Sponsoren machen Druck auf die FIFA

FIFA-Präsident Joseph Blatter hat viel aufzuarbeiten.
Partner der FIFA fordern rasche Aufklärung der Korruptionsvorwürfe in Zusammenhang mit der Katar-WM.

Nach neuen Korruptionsvorwürfen der Sunday Times in Zusammenhang mit der Vergabe der Fußball-WM 2022 an Katar haben die ersten Großsponsoren des Weltverbandes FIFA eine rasche Aufklärung des Skandals gefordert. "Als FIFA-Partner erwarten wir, dass diese Vorwürfe angemessen untersucht werden", erklärte der japanische Elektronikkonzern Sony am Sonntag.

Es werde von der FIFA erwartet, dass sie sich in allen Bereichen an ihre Prinzipien von Integrität, ethischem Verhalten und Fairness halte, hieß es weiter. "Wir sind zuversichtlich, dass diese Untersuchung mit hoher Priorität behandelt wird", teilte unterdessen der Sportartikelhersteller Adidas mit. Das Unternehmen mahnte: "Der negative Tenor der öffentlichen Debatte derzeit über die FIFA ist weder für Fußball, noch für die FIFA, noch für deren Partner gut." Adidas hat seinen Vertrag mit der FIFA erst vor kurzem bis 2030 verlängert.

Die FIFA sieht keine Unstimmigkeiten mit ihren Sponsoren. "Wir sind in ständigem Kontakt mit unseren Wirtschaftspartnern, inklusive Adidas, Sony und Visa, und sie haben 100 Prozent Vertrauen in die Untersuchungen, die derzeit von der unabhängigen FIFA-Ethikkommission vorgenommen werden", sagte FIFA-Marketing Direktor Thierry Weil. "Unsere Sponsoren haben keine Anfragen gestellt, die nicht durch die laufenden Untersuchungen der Ethikkommission gedeckt sind", fügte Weil am Sonntag an.

Korruptionszahlungen

Der britischen Zeitung Sunday Times liegen nach eigenen Angaben Unterlagen vor, die Korruptionszahlungen rund um die Vergabe der Fußball-WM an Katar beweisen sollen. Das Emirat hat sämtliche Vorwürfe bisher stets bestritten.

Der frühere katarische Spitzenfunktionär Mohamed bin Hammam soll demnach weitere 1,7 Millionen Dollar für Stimmen aus Asien bezahlt haben.

Außerdem habe er Gespräche auf Regierungsebene mit Thailand für einen Gas-Deal eingefädelt, um sich die Stimme von Exekutivmitglied Worawi Makudi zu sichern. Auch von einem Treffen mit russischen Vertretern einen Monat vor der umstrittenen Abstimmung im Dezember 2010, bei dem es um "bilaterale Beziehungen" zwischen den beiden Ländern im Sport ging, ist die Rede. Beide Länder erhielten den Zuschlag für 2018 und 2022.

Erst in der vergangenen Woche hatte die Sunday Times berichtet, dass Bin Hammam fünf Millionen Dollar an Offizielle für die Unterstützung von Katars WM-Bewerbung gezahlt habe. Außerdem soll er dem ehemaligen Exekutivmitglied Reynald Temarii aus Tahiti 305.000 Euro für Anwaltskosten gezahlt haben.

Der Plan von Joseph Blatter war genau ausgeklügelt. Eine bessere Bühne als den FIFA-Kongress (Dienstag und Mittwoch) konnte sich der Präsident des Weltverbandes nicht wünschen für die Akklamation zum Kandidaten einer fünften Amtszeit. Doch nun droht die erhoffte Krönungsmesse in Sao Paulo unterzugehen in einem reinen Konfliktkongress. Und das nicht wegen der Sorgen um Massenproteste beim Turnier am Zuckerhut.

Aus Europa formiert sich massiver Widerstand gegen eine Fortsetzung der Ära Blatter auf dem Thron des Fußball-Weltverbandes (FIFA). Die immer neuen Vorwürfe um die skandalöse Vergabe der WM 2022 an Katar drängen alle Jubelszenarien in den Hintergrund. Die wenigen Sachfragen auf der Tagesordnung der Funktionärsversammlung, wie die Vollendung der großen FIFA-Demokratiereform, verkommen ohnehin zur Randnotiz.

Kongress

„Meine Mission ist noch nicht zu Ende“, lautete Blatters Credo. Er wird als Groß-Meister der Inszenierung agieren müssen, wenn er am Dienstag und Mittwoch im Transamérica Expo Center die erhofften positiven Bilder um die Welt schicken will. Nicht auszuschließen ist eine mehr oder weniger stille Revolte der UEFA-Delegierten, angeführt von DFB-Chef Wolfgang Niersbach als treuem Gefährten von Blatters Gegenspieler Michel Platini. Die Taktik der Europäer ist simpel, sie wollen den Schweizer an sein eigenes Wort erinnern.

„Für uns beim DFB gilt wie für alle Europäer nach wie vor, was Joseph Blatter beim UEFA-Kongress 2011 in Paris offiziell gesagt hat. Damals hat er erklärt, dass die laufende Amtszeit definitiv seine letzte sein wird. Dass er jetzt scheinbar andere Überlegungen hat, haben wir bisher nur den Medien entnehmen können“, sagte Niersbach in einem Interview der Nachrichtenagentur dpa.

Applausboykott?

Von angeblich konzertierten Aktionen der Europäer gegen Blatter - wie einem symbolischen Applausboykott - weiß Niersbach nichts, doch der 63-Jährige kann ein solches Vorgehen auch nicht ausschließen. „Ich kenne bisher keine derartigen Absprachen der Europäer und wüsste davon, wenn es sie gäbe. Wir warten jetzt erst einmal ab, was die Sitzungen der Kontinentalverbände ergeben, die vor dem Kongress stattfinden und bei denen Joseph Blatter auch persönlich anwesend sein wird“, sagte der Boss des Deutschen Fußball-Bundes (DFB).

Im FIFA-Hotel Grand Hyatt am Rio Pinheiros laufen die Debatten in den Funktionärszirkeln auf Hochtouren. Gesprächsstoff lieferte die Sunday Times mit pikanten Neuigkeiten zur Katar-WM 2022. Im Geflecht aus Vorwürfen, Verdachtsmomenten und Behauptungen taucht plötzlich auch der Name Franz Beckenbauer auf. Der Fußball-Kaiser weist jede noch so kleine Verquickung von Amt und Geschäft weit von sich. Denn Betrug und Bestechung sind nicht seine Welt, versichert Beckenbauer. „Beim Thema Korruption bin ich der falsche Ansprechpartner. Mich hat diesbezüglich noch nie jemand versucht zu beeinflussen. Zudem war ich weder jemals für die Kataris noch für Mohamed bin Hammam tätig“, sagte Beckenbauer.

Die neuen Enthüllungen der Sunday Times dienen als Dokument des permanenten Geschmäckles. Im Zentrum der Anschuldigungen der Zeitung steht wieder einmal Ex-Topfunktionär Mohamed bin Hammam als vermeintlicher Strippenzieher für sein Heimatland. Sogar um die Gunst von Beckenbauer und UEFA-Chef Michel Platini soll er gebuhlt haben. Diese Feststellung nimmt sich gegen andere Enthüllungen wie gegen das thailändische FIFA-Exekutivmitglied Murawi Makudi vergleichsweise gering aus.

Wenige Monate nach dem WM-Zuschlag soll Beckenbauer im Juni 2011 auf Einladung von bin Hammam zusammen mit Vorständen der unter anderem im Reedereigeschäft tätigen E.R. Capital Holding in Katar gewesen sein. Ein Sprecher des Beckenbauer-Managements bestätigte der dpa, Beckenbauer habe vom 1. April 2011 bis Ende März 2014 als Berater und Botschafter für die E.R. Capital Holding gearbeitet. Ein Sprecher des Unternehmens erklärte der Sunday Times, das Treffen habe sich um eine mögliche Zusammenarbeit mit katarischen Investoren im Schifffahrtssektor gedreht. Ein Vertrag sei nicht zustande gekommen.

Wie die Sunday Times weiter berichtet, habe Bin Hammam auch einen persönlichen Termin des katarischen WM-Bewerbungskomitees bei UEFA-Präsident Platini im Oktober 2010 in Nyon arrangiert. Diese Behauptung wies der Boss der Europäischen Fußball-Union zurück. Bin Hammam sei nicht persönlich bei ihm gewesen und habe auch nicht um ihn geworben, versicherte Platini.

Beckenbauers Nachfolger im FIFA-Exekutivkomitee, Theo Zwanziger, ist weiterhin zuständig für die moralischen Aufräumarbeiten im so lange skandalträchtigen Weltverband. Die im Vorjahr beim Kongress auf Mauritius heiß diskutierte und letztlich im Streit zwischen der Blatter-Fraktion und den Europäern vertagte Entscheidung über eine mögliche Alters- und Amtszeitbeschränkung für FIFA-Funktionäre könnte diesmal im Schatten der aktuellen Ereignisse still und leise durchgewunken werden.

Nach dpa-Informationen läuft viel auf eine Anpassung an die Statuten des Internationalen Olympischen Komitees hinaus, mit einer Maximaldauer von zwölf Jahren im Amt. Eine Altersbeschränkung wird es hingegen nicht geben. Blatter (78) verweist diesbezüglich wie andere Funktionäre auf juristische Regelungen in einigen Ländern hin, die dies als Diskriminierung verbieten.

Kommentare