Und im Aufgebot stehen aber nicht nur die längsten Namen, sondern auch die bekanntesten. Und die vereint gleich ein Spieler. Jean
Romario Baggio hat die Familie Rakotoarisoa ihren Sohn getauft. Und zwar im Jahr 1996, zwei Jahre nachdem Romario und Roberto Baggio im Finale der WM 1994 gespielt haben. Der Brasilianer und der Italiener zählten damals zu den besten und bekanntesten Spielern der Welt. Was lag also näher, als den Filius Romario Baggio zu nennen?
Und der entwickelte sich auch zu einem – nach madagassischen Verhältnissen – guten
Fußballer. Er spielt daheim in der Hauptstadt bei Fosa Juniors, wurde vor zwei Jahren Cupsieger und durfte damals auch erstmals im Nationalteam spielen.
Beim
Afrika-Cup aber ist Romario Baggio nur Bankerldrücker, die Nr. 3 von Madagaskar hat noch keine Minute gespielt. Und Jean musste sich im Elferschießen im Achtelfinale gegen DR Kongo nicht entscheiden, ob er den Romario macht (hat im Finale 1994 im Elferschießen getroffen) oder doch den Baggio (hat damals den entscheidenden Elfer verschossen).
Die Hauptrollen beim sensationellen Auftritt beim
Afrika-Cup in Ägypten spielen andere. Madagaskar hat sich erstmals für die Endrunde im afrikanischen Kontinentalturnier qualifiziert. Nach einem Remis gegen Guinea und Siegen gegen Burundi und Nigeria wurde Madagaskar Gruppensieger und warf im Achtelfinale
DR Kongo aus dem Bewerb. Im Viertelfinale wartet am Donnerstag mit Tunesien einer der Turnierfavoriten.
Madagaskar war bisher ein Fußballzwerg, obwohl das Land gar nicht so klein ist. Die viertgrößte Insel (der zweitgrößte Inselstaat nach Indonesien) ist siebenmal so groß wie Österreich und hat 25,6 Millionen Einwohner.
Mit dem Erfolgslauf in Ägypten haben die Madagassen daheim eine Euphorie ausgelöst. Immerhin 400 Fans waren beim letzten Spiel im Stadion von Alexandria. Aber viele Tausende feierten den Einzug ins Achtelfinale, bei der Liveübertragung gab es erstmals Public Viewing, danach zogen die Fans in Autokorsos durch die Städte.
Es gibt etliche Fotos von Fans mit Geweihen von Rindern in der Hand, auch die Spieler zeigten beim Jubel auf dem Feld angedeutete Hörner. Das sollte nicht die Gegner verschmähen, sondern nimmt Bezug auf den Spitznamen des Fußballteams von Madagaskar, die Barea. Das ist eine Dialekt-Bezeichnung für die auf der Insel gezüchteten Buckelrinder.
Fußball ist nicht das Erste, was einem zu Madagaskar einfällt. Das sind schon eher schöne Strände, Lemuren, Affenbrotbäume, ein schöner Zeichentrickfilm und dass sogar schon James Bond dort war.
In der FIFA-Weltrangliste stand Madagaskar vor dem Turnier auf Platz 108, irgendwo zwischen Färöer und Bahrain. Geld war auch keines da. Präsident Andry Rajoelina zeigte sich großzügig, genehmigte für das Abenteuer
Afrika-Cup 700 Millionen Ariary – was nach viel klingt, aber nicht mehr als umgerechnet 170.000 Euro sind. Die Trainingsbälle für die Vorbereitung spendete der Botschafter von Südkorea. Kapitän Faneva verkaufte 600 Teamtrikots und schaffte mit dem Erlös Trainingsutensilien an.
Madagaskar war bis 1960 französische Kolonie, weshalb der Fußball auch französisch geprägt ist. Der teuerste Spieler der Madagassen, der 23-jährige in Mulhouse geborene Marco Ilaimaharitra, spielt in Charleroi in Belgien und hat einen Marktwert von drei Millionen Euro. Teamchef ist seit 2017 Francois Dupuis, der gleichzeitig in seiner Heimat Frankreich den Viertligisten Fleury trainiert.
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