Katar sieht Entschädigungsfonds als "Werbegag": "Wo sind die Opfer?"

FBL-WC-2022-PREPARATION
Der umstrittene Ausrichter der Fußball-WM ist gegen einen Entschädigungsfonds für auf den Baustellen getötete oder verletzte Arbeiter.

Katar hat Forderungen nach einem Entschädigungsfonds für auf den Baustellen für die Fußball-WM getötete oder verletzte Arbeiter zurückgewiesen. Der Ruf nach einem gemeinsamen Fonds Katars und des Weltverbands (FIFA) sei ein reiner "Werbe-Gag", sagte Arbeitsminister Ali bin Samich Al Marri der Nachrichtenagentur AFP.

Menschenrechtsorganisationen hatten die FIFA und Katar aufgefordert, einen Fonds in Höhe von 440 Millionen Dollar (442,34 Mio. Euro) für die Arbeitnehmer einzurichten, die während eines Einsatzes auf WM-Baustellen getötet oder verletzt worden. Die Summe entspricht den Preisgeldern für die an der Weltmeisterschaft teilnehmenden Mannschaften.

FILES-FBL-QAT-WC-2022-LABOUR-RIGHTS

Dialog mit der FIFA?

Menschenrechtsgruppen werfen Katar vor, die Gesamtzahl der Todesopfer auf den WM-Baustellen zu niedrig anzugeben bzw. geheimzuhalten. Dagegen bestreitet die Regierung nachdrücklich Berichte, wonach tausende Arbeitsmigranten bei Unfällen auf den WM-Baustellen oder durch hitzebedingte Krankheiten gestorben sind. FIFA-Präsident Gianni Infantino hatte im Jänner lediglich drei Todesfälle im Zusammenhang mit den WM-Vorbereitungen zugegeben.

Die FIFA hatte bisher angegeben, es gebe einen "laufenden Dialog" über Maßnahmen zugunsten der Bauarbeiter. Marri sagte dazu, der Plan lasse sich nicht umsetzen. "Jeder Tod ist eine Tragödie", sagte der Minister, fügte aber zugleich hinzu, es fehlten Kriterien zur Einrichtung des Fonds: "Wo sind die Opfer? Haben Sie die Namen der Opfer? Wie kommen Sie an diese Zahlen?", sagte Marri. Gleichzeitig versicherte der Arbeitsminister, die Tür sei "offen". Katar habe bereits "viele Fälle bearbeitet und gelöst".

"Wir fordern Überblick"

"Der Betrag über 440 Millionen Dollar rechnet sich nicht aus den Geschädigten", sagt Sandra Iyke von Amnesty Austria dem KURIER, "sondern aus den Preisgeldern. Es ist auch eine unserer Forderungen, einen Überblick zu erhalten, wie viele Leute von den unterschiedlichen Menschenrechtsverletzungen betroffen sind", erklärt sie die Forderung der Menschenrechtsorganisationen, der sich Fußballverbände und große Firmen bereits angeschlossen haben.

Dass es keine offiziellen Zahlen oder gar Namen von Opfern gibt, wie die Regierung von Katar jetzt kritisiert, dürfte jedenfalls ein Versäumnis der Veranstalter sein und nicht der Menschenrechtsorganisationen.

FILES-FBL-WC-2022-QATAR-NEPAL-LABOUR-RIGHTS

Aufregung um Werbespot

Währenddessen hat die niederländische Supermarktkette Jumbo hat nach heftiger Kritik von Menschenrechtsorganisationen einen TV-Werbespot für WM-Fanartikel zurückgezogen. Im Spot waren feiernde, auf einem Gerüst die Polonaise tanzende Bauarbeiter zu sehen. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch hatten empört reagiert.

Der Konzern zog am Mittwoch den Film zurück und entschuldigte sich: "Wir verstehen jetzt, dass man in dieser Reklame einen Link sehen kann zu den erbärmlichen Arbeitsbedingungen in Katar, und das ist nie unsere Absicht gewesen." Amnesty International lobte die Entscheidung.

Kommentare