Maracana: Ein Monument des Fußballs zerfällt

Vor einem halben Jahr noch war das Maracana ein Fußball-Tempel.
Nur fünf Monate nach den Olympischen Spielen will niemand mehr das Maracanã-Stadion betreiben.

Das Maracanã ist das Herz des brasilianischen Fußballs, und es war der Stolz der Olympischen Spiele 2016. Nach der traumatisierenden WM-Finalniederlage im Jahr 1950 gegen Uruguay trauerten hier 200.000 Zuschauer, so viele wie nie zuvor oder danach bei einem Fußballspiel. Nach dem Sieg im Olympia-Finale über Deutschland im August 2016 feierten 78.050 in dem gewaltigen, runderneuerten Oval den ersten Olympiasieg im Fußball.

Nur fünf Monate danach verfällt das einst größte Fußballstadion der Welt.

Traurige Entwicklung

Vor wenigen Tagen betrat die Journalistin Carolina Castro von der brasilianischen Zeitung O Globo das eigentlich verriegelte Stadion. Mit ihrem Mobiltelefon dokumentierte sie den rasanten Niedergang der historischen Sportstätte. Der Rasen verdient diese Bezeichnung nicht mehr, er ist unbespielbar; Scheiben sind zerbrochen, Lampen kaputt; Tribünensitze wurden abgebaut und an einem Ort angehäuft, wo noch Teile der Olympia-Dekoration lagern.

"Das hier befindet sich unter einer der Rampen des Maracanã", berichtete Castro beim Sender SporTV. "Es gibt dort viele Kater, sehr viele Katzen. Müll liegt überall herum, Wasser ist eingedrungen, es schimmelt. Da war ein furchtbarer Geruch nach Schimmel."

Plünderer waren durch das Stadion gestreift. Sie nahmen Feuerlöscher mit, Schläuche, TV-Geräte und sogar die Bronzebüste von Mário Filho, dem Journalisten, nach dem das Stadion offiziell benannt ist (Estádio Jornalista Mário Filho). Aufgebrochen wurden die Verkleidungen der Zwischendecken, herausgerissen die wertvollen Kupferkabel.

Lokale Fußball-Funktionäre fordern nun die Polizei zum raschen Handeln auf, um die "Zerstörung des Maracanã" zu stoppen.

Wer will mich?

Seit Ende der Paralympics im September fühlt sich niemand mehr für die Instandhaltung der gigantischen Arena zuständig. Betrieben wurde das Stadion zuvor von einer Firmengruppe rund um Brasiliens größtes Bauunternehmen Odebrecht, schreibt deutschlandfunk.de. Doch dieser Konzern steckt tief in einer Korruptionsaffäre und versucht seit Langem, das Stadion loszuwerden. Während Olympia übernahm das Olympia-Organisationskomitee das Maracanã. Als es im November wieder an Odebrecht zurückgegeben werden sollte, eskalierte der Konflikt. Odebrecht und Konsorten wollten das Stadion "in diesem Zustand" nicht mehr haben. Auf der anderen Seite konterte Olympia-Sprecher Mario Andrada, dass das Stadion ordnungsgemäß übergeben wurde.

Fußballklub Flamengo sieht das Maracanã als Heimstadion und würde es gerne übernehmen. Doch die (politischen) Fronten sind verhärtet. 2017 wird der mitgliederstärkste Verein des Landes wohl im Luso-Brasileiro spielen. Auf einem kleinen, unscheinbaren Platz in der Nähe des Flughafens – mit nur knapp 18.000 Plätzen.

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