Kampl: "Ich bin hungrig nach Titel"

Kevin Kampl sticht aus der Salzburger Mannschaft heraus - nicht nur wegen seiner Frisur.
Der KURIER bat den besten Spieler der Herbstsaison vor dem Schlager gegen Austria zum ausführlichen Gespräch.

KURIER: In der Liga liegt ihr weit vor der Konkurrenz, in der Europa League habt ihr locker die Gruppenphase überstanden. Was ist mit dieser Salzburger Mannschaft alles möglich?

Kevin Kampl: Ich denke, wir sind im Moment auf einem sehr guten Weg und spielen bisher eine klasse Saison. Bei uns ist das Gute, dass sich keiner richtig zufrieden gibt, mit dem was wir bisher erreicht haben und sich jeder verbessern will. Das Ziel ist die Meisterschaft und den Cup zu holen. In der Europa League muss man schauen, was da jetzt so an Gegnern kommt.

ORF-Experte Herbert Prohaska, immerhin Österreichs Jahrhundert-Fußballer, traut euch den Einzug ins Europa-League-Finale zu. Ist das angesichts der möglichen Gegner realistisch?

Unsere Spielweise können nicht allzu viele Mannschaften in Europa spielen. Mit dieser haben wir uns mit der Gruppenphase einigen Respekt verschafft. Mannschaften wie Juventus sind aber Topteams, die Klassespieler in ihren Reihen haben. Das werden dann ganz andere Spiele als die, die wir bisher erlebt haben. Natürlich trauen wir uns einiges zu und müssen uns vor niemanden verstecken, egal wer kommt.

Was ist das Erfolgsgeheimnis dieser Salzburger Mannschaft?

Die Kompaktheit auf dem Platz und außerhalb des Platzes. Wir haben Spaß am Fußball und einen richtig guten Charakter. Teamgeist ist da, ohne den geht es nicht. Bei uns und auch im Klub passt im Moment einfach sehr vieles. Deswegen können wir unsere Leistung bringen.

Das Esbjerg-Spiel war ihr 31. Pflichtspiel in den vergangenen fünf Monaten. Wie geht es ihrem Körper?

In der letzten Pause mit meiner Zahn-Operation ging es mir nicht so gut. Jetzt fühle ich mich körperlich ganz gut. Wenn es einerseits nur mehr zwei Spiele bis dahin sind, freut man sich natürlich extrem auf die Winterpause, in der man zu seiner Familie, zu seinen Freunden kann. Aber wenn es andererseits so gut läuft wie bei uns, dann freut man sich jeden Morgen aufs Training. Dann möchte man weiterspielen und gar nicht in den Urlaub gehen. Wenn wir jetzt noch gegen die Austria und in Innsbruck sechs Punkte holen, dann war es ein richtig gutes Jahr für uns.

War es gut, dass Sie wegen ihrer Zahn-Operation im November drei Wochen nicht spielen konnten? Sie wirken jetzt wieder frischer ...

Wir haben davor alle drei Tage gespielt. Da war schon klar, dass man mit diesem Rhythmus irgendwann etwas an Substanz verliert. Ich wollte die Länderspielpause eigentlich nutzen, um meinen Fuß gesund zu kriegen, dann hat mich die Zahn-OP zurückgeworfen. Das war extrem, die Zahnschmerzen waren echt unerträglich. Ich war aber froh, dass ich gegen Ried wieder spielen konnte und gleich getroffen habe. Das war sehr wichtig.

Sie galten in Deutschland mit zehn, elf Jahren als Fußball-Wunderkind, waren damals bei Günther Jauch in „SternTV“ zu Gast. Wie schwer ist der Sprung vom Talent zum Profi?

Für mich war es sehr schwer. In Leverkusen habe ich meine ganze Jugend verbracht, bin mit 17 dann zu den Profis gekommen. Auf meinen Positionen waren da Spieler wie Arturo Vidal, Michael Ballack, Lars Bender oder Simon Rolfes. Da war es extrem schwer, sich durchzusetzen. Ich bin dann oft auf der Bank gesessen und habe mich für den Weg über die 3. Liga entschieden, weil ich einfach zeigen wollte, was ich kann. Gott sei Dank ist es so gelaufen, wie ich mir das vorgestellt habe. Jetzt bin ich bei einem Klub gelandet, bei dem ich alle Möglichkeiten habe, um mich weiter zu entwickeln, die Bedingungen top sind. Es macht einfach riesen Spaß in Salzburg Fußball zu spielen.

Was haben Sie in Osnabrück in der 3. Liga gelernt?

Das war ein sehr zerfahrenes Jahr mit einem sehr frühen Trainerwechsel. Ich konnte aber sehr viele Erfahrungen sammeln. Es gab viele Höhen und Tiefen, persönlich hatte ich aber ein gutes Jahr, es waren deshalb wohl auch einige sauer, dass ich nach einer Saison schon wieder gegangen bin. Für mich war aber immer klar: Wenn ich dort ein gutes Jahr mache, dann möchte ich so schnell wie möglich in eine höhere Liga. Dass mich Aalen dann wirklich geholt hat, war natürlich super.

Sie haben aber Aalen trotzdem nach nur zwei Monaten wieder verlassen und sind im August 2012 nach Salzburg gewechselt. Haben Sie da kein schlechtes Gewissen gehabt?

Ich musste damals sehr lange nachdenken über das Salzburger Angebot, nicht weil es schlecht war, sondern weil dieses schlechte Gewissen im Kopf war. Man lässt die Mannschaft im Stich. Was denken die Leute dann über dich? Das war natürlich in meinem Kopf. Weil ja der Transfermarkt am nächsten Tag schloss, musste ich noch am Abend nach Salzburg und hatte keine Chance, mich von den Kollegen persönlich zu verabschieden. Aber am nächsten Tag habe ich von jedem Spieler aus Aalen ein SMS oder einen Anruf bekommen. Alle haben sich extrem gefreut für mich und gemeint, dass ich das Richtige gemacht habe. Ich glaube auch, dass alle anderen genau dasselbe gemacht hätten. Wenn du so eine Chance bekommst, für die du seit deiner Kindheit hart gearbeitet hast, dann musst du sie einfach nützen.

Red Bull Salzburg wird von vielen regelrecht gehasst. Haben Sie das gewusst als Sie nach Österreich gewechselt sind?

Dass es so extrem sein wird, wusste ich nicht. Ich bin der Meinung, dass es aber langsam etwas besser wird, weil die Leute erkennen, dass der Weg, der vom Verein eingeschlagen wurde, der richtige ist. Aber natürlich war es am Anfang schwierig. Eigentlich ist es aber ja eine Werbung für den österreichischen Fußball. Die Leute sollten stolz sein, dass ein Mann wie der Herr Mateschitz sein Geld investiert – nicht nur in den Fußball, sondern auch in andere Sportarten. Ich finde, dass das noch viel mehr Leute so sehen und akzeptieren sollten.

Am Sonntag steht der Hit gegen Austria auf dem Programm. Gegen die Wiener gab es, seit Sie in Salzburg sind, in sechs Duellen vier Siege und zwei Remis. Ist Kevin Kampl ein Austria-Schreck?

(Lacht) Es wird ein schweres Spiel. Es wird sicher nicht mehr so glatt laufen wie beim 5:1 im Sommer, auch weil sie jetzt nach dem Sieg gegen Zenit Selbstvertrauen haben. Aber wenn jeder für den anderen so da ist wie in letzter Zeit, dann bin ich mir sicher, dass die Punkte bei uns bleiben werden.

Warum läuft es gegen die Austria besser als gegen Rapid?

Weil Rapid das in den beiden Spielen gegen uns besser gemacht hat. Sie haben richtig gut dagegen gespielt, haben immer versucht, früh zu stören, sind kompakter aufgetreten und spielen diese Saison auch bisher besser als die Austria.

Alle Experten bezeichnen Sie als den derzeit besten Spieler in der Bundesliga. Ist das eine Ehre oder nicht auch eine Bürde?

Für mich ist das eine Ehre, wenn Leute so etwas sagen. Da freue ich mich natürlich riesig darüber. Aber in erster Linie ist wichtig, was die Mannschaft macht. Man kann selber nur gut spielen, wenn man gute Mitspieler hat und das Team gut spielt. Bei uns entscheiden nicht die Einzelspieler, sondern das Kollektiv. Wenn einer den Ball verliert, dann sind meist ein, zwei Spieler da, die das wieder ausbügeln.

Sie haben Ihren Vertrag in Salzburg überraschend früh bis zum Jahr 2018 verlängert. Warum eigentlich?

Weil ich mich hier so wohl fühle und weil ich das als Ehre sehe, dass der Verein mir einen neuen Vertrag angeboten hat. Mir geht es hier prima. Ich habe eine tolle Mannschaft hinter mir, ein tolles Trainerteam, der Verein ist super, die Trainingsbedingungen sind perfekt. Ich möchte einfach versuchen, mich noch weiter zu verbessern, um irgendwann an meine Grenzen zu stoßen. Ich weiß, dass ich noch ein paar Prozente nach oben habe und sehr lernfähig bin. Die Verlängerung war aber auch ein Dank, weil der Verein mir sehr viel gegeben hat, auch damals diese hohe Ablösesumme an Aalen bezahlt hat.

Ist ein Transfer zum Red-Bull-Klub in Leipzig für Sie ein Thema?

Ich fantasiere nicht so viel über die Zukunft. Für mich ist das, was jetzt hier passiert wichtig. Wenn man bedenkt, dass wir vor einem Jahr ein bisschen eine Krise hatten, sieht man gerade an uns, wie schnell sich alles verändern kann. Deshalb sollte man nicht zu viel in der Zukunft herumspinnen. Ich bin jetzt hier in Salzburg, ich will Titel holen, bin hungrig auf Titel wie unser ganzes Team. Es ist unser Ziel in dieser Saison so viel wie möglich zu gewinnen. Was dann in den nächsten Jahren passiert, das wird man sehen.

Sie wurden in Deutschland geboren, spielen aber für Slowenien. Sind Sie mehr Deutscher oder mehr Slowene?

Meine Familie ist viel mehr slowenisch, obwohl sie schon sehr lange in Deutschland lebt. Ich wurde von vorhinein so erzogen, dass ich beide Sprachen sehr gut lerne. Es hat immer der eine Elternteil mit mir slowenisch, der andere mit mir deutsch gesprochen. Deshalb beherrsche ich beide Sprachen sehr gut. Meine ganze Familie hat die slowenische Staatsangehörigkeit und deshalb war für mich klar, wenn ich einmal für ein Land Fußball spielen sollte, dann ist das Slowenien. Und darauf bin ich auch sehr stolz.

Würden Sie sich als extrovertierten Typen bezeichnen?

Manches Mal bin ich schon ein bisschen verrückt, ein bisschen anders als andere. Aber ich würde nicht sagen, dass ich groß aus der Reihe tanze oder Halligalli mache. Ich habe aber schon meinen eigenen Kopf, den versuche ich auch durchzusetzen. Dann ist es mir auch egal, was andere dazu sagen. Das mit den Frisuren ist vielleicht auch ein bisschen verrückt.

Ein Kollege von mir würde gerne wissen, ob Sie Haargel oder Haarschaum verwenden?

Ich verwende Wachs. Mit Gel würden die Haare nicht so in die Höhe gehen, die würden mir immer herunterfallen. Da brauche ich schon starkes Wachs und auch Spray, dann steht das richtig.

Ärgert das Sie, wenn die Fans anderer Klubs singen: „Kampl, du hast die Haare schön!“?

Nein, ich nehme das immer als Kompliment auf. Da denke ich mir, die denken, du hast die Haare schön. Meistens lache ich dann ja auch zurück, wenn ich vor der Tribüne stehe und die singen das. Da provoziert man sich halt auch so ein bisschen. Das ist ein Spaß. Und das nehme ich auch so.

Ist zum Friseur gehen für sie ein Hobby?

Was heißt ein Hobby? Ich komme dort einfach zur Ruhe. Andere gehen Golfen, ins Kino oder auf Berge, um das Hirn abzuschalten. Ich gehe halt gerne zum Friseur. Ich bin da immer auch etwas länger da, so meine drei Stunden brauche ich da schon. Dann kann ich entspannen, Zeitung lesen. Immer wenn ich vom Friseur komme, fühle ich mich frischer und habe ein gutes Gefühl.

Sind Sie da vielleicht erblich vorbelastet? Haben Sie Friseure in der Familie?

Überhaupt nicht. In meiner Familie haben alle anderen normale Frisuren. Ich hatte als Kind extrem kurze Haare und hinten so einen Schwanz. Als mir den meine Eltern abgeschnitten haben, war ich extrem deprimiert, das war extrem bitter für mich. Und dann hat das angefangen mit den verrückten Frisuren – mit Irokesen, in allen Farben. Das habe ich mir so beibehalten. Und das werde ich so weitermachen.

Es wird also nie einen Kevin Kampl mit einer normalen Frisur geben?

Ich mag es im Moment einfach so, wie es ist. Aber vielleicht muss ich einmal einen Gang zurückschalten, damit ich mit 30 noch Haare auf dem Kopf habe, damit die Farbe nicht alles kaputt macht. Ich frage meinen Friseur auch immer, ob meine Haare noch elastisch genug sind. Aber solange er mir grünes Licht gibt, werde ich sicherlich so weitermachen.

Kevin Kampl wurde am 9. Oktober 1990 als Sohn slowenischer Gastarbeiter in Solingen (D) geboren. Mit sieben Jahren kam er in den Nachwuchs von Leverkusen, bei Bayer schaffte er es bis zu den Profis. 2011 wechselte er zum Drittligisten Osnabrück, nur ein Jahr später zum Zweitligisten Aalen. Dort blieb er aber nur zwei Monate, weil ihn Ende August 2012 Salzburg um kolportierte drei Millionen Euro erwarb. Für Red Bull absolvierte Kampl bisher 54 Spiele (14 Treffer), sein Vertrag läuft bis Sommer 2018. Der 23-Jährige ist auch aktueller slowenischer Teamspieler.

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