Marek: "Das war ein gefährliches Spiel"

Marek: "Das war ein gefährliches Spiel"
Die Rapid-Stimme: Andy Marek spricht über den Platzsturm, die Fehler von Rapid und den Boykott der beleidigten Fans.

Rapid empfing Ried im Hanappi-Stadion als Tabellenführer. Beleidigte Hardcore-Fans setzten ihren Stimmungsboykott dennoch fort. Niemanden schmerzt das mehr als Andy Marek.

Der 49-jährige Waldviertler aus Leidenschaft ist bei Rapid Klubservice-Leiter, Stadionsprecher, Geschäftsführer sowie Bindeglied zwischen Klub und Fans. Im KURIER-Interview spricht er über Respekt, Entschuldigungen und unerfüllte Wünsche.

KURIER: Sie stehen für die Fan-Politik bei Rapid. Haben Sie nach dem Platzsturm an Rücktritt gedacht?
Andy Marek: Direkt nach dem Match war eine unglaubliche Leere da. Ich hab' gefürchtet: Alles, was über viele Jahre aufgebaut wurde, wird weg sein. Und dann kam das Gefühl: Es wäre jetzt schwach, wegzulaufen.

War dieser 22. Mai Ihr schlimmster Tag bei Rapid?
Ja, weil ich immer gefürchtet habe, dass einmal etwas passiert und das Fernsehen live drauf ist. Von so etwas sollte die Öffentlichkeit nicht Zeuge sein.

Sie haben sich immer vor die Rapid-Fans gestellt. Waren Sie zu naiv?
Nein. Es hat die ganze Saison über immer gebrodelt. Mir war klar, dass ein Ventil gesucht wird. Aber so eines? Nach Gesprächen mit Fachleuten kann ich sagen: Ein Platzsturm ist grundsätzlich fast nicht zu verhindern.

Sie mussten - auch im KURIER - Kritik einstecken. Was stört Sie an den Medien?
Ich hätte diesen langwierigen medialen Hype nach dem Platzsturm nicht für möglich gehalten. Leider geht es bei der öffentlichen Beurteilung meiner Arbeit immer nur um die aktive Fanszene. Daneben gibt es aber die riesige Fangemeinde, für die ich auch verantwortlich bin. Vor zehn Jahren gab es kein Merchandising, kaum Mitglieder, keine Greenies und nur 1700 Abo-Besitzer. Jetzt haben wir so eine starke Fan-Bindung.

Marek: "Das war ein gefährliches Spiel"

Sie haben mit Ihren andauernden Beteuerungen, wie toll die Fans sind, deren Status selbst überhöht.
Du hörst etwa nach den Aston-Villa-Spielen von Engländern: 'Wir haben so einen Support noch nie erlebt.' Es stimmt: Wir haben das zelebriert und T-Shirts bedruckt mit 'Wir sind Rapid. Und wer seid ihr?' Irgendwann verselbstständigt sich das. Das war ein gefährliches Spiel.

Und dann ...
... passiert der Derby-Abbruch. 'Wir sind Rapid' kann nicht gelten, wenn die Scheiße gerade am Dampfen ist. Und das Kartenhaus bricht zusammen. Du siehst an Kleinigkeiten, was falsch war.

Zum Beispiel?
Wir hatten ein Shirt mit der Aufschrift 'No Respect'. Das hab' ich nach dann sofort aus dem Fanshop verräumt. Du kannst nicht Respekt predigen und im Marketing das Gegenteil fahren.

Wie soll es weitergehen?
Wir wollen eine Basis finden, damit im Stadion wieder die Post abgeht. Am Montag gibt es eine Aussprache mit der Faninitiative "United we stand". Für das Ried-Spiel bitte ich alle Fans, die für den Boykott kein Verständnis haben, die Mannschaft voll zu unterstützen. Das hat sie sich verdient.

Was fordern die beleidigten Fans von Rapid?
Unser Maßnahmenkatalog ist nicht das große Thema. Der bleibt bestehen! Es geht um entbehrliche Aussagen nach dem Derby. Wir haben in der Emotion einige Dinge falsch angesprochen.

Es ist grotesk, wenn Fans, die "Tod und Hass dem FAK" oder "Mateschitz, Sohn einer Hure" schreien, eine Entschuldigung von Rapid für zu harte Äußerungen fordern.
Ich weiß, dass die schweigende Fan-Mehrheit kaum Verständnis für den Boykott hat. Aber wir haben immer gepredigt, dass der Verein den Mitgliedern gehört und die Rapid-Familie zelebriert. Da gibt es eben Familienmitglieder, die Vorzugsschüler sind. Und dann gibt es andere, die wir aber auch nicht ausstoßen wollen. Das sehe ich auch im Ausland.

Wo denn?
In München verstehen im Stadion 40.000 Fans nicht, warum Manuel Neuer als bester Tormann Deutschlands von der aktiven Fanszene nicht unterstützt wird. Aber auch Herr Hoeneß, den ich großartig finde, geht abseits der Öffentlichkeit auf den harten Kern zu, um eine Basis zu finden.

Was haben Sie persönlich nach dem Platzsturm gelernt?
Ich musste kapieren, dass ich nicht Everybody's Darling sein kann. Es gibt auch Feinde. Leute, für die ich jahrelang da war, ließen mich fallen wie einen heißen Erdapfel. Daraus hab ich unendlich viel gelernt. Und ich bin wieder aufgestanden.

Sie wirken rhetorisch gewandt. Ist Ihnen das wichtig?
Ich will nicht herumeiern, immer ehrlich sein - bis zur Selbstentblößung. Ich habe keine Kurse besucht, nur eine Stimmbildung durch meine Zeit bei den Sängerknaben. Ich habe früher ja auch Musik gemacht.

Wären Sie gerne ein Pop-Star geworden?
Ich hätte gerne das Happel-Stadion als Sänger gefüllt. Aber mir wurde schnell klar, dass ich das nicht schaffen werde. Sonst sind mir alle meine Wünsche erfüllt worden - bis auf einen.

Und zwar?
Ich hätte gern den Sprung ins Fernsehen geschafft, mit einer Samstagsabend-Show im ORF. Jetzt würd' ich schon eine unter der Woche nehmen. Aber das wird sich kaum noch ausgehen. Mir gehen ja schon die Haare aus.

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