Marcel Koller: "Das Raunzen ist weg"
Am 1. November vor drei Jahren trat Marcel Koller als österreichischer Teamchef an. Die Bilanz des Schweizers, der am 11. 11. 54 Jahre alt wird, ist positiv, zehn der 23 Spiele wurden gewonnen, nur sieben verloren. In der WM-Qualifikation ist Österreich aber an Deutschland und Schweden gescheitert. Danach überlegte er, ob er das Angebot, seinen auslaufenden Vertrag zu verlängern, annehmen soll. Genau das hat er vor fast genau einem Jahr gemacht.
KURIER: Sie sind in Österreich angetreten, um als Teamchef Ihre Ideen umzusetzen. Wie weit sind Sie damit gekommen?
Marcel Koller: Das ist nicht zu Ende. Darum bin ich ja auch hier geblieben. Ich bin noch nicht ganz zufrieden, wie wir umsetzen, was wir uns vorgenommen haben. Positiv aufgefallen ist: Wir sind schon viel ruhiger geworden. Ich erinnere nur an das Auswärtsspiel in Kasachstan. Da war die Mannschaft noch hypernervös im Bewusstsein, gewinnen zu müssen. Das war gegen die Schweden nicht so.
Die Sache mit dem Toreschießen bleibt aber eines der größten Probleme im Team.
Es obliegt vor allem den Klubtrainern, die dafür nötige Spannung zu fordern. Wichtig ist, einzuschreiten, wenn das Gefühl herrscht, der Spieler nimmt es zu locker. Im Team bleiben dafür die Möglichkeiten begrenzt.
Aber es ist doch so, wenn Marc Janko nicht trifft, wird’s eng. Kommt nicht auch aus dem Mittelfeld viel zu wenig Torgefahr?
Ja. Mittelfeldspieler müssen Tore schießen. Ich kann das befehlen. Ob’s gemacht wird, ist was anderes.
Sie verfolgen hartnäckig die Idee mit Janko als Solospitze in der Anfangsformation. Genießt er Ihr uneingeschränktes Vertrauen?
Ich bin überzeugt, er hat die Qualität, um uns weiterzubringen. Und wie viele österreichische Stürmer gibt es momentan, die uns weiterbringen? Zeigen Sie mir einen Konkurrenten für Janko, einen der immer ein Tor macht und wir gewinnen die Qualifikation.
Was ist mit Sabitzer, der eine enorme Entwicklung durchgemacht hat?
Eine Möglichkeit, natürlich. Er ist einer, der etwas macht, unentwegt wühlt. Aber er spielt ja nicht ganz vorne, ist ein kleinerer Spieler und da ist es beispielsweise gegen die 1,90-Kerle in Moldawiens Verteidigung sehr schwer.
Eine Systemumstellung, eine die von der klassischen Solospitze abgeht, wär keine Möglichkeit?
Kann sein. Aber andererseits hatten wir gegen Schweden vier große Möglichkeiten. Wenn wir 2:1 gewinnen, kommt die Frage nicht.
Bei der WM sah man moderne Systeme, die ...
Moderne Systeme kann es nicht mehr geben. Das 3-5-2 der Südamerikaner ist ja nichts Neues. Außerdem brauchst du dafür die Spielertypen. Ich glaub, es wäre nicht gut, alles auf den Kopf zu stellen. Die Teamspieler kennen sich und ihre Laufwege genau. Als Klubtrainer würde ich ein zweites System aufbauen. Auch wir haben in der WM-Quali in Schweden auf 4-1-4-1 umgestellt. Aber da geht es nur um Nuancen.
Die Organisation und das Defensivverhalten im Nationalteam haben sich unter Ihrer Führung erkennbar verbessert. Sind Sie damit schon zufrieden?
Da bin ich zufriedener als am Anfang. Ganz wie es sein müsste, ist es noch immer nicht. Speziell bei Offensivspielern ist ab der 70. bis 80. Minute der Defensivgedanke oft draußen. Es geht vor allem darum, dass der jeweilige Spieler die Situation erkennt.
Hat das im internationalen Vergleich auch mit körperlichen Defiziten zu tun?
Doch, auch. Man kann sich schließlich immer steigern. Die Laufleistung war gegen Schweden mit 122 Kilometern nicht schlecht. Mehr als der Gegner. Aber man kann im Klub intensiver individuell arbeiten. Darauf habe ich wenig Einfluss, und das ist auch nicht unsere Aufgabe.
Viele sagen, Marko Arnautovic könnte mehr tun für seine Fitness. Für Sie nachvollziehbar?
Ich hab’ ihn mit Stoke gegen Newcastle gesehen. Das war okay. Er hat Zweikämpfe gewonnen, nach vorne etwas versucht. Aber Marko kann im Team mehr machen, ich brauch von ihm mehr Aktion.
Also sollte er wertvoller sein, wenn es nach seinen Fähigkeiten geht?
Wenn ich mich an meine Anfangszeit in Österreich erinnere, ist es um das Thema Arnautovic ja richtig ruhig geworden. Dabei hat ja noch nie jemand herausgefunden, welche Fähigkeiten er wirklich hat. Aber er beweist schon Schnelligkeit, Power. Und es stimmt nicht, dass er zu wenig läuft. Er liegt im Schnitt der anderen. Nur wenn man eben meint, man kriegt den Ball nicht, muss ich mich so bewegen, dass ich ihn kriege. Das heißt, den Mitspielern Optionen geben.
Stören Sie die Fragen der Journalisten nach den richtigen personellen Entscheidungen, nach den Veränderungen des Systems?
Stören? Na ja, manchmal denk ich mir, ich habe zum Beispiel 22 Spiele mit Moldawien und Montenegro angeschaut, und hat der das auch gemacht? Journalisten fragen mich über den Gegner, haben dann ihre Vorstellungen und kommen dann zu dem Schluss, die müssen wir sowieso schlagen. Das eine ist halt ein bisschen oberflächlich, während ich schon längst im Thema drinnen bin. Also wenn einmal solche Fragen kommen, dann ......
... ist es manchmal schwierig, ruhig zu bleiben?
Ja.
Ist nach fast drei Jahren als Teamchef der Druck größer geworden?
Nein. Ich denk da nicht dran. Ich kann nur meinen Job machen. Alles andere kann ich nicht beeinflussen, auch wenn Dinge aufgebauscht werden. Und in Dinge, die ich nicht beeinflussen kann, stecke ich keine Energie.
Wie begegnen Ihnen jetzt die Menschen auf der Straße?
Die Fans waren enttäuscht, weil wir gegen Schweden nicht gewonnen haben. Die Erwartungshaltung ist hoch. Aber ich kann keine Siege garantieren, nur ein Team, das mit Leidenschaft und Willen auftritt. Das Raunzen, das mir am Anfang aufgefallen ist, ist aber weg.
Zuletzt haben Sie sich auch in Werbespots der Öffentlichkeit präsentiert. Zufrieden mit Ihrem schauspielerischen Debüt?
Das war Werbung für Sponsoren des ÖFB. Eine Abwechslung und interessant, wie da gearbeitet wird. Bei mir könnt’ das Wienerische noch besser werden, der Schmäh war aber schon da.
Gibt es in Ihrer Wahlheimat noch immer Dinge, die einen Schweizer verwundern, oder irritieren?
Natürlich gibt’s in der österreichischen Seele Dinge, bei denen ein Schweizer an seine Grenzen stößt. Die Einstellung allgemein, und die Sichtweise dieser Einstellung. Das hat aber auch Vorteile. Dass man in Österreich oft vieles negativ sieht, ist schwierig. Ich lass mich davon aber nicht beeinflussen.
Negativ sind aber auf jeden Fall viele Entwicklungen auf dieser Welt. Beeinflusst das Ihre Stimmung?
Nicht unmittelbar. Aber ich kann meine Aufgabe wieder besser einschätzen. Wir machen Unterhaltung, versuchen abzulenken und wenn dir das bewusst wird, relativiert sich vieles.
Das österreichische Fußball-Nationalteam gastiert am Donnerstag in Moldawien (20.45 Uhr in Chisinau). Schon am Sonntag steht das nächste Heimspiel auf dem Programm. Mit dem KURIER und tipp3 können Sie zwei Karten für das Spiel gegen Montenegro im Ernst-Happel-Stadion (Anpfiff um 18 Uhr) gewinnen.
Von Sonntag (8 Uhr) bis Mittwoch (12 Uhr) können Sie mitspielen, der Sieger erhält zwei Eintrittskarten für das EM-Quali-Spiel zwischen Österreich und Montenegro am Sonntag, 12. Oktober 2014, die vor dem Spiel am Stadion abgeholt werden können.
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