„Meine größte Leistung: 40 Jahre Ehe“

„Meine größte Leistung: 40 Jahre Ehe“
Hans Krankl wird 60. Im KURIER-Interview spricht er über sein Leben, seine Musik, seine Fehler.

Als Hans Krankl ein halbes Jahrhundert alt wurde, gab es eine groß inszenierte Party für den damaligen Teamchef. Zehn Jahre später will der Jubilar den 60. Geburtstag am 14. Februar ganz bewusst nur im Kreis seiner ihm heiligen Familie feiern. „Dann gibt es noch einen Abend mit den engsten Freunden – das reicht“, sagt Krankl, der am Dienstag aus dem Urlaub nach Österreich zurückkehrte.

Dorthin, wo allein die Anzahl seiner Spitznamen und Synonyme beweist, wie viele Rollen Hans Krankl gespielt und mit Emotionen befüllt hat: Goleador, Hanse, Grauer Bomber, Johann K., Nachtfalke. Zuletzt ist es um die schillerndste Figur in Österreichs Fußball ruhiger geworden. Seine Trainerkarriere sieht der berühmteste Rapidler als „endgültig beendet“ an, wie er im KURIER-Interview erklärt. Still sein will Krankl aber noch lange nicht.

KURIER: Werden Sie zum Ski-Enthusiasten, wenn der Fußball ruht?
Hans Krankl:
Ich verfolge als Österreicher natürlich die WM im eigenen Land. Leidenschaftlich dabei war ich bei meinen Helden: Sailer, Schranz, Klammer, Moser-Pröll, Stock und zuletzt Hermann Maier.

Und Ihre Leidenschaft für den Fußball – ist die unverändert groß?
Ja, mein Leben ist vom Fußball bestimmt. Das ist das, was ich kann, wo ich mich am besten auskenne.

Wollen Sie noch als Trainer arbeiten?
Nein. Nach dem Intermezzo beim LASK habe ich in mir selbst ein ewiges Hin und Her gespürt. Aber mittlerweile habe ich damit endgültig abgeschlossen. Ich hatte meine Zeit. Ich hatte auch meine Erfolge, oder Misserfolge, wie es die Kritiker nennen. Ich wurde als Trainer ja immer an meiner Spielerkarriere gemessen, und das geht einfach nicht.

Wie meinen Sie das?
Als Fußballer war ich auf dem höchsten Niveau – das hätte ich als Trainer nur erreichen können, wenn ich zu einem großen Klub komme. Das habe ich nicht geschafft und so auch akzeptiert.

Sie sind nun für „Sky“ selbst der Kritiker. Üben Sie gerne Kritik?
Ich tu’ mir jetzt noch sehr schwer, Trainer zu kritisieren, die meine Spieler waren: Schöttel, Stöger, Kühbauer, Kirchler. Wenn einer beleidigt ist, frage ich: ,Hallo, was schaust’ so blöd? Hast’ Augenweh?‘ Entweder sie lachen dann und wir reden uns aus, oder sie bleiben halt bös’. Dabei will ich nie jemanden persönlich beleidigen. Der persönliche Respekt ist mir sehr wichtig.

Als Peter Schöttel 2006 noch Rapid-Sportdirektor war, hatten Sie heftige Auseinandersetzungen. Wie ist Ihr Verhältnis jetzt?
Er dachte damals, ich will seinen Job. Wollte ich aber nie. Jetzt haben wir ein gutes Verhältnis. Schöttel ist ein Mann mit Charakter, der immer sehr ruhig ist. Das geht bei Rapid halt nicht immer.

Werden Sie bei Rapid wieder eine Position einnehmen, wenn Dietmar Hoscher im Herbst der neue Präsident wird?
Ich beobachte alles, habe mir aber abgewöhnt, Prognosen abzugeben. Für eine Rückkehr müsste es dann so sein, wie ich das will. Ob das auch gewollt wird? Ich brauche ja keine Ämter. Es gibt genug Präsidenten und Funktionäre, die an ihren Ämtern hängen, dass es einem graust. Das bin ich nicht. Aber ich will jetzt nicht persönlich werden.

Hat sich Ihr Blick auf den Fußball verändert?
Ich würde immer gerne offensiv spielen lassen, 4-3-3, mit sofortiger Balleroberung. Das, was Barcelona perfektioniert hat. Aber da braucht es auch das Spielermaterial. Der Vater dieses Systems ist Johan Cruyff – mein einziges Vorbild als Trainer.

Sehen wir von Barcelona den absoluten Höhepunkt im Fußball?
Man darf nie vom Maximum sprechen, aber sie sind fast dort. Allen voran der kleine liebe Gott Lionel Messi. Es wird nie mehr eine so gut spielende Mannschaft geben wie Barcelona in den letzten Jahren.

Wie beurteilen Sie die Entwicklung im österreichischen Fußball?
Der Fehler war, dass viel zu lange auf das damalige „deutsche System“ geschaut wurde, also auf die Athletik und die Zehnkämpfer-Typen. Dabei wurden zwei Entwicklungen verschlafen: Die technisch-taktische in Italien. Deshalb waren wir unter den Letzten mit Raumdeckung. Und dann das aktuelle spanische Spiel mit den kleinen, flinken perfekten Technikern.

Zu Ihrer Zeit wurde in Barcelona noch viel weniger bezahlt. Würden Sie gerne tauschen?
Ich habe im Vergleich zu den heutigen Stars Peanuts verdient, ganz kleine Nüsse. Aber das ist okay, die Zeit ist eine andere. Dafür konnte ich mit meiner Frau und dem Kinderwagen noch auf der Straße gehen und alle waren freundlich , aber nie aufdringlich.

Hätten Sie als prominenter Fußballer mit der heutigen Medienlandschaft Probleme?
Sicher. Ganz große sogar! Das Privatleben ist absolut tabu. Homestorys machen nur Wappler. Das würde nie infrage kommen.

„Meine größte Leistung: 40 Jahre Ehe“

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Hansi unser
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Mit Hans Krankl zum FC Barcelona: Incentivereise m
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Johann K. - Pur!

Die „Dancing Stars“ hätten Sie gerne als Teilnehmer. Gibt es auch aus der Politik Anfragen an Sie?
Ich soll bei jeder Staffel der „Dancing Stars“ mitmachen und antworte immer gleich. Aus der Politik gibt es öfters Anfragen, aber das ist nicht mein Revier. Für einen Politiker wäre ich viel zu ehrlich, aufbrausend und direkt. Die würden mich in drei Tagen zerfetzen, nach einer Woche würde ich geopfert werden. Ich verschlinge aber politische Biografien. Zuletzt von Rudy Giuliani, dem Ex-Bürgermeister von New York, und von Julius Cäsar.

„Meine größte Leistung: 40 Jahre Ehe“
Wie begegnen Ihnen die Menschen auf der Straße?
Die Leute sind super! Seit ich Teamchef war, spüre ich viel mehr Sympathien. Die Menschen haben mich in dieser Position gerne gesehen, weil es ehrlich war, nicht aufgesetzt. Ich war bekannt als der Patriot. Die Mannschaft hat immer alles gegeben, auch wenn wir verloren haben. Mehr war nicht drinnen.

Mit welchem Gefühl denken Sie an die Heim-EURO 2008 zurück?
(denkt lange nach) Mit dem Gefühl, dass wir nicht gut waren. Dass es mit mir als Teamchef besser gegangen wäre. Das meine ich wirklich so. Aber da tue ich mir leicht, weil es nicht zu beweisen ist (lacht).

Sehen Sie es also heute noch so, dass Ihnen „die EURO gestohlen wurde“?
Ja, da stehe ich dazu, aber das ist lange vorbei. Das interessiert mich selbst schon fast nicht mehr.

Was würden Sie im Rückblick ändern?
Es ist mir fast alles aufgegangen. Natürlich wäre ich als Trainer gerne mit Rapid Meister geworden. Cupsieger war ich ja zwei Mal fast: Gegen die Austria waren wir bis in die Nachspielzeit vorne. Und gegen Stockerau verliert man ein Mal in 1000 Spielen. Aber ob ich jetzt Meister und Cupsieger war, oder nicht, macht mich nicht um einen Millimeter zu einem besseren oder schlechteren Trainer. Das ändert an sich nichts. Es passt, wie es gelaufen ist.

Als Spieler haben Sie ein Angebot des AC Milan abgelehnt, um nach Österreich zurückkehren zu können. Das würden nicht viele tun ...
Da wurde ich jetzt doch erwischt. Ja, das war ein Fehler, absolut. Ein schwerer Fehler!

Bekommt Ihr Alter für Sie schon etwas Bedrohliches?
Nein. Ich spiele jeden Mittwoch und Samstag Fußball. Solange ich da meine Tore schieße und ich mich danach spüre – also so, dass mir alles weh tut – hat das Alter nichts Bedrohliches für mich.

Sie werden 60. Sind Sie ein glücklicher Mensch?
Ja, ich bin glücklich und gesund. Ich fühle mich als 60-Jähriger wie 30. Nein, wie 59 (lacht). Das Wichtigste ist mir mein Mikrokosmos – meine Familie. Ich bin mit meiner Frau seit 40 Jahren verheiratet. 40 Jahre Ehe! Das ist meine größte Leistung und mehr wert als meine gesamte sportliche Karriere. Ich kann schon sagen: Es soll so bleiben, wie es ist.

Verraten Sie uns zum Schluss noch ein Geheimnis: Gibt es jemanden, der Sie Johann nennt?
Ganz wenige. Im Fußball trage ich „Hanse“ als Prädikat. Sonst bin ich der Hans. Aber es gibt genau zwei enge Freunde, die Johann zu mir sagen.

Johann „Hans“ Krankl (*14. Februar 1953) kam 1970 zu Rapid. Der Linksfuß schoss in Österreich 320 Liga-Tore, 41 alleine 1977/’78. Von
1978–’80 (mit einem Abstecher zur Vienna) spielte der „Goleador“ bei Barcelona, wo er Torschützenkönig und Europacup-Sieger wurde. Nach den zweiten sechs Jahren bei Rapid (Europacup-Finale) stürmte er für den Sportklub, Krems und Salzburg. Im Team gelangen 34 Tore in 69 Spielen, sowie die WM-Qualifikation 1978 und 1982. Als Trainer war Krankl ab 1989 für Rapid, Mödling, Innsbruck, Gerasdorf, Salzburg, Fortuna Köln und Admira tätig. Auf die Teamchef-Ära (2002–’05) folgte 2009 der LASK. Heute arbeitet der dreifache Vater als TV-Experte (Sky) und Kolumnist (Österreich).

Eine Liste für den guten Ton

Neben dem Fußball gehören „Musik, Mode und Kultur“ zu den großen Leidenschaften von Hans Krankl. „Davon war ich immer fasziniert. Und ich bin stolz, dass ich mit Profis wie meinen Freuden von ,Monti Beton‘ Musik machen darf.“ Für den KURIER stellte der „Nachtfalke“ seine ewigen musikalischen Top Ten zusammen.

1. The Beatles „Lennon, McCartney, Harrison, Starr – jeder für sich ein Gott.“

2. The Kinks „Das sind auch Götter, klarer Platz zwei.“

3. Bob Dylan „Robert Zimmerman, wie er ja wirklich heißt, ist mein liebster Solo-Künstler.“

4. Johnny Cash „Neben ihm höre ich auch gerne modernen Country.“

5. Miles Davies „Der beste Jazzer aller Zeiten ist ein Gott an der Trompete.“

6. U2 „Von den Bands, die es jetzt noch gibt, beeindrucken sie mich am meisten.“

7. 70er-Jahre Soul „Da höre ich viel. Ich mag den Philadelphia-Sound und besonders Marvin Gaye und Isaac Hayes.“

8. Ella Fitzgerald „Ich habe Sänger lieber, aber eine Frau muss dabei sein.“

9. Calexico „Von den aktuellen Sachen mag ich Calexico am liebsten.“

10. Austro-Pop „Platz zehn geht geteilt an: Ambros, Fendrich, Danzer, Cornelius, Bäer, Resetarits – auf die können wir stolz sein, das sind großartige Musiker.“

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