: „Unsere Betreuer werden da einen ganz anderen Spielplan ausarbeiten. Den wollen wir mit Angriffslust und Spielfreude umsetzen.“

Hauptsache Tor

Um zu siegen, muss zumindest ein Tor erzielt werden. Nicole Billa hat schon 43 Tore im Teamdress geschossen. Die 26-Jährige sagte: „Für mich ist wichtig, wie sich die Abwehrkette verhält und wie wir sie als Team bearbeiten. Hauptsache, es gelingt ein Tor, wurscht, wer es macht.“

Die Österreicherinnen sind mittlerweile auch in einer unbekannten Rolle: Bei der ersten EM-Teilnahme 2017 wurde keines der fünf Spiele verloren. Jetzt lernte man das Gefühl gegen England kennen. „Wir brennen darauf, dass wir die ersten Punkte holen“, sage Sarah Puntigam. Wobei Zadrazil aber betonte: „Der Fokus liegt auf uns. Wir müssen im Pressing und in den Ballbesitzphasen präsent sein.“

Teamchefin Irene Fuhrmann gibt ein bisschen den Ton vor. Sie sagt: „Druck spüre ich gar nicht, sondern Vorfreude und Dankbarkeit, dass wir hier sind.“ Gegen England war man der Underdog. Vor diesem Spiel hatte eine der Favoritinnen, Englands Kapitänin Leah Williamson, gesagt: „Druck ist ein Privileg.“

Auch für Österreich.

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