LASK-Trainer Ismaël: "Habe jedes Training als WM-Finale gesehen"
In Brügge will der LASK den 0:1-Rückstand aufholen, den großen Coup schaffen und in die Gruppenphase der Champions League einziehen. Als ehemaliger Bayern-Verteidiger kennt Valérien Ismaël die Eliteliga, als Trainer ist der 43-jährige Franzose in Linz zum ersten Mal erfolgreich.
Im KURIER-Interview erklärt der Mann aus Straßburg, warum er an den Aufstieg glaubt und auch seine Arbeitsweise beim LASK.
KURIER: Auf den LASK wartet eine ganz besondere Partie. Was wollen Sie Ihren Spielern vor dem Anpfiff noch mitgeben?
Valérien Ismaël: Das ist das Spiel des Lebens! Es ist ein Finale, aber mit angenehmem Rahmen: Ich habe schon oft erlebt, dass ein wichtiges Spiel gewonnen werden muss. Jetzt wäre es eine Belohnung. Wir gehen all-in, vertrauen auf unsere Prinzipien und wollen das Spiel mit viel Freude angehen.
Sie klingen optimistisch.
Wenn wir alles abrufen und es reicht nicht, werden wir Brügge fair gratulieren. Aber ich bin nach dem Heimspiel wirklich guter Dinge, obwohl wir 0:1 verloren haben.
Sie haben in Ihrer Spielerkarriere mit den Bayern oder Bremen sicher auch auswärts Aufholjagden geschafft. Erzählen Sie solche Anekdoten Ihren zum Großteil viel unerfahreneren Spielern?
Ja, weil ich spüre, dass es die Spieler interessiert, wenn es spannende Parallelen gibt. Ich habe das selbst erlebt nach einem 0:1. Es kann alles passieren! Ein schnelles Tor, eine Rote Karte, eine späte Wende. Genau deswegen glaube ich an den Aufstieg.
Haben Sie mit der LASK-Spitze besprochen, was mit den vielen Millionen passieren würde? Immerhin reden wir in etwa von einer Verdopplung des Budgets durch die Champions League.
Nein, nicht im Detail. Es ist klar, dass das Geld reinvestiert werden würde, um den Verein auf diesem Niveau stabilisieren und weiterentwickeln zu können. Infrastruktur, Spieler, Nachwuchs – da geht es um alle Bereiche.
Sie haben erstmals einen Verein nicht in der Krise übernommen, sondern, als es gut gelaufen ist. Wie verändert das Ihre Arbeit?
Der LASK war auch deswegen für mich so interessant, weil ich nicht von null aufbauen musste. Gerade dieses intensive Pressing braucht Zeit, die Spieler müssen daran glauben – das war hier alles vorhanden. Es war eher so, dass ich mich an die bestehenden Abläufe anpassen musste, als dass ich die Spieler von etwas überzeugen müsste. Den Ballbesitz, den ich stärker haben will, können wir in Ruhe implizieren.
Was hat Sie bislang überrascht in Linz?
Ich hatte vor meiner Unterschrift auch ein anderes Angebot, aber mich hat überrascht, wie inhaltlich mit mir diskutiert wurde. Der LASK hat ganz genau analysiert, wofür ich stehe, wollte mich deswegen – und dann haben wir besprochen, in welchen Bereichen der Verein den nächsten Schritt machen kann. Das war positiv, und das hat mich gepackt.
Überraschend war, dass Sie Marvin Potzmann vor dem Rapid-Spiel in nur ganz kurzer Zeit erklären konnten, wie er zu spielen hätte und das gut funktioniert hat. Der LASK-Spielstil ist doch speziell.
Ich habe es ihm erst einmal allgemein erklärt, dann haben wir trainiert und danach habe ich ihn ins Trainerbüro geholt. Am Computer mit Spielszenen, danach mit einer Powerpoint-Präsentation unserer Prinzipien und am Schluss an der Taktiktafel sind wir das gemeinsam durchgegangen. Am nächsten Tag war das Abschlusstraining, und wir haben gespürt, dass es geht. Die individuelle Arbeit mit ihm und seine Spielintelligenz haben es möglich gemacht, dass er ein Faktor zum Sieg wurde.
Wie intelligent müssen LASK-Spieler sein? Es wirkt, dass der Zeitraum zwischen einer Situation und der Spielerreaktion kürzer ist als bei fast allen anderen Klubs.
So ist es. Es geht um den Entscheidungsprozess. Wir arbeiten lösungsorientiert. Spieler haben normal Angst, dass sie durch eine Entscheidung Fehler machen. Wir wollen ihnen diese Angst nehmen, es soll umgekehrt sein: Triff rasch eine Entscheidung, und die Mitspieler werden dich absichern!
Es fällt auf, dass viele Talente Spielzeit bekommen haben. Würden Sie sich als Nachwuchsförderer bezeichnen?
Ja, das war vor meiner Verpflichtung ein ganz klarer Punkt: Ich habe bei Hannover und Wolfsburg im Zweierteam Spieler für die Bundesliga ausgebildet. Das langfristige Ziel ist, dass wir mögliche Abgänge mit Jungen aus den eigenen Reihen abfangen können. Natürlich dürfen sie Fehler machen, aber Lauf- und Kampfstärke sowie die Aufopferung für die Mannschaft müssen schon bei den ersten Einsätzen zu sehen sein. Marko Raguz ist jetzt als Matchwinner gegen Rapid die erste Frucht dieser Arbeit.
Sie haben als Spieler den Eindruck vermittelt, dass Sie alles aus sich rausholen. Ihr Co-Trainer Andreas Wieland hat es nicht zum Profi geschafft, obwohl er in St. Pölten das Top-Talent war. Kann das im Trainerteam helfen, wenn jemand, der immer am Anschlag war und einer, der schlampig wirkte, gemeinsam zuschauen?
Ich hatte nie so viel Talent wie andere im Nachwuchs. Ich habe das mit Leidenschaft und Disziplin kompensiert. So will ich das auch bei meinen Mannschaften: Ich habe jedes Training als WM-Finale gesehen. Jetzt diskutieren wir im Trainerteam jede Einheit, da ist Andi sehr wertvoll: Er hat einen präzisen, kritischen Blick und beschäftigt sich damit, ob wir das angestrebte Lernziel auch erreichen.
Und wann werden Sie so richtig sauer?
Wenn es um Ungerechtigkeiten geht. Ich bin im Sternzeichen Waage, da kommt dann meine explosive Seite zum Vorschein. Ich fand etwa den nicht gegebenen Elfmeter gegen Rapid massiv ungerecht. Das Tor gegen Brügge hat mich im Vergleich dazu kalt gelassen. Da war ich eher wütend, weil wir unsere Chancen nicht genutzt haben.
Jede Amtszeit geht einmal zu Ende. Was soll dann beim LASK über Sie gesagt werden?
Dass es für alle eine erfolgreiche Zeit war! Unser aktueller Erfolg ist eine Motivation für die kommenden Aufgaben. Es geht auch darum, meine eigene Geschichte zu schreiben. Wie auf einem weißen Blatt kommen derzeit viele positive Schlagzeilen dazu. Das soll sich fortsetzen.
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