Kollers Erbe: Ein Leitfaden zur Teamchef-Suche

Der Mann in der schwarzen Jacke: Wer coacht in Zukunft das Nationalteam?
Die Zeit von Marcel Koller beim ÖFB geht zu Ende. Was sein Nachfolger können sollte.

Seit Freitagabend ist offiziell, was spätestens seit dem mageren 1:1 im jüngsten WM-Qualifikationsspiel am 5. September im Wiener Prater gegen Georgien sonnenklar war: Österreich erhält einen neuen Teamchef. Das Präsidium des ÖFB beauftragte Sportdirektor Willi Ruttensteiner mit der Erstellung eines Anforderungsprofils. Auch der KURIER hat sich Gedanken gemacht. Was muss der neue Mann können? Und was nicht?

Sprachkenntnis
Seit der unglücklichen Bestellung Karel Brückners im Jahr 2008 legt man im Hause ÖFB Wert darauf, dass der Teamchef Deutsch spricht. Brückners Manko war aber nicht unbedingt sein schlechtes Deutsch. Das Problem war vielmehr: Er sprach auch kaum Englisch. Dieses – wenn fließend – muss aber reichen. Oder glaubt irgendjemand, der Schwede Lars Lagerbäck hat die Isländer 2016 in geschliffenem Isländisch bis ins EM-Viertelfinale gecoacht? Mit Beispielen dieser Art ließen sich ganze Seiten füllen. Mit Deutsch als Grundvoraussetzung würde man den Kreis der Kandidaten gewaltig einschränken und sich selbst die Chance auf einen international erfahrenen Top-Trainer nehmen. Die Spieler verstehen Englisch. Und in einem modernen Unternehmen wie dem ÖFB werden sich bestimmt auch diverse Sitzungen in Englisch abhalten lassen.

Erfolgsnachweis
Es geht um den obersten Trainer-Job im Lande. Dementsprechend hoch sollte die Latte liegen. Marcel Koller hatte bei seinem Amtsantritt drei Meistertitel vorzuweisen. Die müssen es nicht unbedingt sein. Aber: Der Nachweis, einer Mannschaft ein klares Gesicht verpassen zu können und damit erfolgreich zu sein, muss verlangt werden. Und das bei nicht einer, sondern mehreren Trainerstationen. Im Idealfall im In- und Ausland. Der Teamchef muss die Arbeitsweise als Cheftrainer kennen. Eingespielte Abläufe mit einem bewährten Assistenten wären von Vorteil.

Fußball-Philosophie
Idealerweise sollte der "österreichische Weg" auch dem Teamchef am Herzen liegen. Seit über einem Jahrzehnt werden hierzulande Spieler mit dem Schwerpunkt auf technische Fähigkeiten und Spielfreude ausgebildet. Diese Spieler müssen an internationales Niveau herangeführt werden. Es wäre also wenig sinnvoll, wenn sich der neue Trainer nur über eine reaktive Spielweise definiert. Was nicht heißt, dass sich die Spieler in gewissen Fällen nicht auch in ein defensives Korsett schnüren lassen und im Bedarfsfall über schnelle Konter der Erfolg eingefahren werden kann. Eine gewisse Anpassungsfähigkeit muss man verlangen können – von beiden Seiten.

Taktisches Verständnis
Ein funktionierender Plan ist gut, aber zu wenig. In Zeiten wie diesen, wo Gegner bis ins kleinste Detail analysiert werden, muss man flexibel sein. Da gehört es dazu, dass man schon nach wenigen Spielminuten taktische Überraschungen des Gegners erkennt und augenblicklich darauf reagieren kann. Im Idealfall wird die Mannschaft in den Trainingseinheiten auf mögliche Umstellungen vorbereitet. Dabei sollen der Fantasie keine Grenzen gesetzt sein. Hoffenheim-Coach Julian Nagelsmann arbeitet etwa mit einer Video-Wall auf dem Trainingsplatz. Kopieren ist selten gut, aber Innovationen wie diese sind wünschenswert.

Sozialkompetenz
Der neue Mann sollte im Laufe seiner Trainer-Karriere schon bewiesen haben, dass er Menschen und vor allem eigenwillige "Stars" führen kann. Der Teamchef wird den einen oder anderen verdienstvollen Teamspieler verabschieden und mit jungen Hoffnungsträgern ein neues Gefüge schaffen müssen. Er wird auch nicht daran vorbeikommen, David Alaba den Einsatz auf seiner besten Position schmackhaft zu machen. Dazu könnte auch ein gewisses Maß an Konsequenz notwendig sein.

Kommunikationsfähigkeit
Der regelmäßige Austausch mit den Klubtrainern oder den Nachwuchs-Teamchefs ist in Hinblick auf die Entwicklung Österreichs bester und talentiertester Spieler unumgänglich. Ein moderner Fußballtrainer braucht Management-Fähigkeiten verschiedener Art. Die Führung von Mitarbeitern darf kein Problem darstellen. Auch der Doppelpass mit den modernen Medien, die immer vielseitiger werden, sollte ankommen.

Gesellschaftsfähigkeit
Der Teamchef steht in der Öffentlichkeit und befindet sich damit auch unter ständiger Beobachtung dieser. Dinge wie Redegewandtheit, ein stilvolles Auftreten und ein Hauch von Charme schießen zwar keine Tore, vermitteln aber Glaubwürdigkeit und können in sportlich durchwachsenen Phasen durchaus hilfreich sein.

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