Messi auf der Überholspur in die Ewigkeit

Messi auf der Überholspur in die Ewigkeit
Lionel Messi erzielte 2012 86 Tore. Warum jubelt der Barça-Star öfter als alle anderen?

Welchen Wert hat die Zahl der geschossenen Tore in einem Kalenderjahr? Keinen, wenn sie sich in üblichen Dimensionen bewegt. Erst, wenn eine Bestmarke in Gefahr ist, dann können auch solch kuriose Zahlen Bedeutung gewinnen. Dann beginnt die Arbeit der Statistiker, dann werden Erfolgsgeschichten auf dem Fußballplatz mit mathematischen Vokabeln zu erzählen versucht.

Messi auf der Überholspur in die Ewigkeit
Eine dieser unendlich schönen Geschichten schreibt Lionel Messi. Der 25-jährige Argentinier, der Rekorde bricht wie andere ihre guten Vorsätze, trug sich am Sonntagabend wieder ein in den Sport-Büchern. Messi erzielte bei Betis Sevilla beide Tore zum 2:1-Erfolg des FC Barcelona. Er und seine Teamkollegen feierten ein wenig ausgelassener als sonst. Denn mit dem zweiten Tor überholte er Gerd Müller in der Wertung "Geschossene Tore in einem Kalenderjahr".

86 Treffer hat Messi 2012 bereits erzielt. Es wäre eine Überraschung, würde er in den verbleibenden vier Partien nicht auch noch die 90er-Marke übertreffen. Und ganz nebenbei übernahm Messi auch noch den Klubrekord. 192 Tore für Barcelona erzielte Messi seit 2004, um zwei mehr als Cesar Rodriguez von 1939 bis 1955.

Keine Ewigkeit

Müllers Rekord hielt 40 Jahre, obwohl er für die Ewigkeit bestimmt war. Dass ein Genie wie Messi den Fußball derart prägen würde, das war damals nicht vorhersehbar. Messi ist doch die Antithese des Fußball-Stars. Er ist nur 1,69 Meter groß, er schwingt keine großen Reden, er gibt der Klatschpresse keine Gelegenheit für Skandalgeschichten und er sieht eher aus wie ein Mittelschüler, als der beste Fußballer der Welt.

Doch auf dem Feld schlägt er in unnachahmlicher Manier zu. Er ist kein Knipser wie Müller, der im Strafraum auf seine Chance wartete. Meist ist Messi der Initiator. Die Hälfte seiner Treffer erzielte er nach Tempodribblings, bei denen er vier, fünf Gegenspieler narrte. Mit bis zu viereinhalb Schritten pro Sekunde braust er Richtung Tor und sieht dabei aus wie eine Figur in einem Computerspiel. Vielleicht spielt er sich selbst. Sein liebstes Hobby in der Freizeit ist PlayStation spielen. Fußball natürlich.

Keine Chaostheorie

Seine Aktionen im realen Spiel basieren weniger auf Zufall, wie viele Experten meinen. Messi studiert im Training vieles ein. Salzburg-Stürmer Jonathan Soriano, der mit Messi bei Barcelona trainierte, erzählt: "Im Training probiert er die Abläufe immer und immer wieder. Wie, wann und wo Messi in einer Partie angespielt werden soll, das wird bei Barcelona bis zur Perfektion geübt."

Trotz seines schüchternen Auftretens sind Konzerne von Messis Werbewert überzeugt. Adidas, Dolce & Gabbana, Pepsi, EA Sports u. a. zahlen 22 Millionen Euro pro Jahr. Barcelona legt jährlich noch einmal elf Millionen an Gehalt drauf. Mit 33 Millionen Euro pro Jahr distanzierte er auch Real-Star Cristiano Ronaldo, der auf 29,5 Millionen Euro kommt.

Es wäre keine große Überraschung, würde diese Reihung auch im Ergebnis bei der Wahl zum Fußballer des Jahres am 7. Jänner stehen.

Die großen Helden von einst rücken oftmals erst dann wieder in den Blickpunkt, wenn ihr Rekord gebrochen wird. Gerd Müller geht es nun so. Seit Sonntag ist der Deutsche seinen 40 Jahre alten Torrekord los. Der damals 27-jährige Stürmer von Bayern München erzielte 1972 insgesamt 85 Tore in Pflichtspielen.

Freilich, der Name Müller ist selbst der heutigen Jugend ein Begriff. Seine Torgefährlichkeit brachte Deutschland den WM-Titel 1974 und den EM-Sieg 1972 sowie den Bayern drei Siege im Europapokal der Meister und vier Meistertitel. 1970 war Müller WM-Schützenkönig (10 Treffer) und wurde zu Europas Fußballer des Jahres gewählt, zwei Mal war er Europas bester Schütze (1970/38 Tore, 1972/40 Tore), sieben Mal Bundesliga-Topscorer. Für seine Bayern erzielte er 365 Tore in 427 Ligaspielen.

Müller versuchte sein Glück in den USA und kehrte als alkoholkranker Mann zurück. Nach einer Entziehungskur kam er durch Vermittlung von Franz Beckenbauer bei den Bayern unter, wo er seit 1992 Co-Trainer der zweiten Mannschaft ist.

DER KOPF

Messi hat fast nur den Fußball im Kopf. Er spricht wenig, und wenn doch, dann hauptsächlich über sein Lieblingsthema. Wenn der Argentinier nicht auf dem Platz steht, spielt er gerne auf der PlayStation Fußball – und zwar am liebsten sich selbst.

DER LINKE FUSS

Messi hat in den ersten 15 Spielen der laufenden Saison in der Primera Division bereits 23 Tore erzielt. 21 davon mit seinem linken Fuß. Direkt nach einem Probetraining ließ Barcelona den 13-Jährigen auf einer Serviette den ersten Vertrag unterzeichnen. Nachdem er von Ex-Trainer Guardiola von der linken auf die rechte Seite versetzt wurde, zieht er meist mit hohem Tempo in die Mitte und kann mit links abschließen.

DAS AUFTRETEN

Da Messi öffentliche Auftritte verabscheut, schreibt der Linkshänder auch kaum Autogramme. Ohne offensiv an seinem Image zu arbeiten, hat er es noch vor Cristiano Ronaldo und Beckham zum bestbezahlten Fußballer der Welt geschafft. Zu finden ist er am ehesten in einem der Cafés nahe seinem Wohnort südlich von Barcelona.

DIE KÖRPERGRÖSSE

Messi kam nach Barcelona, weil sich seine Eltern die Behandlung seiner Wachstumsstörung um 900 Euro pro Monat nicht mehr leisten konnten. Als 13-Jähriger war er nur 1,40 m groß, der Verein übernahm die Therapie- Kosten. Der beste Spieler der Welt ist nur 1,69 m.

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